1. Soester Anzeiger
  2. Lokales
  3. Werl

Kita-Essen: Fleischfrei steht nicht zur Debatte

Erstellt:

Von: Klaus Bunte

Kommentare

Rein vegetarisch oder vegan ernähren sich die Kinder im Familienzentrum Werl Nord nicht.
Rein vegetarisch oder vegan ernähren sich die Kinder im Familienzentrum Werl Nord nicht. © Familienzentrum

In Freiburger Kitas gibt es nur noch vegetarisches Essen. Ein Modell, das auch für Werler Einrichtungen denkbar ist? Wir haben uns umgehört.


Werl – Gestern gab es einen Nudel-Gemüse-Auflauf, Kartoffel-Möhren-Eintopf steht heute auf dem Speiseplan, am Tag drauf gibt es wieder einen mit Käse überbackenen Auflauf, aber ohne Fleisch. Am Donnerstag dann aber doch Schweineschnitzel. Und am Freitag Seelachsfilet.

Nein, eine rein vegetarische oder gar vegane Ernährung steht im Familienzentrum Werl Nord nicht zur Debatte – wie auch im Rest der Stadt nicht. In anderen Teilen der Republik sieht das anders aus. So entschied der Rat der Stadt Freiburg, dass in allen kommunalen Kitas und Grundschulen kein Fleisch mehr auf den Tisch kommt. Für die Einrichtungen ein Problem, denn man muss komplett umdenken und umschulen, um alles nötige an Nährstoffen in die kleinen Körper zu bekommen, die diese brauchen.

Gut, kommunale Kitas gibt es in Werl nicht, insofern könnte die Stadt hier niemandem etwas vorschreiben, wenn sie wollte. Die Kitas, die letztlich auch miteinander im Wettbewerb stehen, setzen aber auch so schon alles daran, mit einer ausgewogenen Ernährung zu punkten.

Beispiel eben die Kita in der Droste-Hülshoff-Straße. „Wir sind eine anerkannte Bewegungs-Kita mit dem Pluspunkt Ernährung“, betont die Leiterin Ingrid Ostrowski. „Wir sind ein Lernort für gesundes und genussvolles Essen und Trinken. Unser Essenangebot und die Esskultur bestimmen maßgeblich den Gesundheitszustand der Kinder. Wir haben von 7 bis zum frühen Abend geöffnet, sie frühstücken hier, essen hier zu Mittag und haben zwischendurch Zugriff auf gesunde Snacks.“

„Bremer Checkliste“

Dazu orientiert sich die Kita an der sogenannten „Bremer Checkliste“. Sie dient Kindertagesstätten als Orientierung für die Gestaltung des Wochenspeiseplans und des täglichen Mittagessens. Sie beruht auf Empfehlungen des Forschungsinstituts für Kinderernährung in Dortmund und zeichnet sich durch besonderen Praxisbezug aus. Um sich immer wieder aufs Neue rezertifizieren zu lassen, muss die Kita einen großen Katalog an Forderungen zur Erfüllung eines ausgewogenen Speiseplans erfüllen und ihre Umsetzung genau dokumentieren.

Anfangs wurde einmal die Woche selber gekocht, heute ist das an drei Tagen der Woche der Fall, an den anderen beiden kommen die Mahlzeiten vom Soester Mariengarten, dem Restaurant des Marienkrankenhauses. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit auf eine fleischfreie Ernährung, „aber aktuell haben wir keine Eltern, die das für ihre Kinder wünschen“. Ihre Kollegin, die Heilerziehungspflegerin Justine Heppner, ergänzt: „Viele Eltern suchen ja nach der Einrichtung, die zu ihnen passt. Insofern gibt es nur ganz selten Diskussionen über die Ernährung.“ Das Thema wird auch bereits bei den Aufnahmegesprächen erörtert.

Regionale Produkte bevorzugt

Regionale Produkte werden bevorzugt. Brot und Fleisch kommen vom Bäcker- und vom Fleischermeister, der Fisch von Baumüller in Wickede. Im Garten wird das eigene Obst und Gemüse angebaut, in einer kindgerecht eingerichteten Küche können die Kleinen selber aktiv werden.

Was wäre denn nun, käme der Träger auf die Idee, das Freiburger Modell im Werler Norden zu übernehmen? Ostrowski: „Ich bin sicher, in Freiburg wird das Personal entsprechend geschult, denn einfach nur das Fleisch weglassen, das geht nicht. Möglich wäre eine ausgewogene fleischlose Ernährung aber schon. Dazu müssten wir uns alle entsprechend schulen lassen und dadurch eine entsprechende Haltung entwickeln.“

Das sagen die anderen Einrichtungen

Kompletter Verzicht auf fleischhaltige Nahrung steht in keiner Werler Einrichtung zur Debatte.

Der wesentliche Gegensatz zwischen Freiburg und Werl besteht letztlich darin, dass der Stadtrat der baden-württembergischen Großstadt diese Entscheidung für seine kommunalen Einrichtungen fällte – und die Wallfahrtsstadt Werl hätte dazu gar nicht die Möglichkeit, da sie keine eigenen Einrichtungen führt. Sie alle befinden sich entweder in der Trägerschaft der Kirchen, Stiftungen, Wohlfahrtsverbänden oder Elterninitiativen.

Allein sechs von ihnen (St. Antonius in Sönnern, St. Cäcilia in Westönnen, St. Norbert, St. Peter, St. Vinzenz in Büderich und St. Walburga) fallen in die Zuständigkeit der Katholischen Kindertageseinrichtungen Hellweg GmbH mit Sitz in Meschede. Regionalleiterin Kathrin Bußmann: „Unsere Kitas besprechen dies selbst mit den Eltern. Wir haben derzeit keine generelle Strategie. Einige Kitas machen ab und an mal fleischfreie Tage, vor allem dort, wo man einen höheren Anteil an Kindern hat, die kein Schweinefleisch essen. Aber es gibt nirgends einen durchgängigen Verzicht.“

Ähnlich formuliert es Hans-Albert Limbrock, Sprecher des Evangelischen Kirchenkreises Soest-Arnsberg, in Bezug auf die Kita Saatkorn in Hilbeck und den Martini-Kindergarten: „Mir ist nicht bekannt, dass eine Einrichtung komplett auf vegetarische oder vegane Ernährung umstellen würde.“

Einige Kitas beschäftigen eigens Küchenpersonal, so wie das Büdericher Familienzentrum „Abenteuerland“. Die Leiterin Anke Klute: „Wir haben hier eine Köchin, die frisch für 60 Kinder kocht, und das ist alles sehr ausgewogen. Wir haben unsere vegetarischen Tage, so zwei- oder dreimal die Woche. Wenn einzelne Wünsche nach durchgehender vegetarischer oder veganer Ernährung bestünden, könnte sie problemlos darauf eingehen, denn sie ist Diätassistentin und kann sich entsprechenden Wünschen und Unverträglichkeiten anpassen. Aber bislang gab es keine solchen Anfragen.“

Fleischfreie Tage

Ähnlich in der Kita Little Food, die das Essen geliefert bekommt: „Es gibt fleischfreie Tage, und sollten Eltern eine vegetarische oder vegane Ernährung ihres Kindes wünschen, so kann der Caterer darauf reagieren. Zurzeit ist dies aber nicht der Fall“, so die Leiterin Ines Beyer.

Im Gegensatz zum Katholischen Kindergarten St. Michael. Erzieherin Michaela Scharwei: „Wir haben zurzeit zwei Kinder, die kein Fleisch essen. Für die gibt es natürlich vegetarischen Ersatz.“

Einen Sonderfall nimmt der Kindergarten Wichtelhausen ein. Auch er bekommt das Essen geliefert, „und es ist ein abwechslungsreicher Plan, an einem oder zwei Tagen pro Woche gibt es kein Fleisch. Schweinefleisch haben wir aber generell nicht mehr, da wir einen relativ hohen Anteil muslimischer Kinder haben. Daher haben wir komplett auf Geflügel umgestellt“, so die Leiterin Kirsten Potthoff.

Auch interessant

Kommentare