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Prominenter Tatort-Mediziner: Joe Bausch feiert 70. Geburtstag

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Von: Gerald Bus

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Der Gefängnisarzt und Schauspieler Joe Bausch, aufgenommen vor seiner Arbeitsstätte, der JVA Werl.
Der Ex-Gefängnisarzt und Schauspieler Joe Bausch feiert seinen 70. Geburtstag. © Bernd Thissen/dpa

Der Gefängnisarzt aus Werl schlüpfte damals in den Kittel des Kölner „Tatort“-Mediziners. Für Joe Bausch gibt es kein Anhalten, das „Weiter“ ist sein Motto. Er erzählt von vielen Rollen in seinem Leben.

Werl/Ense – Abschließen ist nicht so seine Sache. Mit seiner Zeit in der JVA Werl, okay, da hat er abgeschlossen, wortwörtlich: Als er 2018 den Kittel als Knastarzt an den Nagel gehängt und den Schlüssel abgegeben hatte. „Da hat sich der Trennungsschmerz in Grenzen gehalten.“

Und zwar in den engen Grenzen einer Anstalt, die den Berufsweg von Joe Bausch prägten. Aber ansonsten kennt er kein Ende. Das „Weiter“ ist begleitendes Lebensmotto für den Mann, der so viele Rollen hatte und hat, beruflich und privat. Ein Doppelleben. Am Mittwoch (19. April) wird der vor allem aus dem Kölner „Tatort“ bekannte Mime mit den markanten Gesichtszügen 70 Jahre alt – und ist aktiver denn je in seiner Zeit nach der JVA.

Jubilar macht weiter: „Werde auch mein Gesicht hinhalten“

Ende offen – das gilt auch für den Tatort, in dem er seit 25 Jahren den Rechtsmediziner Dr. Joseph Roth gibt. „So lange die Kollegen mir nicht aufhelfen müssen, wenn ich neben der Leiche gekniet habe, mache ich weiter“, sagt der Jubilar, der mittlerweile in Ense wohnt.

Und so lange Klaus Behrendt („Max Ballauf“) und Dietmar Bär („Freddy Schenk“) als Kommissare die Gesichter von Köln sind, „werde auch ich mein Gesicht hinhalten“. So zwei, drei Jahre noch, dann sei es wohl gut gewesen. „Und dann kann ich zu den Rentner-Cops wechseln.“

Kopf frei bekommen: Geburtstag feiern geht auch mit 80 noch

Angst vorm Alter? Hat er nicht. „Das ist eine Hausnummer, keine Frage. Aber es ist auch schön, ich bin über Hürden hinweg – und für die Midlife-Crisis ist es zu spät“, sagt Bausch, den unsere Redaktion am Dienstag in Barcelona erreichte, wo er den Geburtstag begeht.

Feiern? Muss nicht sein. „Das kann ich auch mit 80 noch.“ Aber den Kopf frei bekommen von vielen Projekten, das tut auch mit 70 gut. Die Kondition sei gut, die Gesundheit spielt keine Streiche. Aber natürlich verändert das Alter. „Früher wurde ich gebucht als Charakter, der anderen auf die Fresse haut – heute würde ich eher als Auftraggeber angefragt“, schmunzelt er. Als harter Hund mit krimineller Energie – so fing es an im Schauspiel.

Prominenter Tatort-Mediziner: Viertes Buch

Heute sind es andere Rollen. Auch im Leben, als Autor. Das vierte Buch soll Ende des Jahres erscheinen, ein biographisches Sachbuch. Es soll erzählen, wie es dazu kam, dass er sich einst für den Job entschied, der ihn 32 Jahre lang prägen sollte. Das Werk wird enden mit seiner Zeit kurz vor der JVA.

„Denn der Knast selbst ist auserzählt.“ Vom wahren Leben geht es dann in die Fiktion: 2024 soll es den ersten eigenen Thriller geben. „Schreiben, das macht Laune“, sagt er. Und reden. Zuletzt hat das den Autor innerhalb von vier Monaten zu 60 Lesungen quer durch die Republik geführt. Die Corona-Bremse ist gelöst, es läuft wieder.

Ausgebucht: Nächste Staffel „Im Kopf des Verbrechens“

Die nächste Staffel „Im Kopf des Verbrechers“ beschäftigt Bausch ebenso, seit acht Jahren geht er damit auf Sendung. 25 Jahre Arbeit für den Tatort-Verein kommen hinzu. All das zeigt: Der Mann ist ausgebucht.

In Werl ist er weiterhin regelmäßig anzutreffen, in der Stadt seines beruflichen Wirkens. Dort trifft er immer mal wieder alte Bekannte – auch aus Knast-Zeiten. Erst vor zwei Wochen sah er zwei Beamte in Zivil, die einen Häftling beim Ausgang begleiteten. Lang schon ist er selber raus aus dem Knast.

Es gibt nichts zu bereuen: Doppelrolle prägte ihn

Im Rückblick fühle sich das Wirken dort als Arzt sehr lange an. „Aber wenn man drin ist, verfliegt die Zeit.“ Die JVA als permanent aufgeregtes System habe geprägt. „Dort denkt man eigentlich in Jahrzehnten“, sagt Bausch. In Werl, da sitzen die harten Kerle, langstrafig, oft lebenslang. „Aber wenn man dort arbeitet, ist es hochfrequentiert, wie Herzflimmern.“

Oft werde er gefragt, wie er es überhaupt so lange habe aushalten können. „Und manchmal wird mir heute klar, in welch wahnsinniger Welt ich dort unterwegs war.“ Aber er habe immer gewusst, dass er den Moment des Abschieds selbst wählen konnte. Die Anstalt jederzeit verlassen zu können, unterschied ihn von denen, die dort sein müssen. Arbeit ist keine Strafe, gerade für Bausch nicht. Aber der Moment des vorzeitigen Abschieds, er kam halt nie.

Nein, es gebe heute nichts zu bereuen. „Ich war ja immer dabei und habe überprüft, ob ich das will.“ Für die nötige Distanz sorgte das intellektuelle Abstrahieren. „Den Bausch-Knast hätte es nicht ohne den Bausch-Menschen auf der Bühne gegeben“, sagt er über sich. Es war die Doppelrolle, die prägte, „zwei bis drei Leben nebeneinander“.

Das Arztsein fehlt: Joe Bausch feiert 70. Geburtstag

Wobei er die eigentliche Arbeit als Arzt vermisst. „Die kommt zu kurz.“ Erst jüngst hat Bausch sich weitergebildet, trägt jetzt die Zusatzbezeichnung „Medizinische Begutachtung“. Weitere Tätigkeit ist also nicht ausgeschlossen. Eine neue Rolle? Ende offen. „Arzt wird man und Arzt bleibt man.“

Hinter Gitter zieht es ihn womöglich auch nochmal. Im Schauspiel. Als „Traum“ bleibt das Zwei-Personen-Stück „Oui“ von Gabriel Arout, das Bausch mit Ingo Naujoks noch mal auf die Bühne bringen will. Ein Stück in einer Todeszelle. Zum 40. Geburtstag hat Bausch das bereits gespielt, die Neuauflage verhinderte Corona. Theater spielen aber ist und bleibt Herzensangelegenheit. Gern will er allen zeigen, was er auf der Bühne kann, auch seiner Tochter. „Aber es muss ja auch immer ein Projekt geben, von dem man träumt.“

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