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Werl: Kunstlehrerin aus der Ukraine gibt Malkurs im Walburgahaus

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Von: Karin Hillebrand

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Solidarität im Walburgahaus Werl ukrainische Kunstlehrerin gibt Malkurs
Viel Unterstützung erfährt der Malkurs im Walburgahaus. © Karin Hillebrand

Im Walburgahaus werden in den Ferien Kinder von der ukrainischen Lehrerin Natalija Koschelupa künstlerisch geschult und lernen dabei Deutsch. Ein solidarischer Kreis hilft dabei.

Werl – Im Walburgahaus am Kirchplatz wird es donnerstags bunt. Seit Beginn der Sommerferien gibt dort die studierte Kunstlehrerin Natalija Koschelupa jeweils ab 16 Uhr Malunterricht für Kinder. Und das in Theorie und Praxis.

Sprache nebenbei lernen

Angesprochen sind alle Kinder aus Werl, im Besonderen geht es jedoch auch darum, ukrainischen Kindern eine Auszeit zu gönnen und ihnen die deutsche Sprache näher zu bringen. Koschelupa geht mit einigen Bildern zu ihren Malschülern und erklärt die Komplementärfarben. Sie liegen sich im Farbkreis gegenüber, eine passende Abbildung hat die 37-Jährige auch dabei. Johannes Rasim, der bei der VHS Sprachkurse für Flüchtlinge aus der Ukraine leitet, übersetzt und schreibt für alle sichtbar die deutschen Begriffe der Farbpaare auf: Lila - Gelb, Orange - Blau, Grün - Rot. Heute sollen Schmetterlinge mit diesen Farben gezeichnet und koloriert werden.

Kunstbegeistertes Paar

Natalija Koschelupa kam mit ihrem Mann Andrij, der Grundschullehrer und Künstler ist, und ihren fünf Kindern am 24. März aus dem ukrainischen Charkow nach Werl. Sie haben in ihrer Heimat an einer Begegnungsstätte für Jugendliche in der Stadt unterrichtet und Privatunterricht gegeben. Außerdem hat Koschelupa nach der Messe Kinder eingeladen, an ihrem Kunstunterricht teilzunehmen. Nun überlässt ihnen die St.-Walburga-Gemeinde Raum für den Unterricht. „Bildende Kunst spielt eine große Rolle bei der Entwicklung der Persönlichkeit eines Kindes“, sagt sie nun. „Unter anderem werden Fantasie, Beobachtungsgabe sowie Harmoniegefühl ausgebildet.“ Die Kinder lernen in ihrem Unterricht den Umgang mit Malwerkzeugen und genaues Arbeiten und machen sich mit Farbharmonien vertraut. Sie lernen verschiedene Epochen sowie verschiedene Bereiche bildender Kunst kennen, zeichnen Menschen, Tiere, Objekte und aus dem Leben.

Persönlichkeit entwickeln

„In der Ukraine sind staatliche Schulen für Musik, Sport und Kunst kostenlos. Die Eltern möchten, dass ihre Kinder auch hier in den Bereichen etwas lernen“, sagt Tatjana Heidebrecht, die das Team dolmetschend unterstützt und ganz nebenbei künstlerisches Wissen aufnimmt. „Letzte Woche hieß es, in Kulturen, in denen von links nach rechts gelesen wird, nutzen die meisten beim Malen die linken zwei Drittel einer Fläche. Das wusste ich nicht.“

Dolmetscher unterstützen

Die gelernte Sozialarbeiterin kam 1994 nach Werl und war lange als Hartz IV-Beraterin für die Diakonie tätig, bald übernimmt sie eine neue Aufgabe. Ende März fuhr sie spontan zur Notunterkunft und bot Unterstützung an. Daraus hat sich ein Hilfsnetz entwickelt. „Wir haben eine WhatsApp-Gruppe gegründet. Sie zählt 109 Teilnehmer, sechs davon sind ehrenamtliche Helfer“, erzählt Heidebrecht. „Wir helfen bei Fragen. Eine Frau hat beispielsweise ein Schützenfestplakat fotografiert und eingestellt. Wir erklären dann, was ist das, wie ist es entstanden und welche Traditionen sind damit verbunden. Zum Siederfest haben wir die Geschichte des Salzes in Werl und dessen Gewinnung behandelt, in der Ukraine wird das Salz – anders als hier – aus der Erde gebaggert.“

Geht es um eine Elternversammlung in der Schule, wichtige Formulare oder Adressen von Beratungsstellen, wird auch dies gleich für alle geteilt beantwortet. Das Gröbste sei mittlerweile geregelt, aber Wohnungen fehlten, damit die Familien aus den Notunterkünften ziehen können und nach dem Sprachkurs eine Arbeit finden. Zudem seien Kontaktpersonen, die die Heimatsprache oder wenigstens russisch sprechen, wichtig.

Stadtführungen zur Wallfahrtskultur

In Verbindung mit Tobias Gebhardt vom städtischen Museum Am Rykenberg organisierte Johannes Rasim bereits drei Stadtführungen zu Wallfahrtskultur mit Vertriebenenwallfahrten, Marianne Heese sowie Architektureinflüssen in der Propsteikirche und Romantikausstellung im Museum. „Wir möchten die Menschen in eine andere Welt mitnehmen. Ziel ist es, sie auf andere Gedanken zu bringen und mit den Gegebenheiten hier vertraut zu machen. Sie verbringen viel Zeit damit, telefonisch zu erfahren, wie es Angehörigen geht und sind sehr angespannt, wenn Luftangriffe laufen“, beschreibt Rasim die eigene Motivation.

Menschen in andere Welt mitnehmen.

Johannes Rasim

Die Kinder von Natalija Koschelupa verdrängen den Krieg und möchten nichts davon hören. „Wenn der Krieg zuhause nicht besprochen wird, weil der Vater auch hier und niemand aus der Familie in Gefahr ist, dann ist es für die Kleinen kein Thema“, erklärt Tatjana Heidebrecht.

Eine Mutter hat ihr aber auch erzählt, dass ihre Kinder oft die ukrainische Flagge malen und genau wissen, in welchen Ländern man für die Ukraine und in welchen Ländern man für Russland sei. Und sie ließen Legofiguren gegeneinander antreten – aber ohne Aggressionen. Am Samstag fand im Museum ein Grillabend statt und am Sonntag ging es zu einer Exkursion nach Münster, eine weitere Richtung Paderborn folgt. „Wir bedanken uns ganz herzlich bei der St.-Walburga-Gemeinde, der VHS und dem städtischen Museum für die Unterstützung“, sagt Rasim abschließend.

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