Wir haben es gut gemeint und wollten allen helfen – aber nun geht es einfach nicht mehr.
Der Flut von Patienten habe die Praxis nicht mehr Herr werden können, sagt Judith Caninenberg-Möhring. „Wir haben es gut gemeint und wollten allen helfen – aber nun geht es einfach nicht mehr.“ Zumal der gute Wille nicht honoriert wurde, im Gegenteil: Durch lange Wartezeiten in der Schlange lagen bei einigen Patienten offenbar die Nerven blank. An der Anmeldung sei es zu Beschimpfungen der Sprechstundenhilfen gekommen. „Die Mitarbeiter waren schockiert, es gab auch Tränen“, berichtet die Medizinerin aus dem Praxisalltag, der so nicht mehr weitergehen konnte.
Bei verbalen Angriffen vor Ort blieb es nicht: Im Internet verbreitete sich Hetze gegen die Praxis, wurden die langen Wartezeiten beklagt. „Dort wurde geschrieben, man müsse uns vertreiben oder die Praxis anzünden“, schildert die fassungslose Ärztin, die sich in der Pflicht sah, das Team und sich zu schützen vor Überlastung und Angriffen. „Wir haben das einfach nicht mehr geschafft. Wir wollten allen gerecht werden, aber das ist gewaltig nach hinten losgegangen.“
Nach der Zuspitzung reagierte die Praxis also vor einigen Tagen mit dem Aufnahmestopp für Patienten von außerhalb – und schon habe sich die Lage merklich entspannt. Neue Patienten werden nur noch aufgenommen, wenn sie in Werl oder den Werler Dörfern wohnen. Patienten aus dem Umland müssen sich an Praxen in ihren Städten wenden – Aufnahmestopp dort hin oder her. Die Ärztin atmet auf: „Es läuft richtig gut, die Maßnahme greift.“ Die Zahl der Patienten sei wieder zu bewältigen.
Dabei bleibt es aber nicht. Um die Lage weiter zu entspannen, ändert Judith Caninenberg-Möhring auch die Sprechzeiten ab Januar. Dann gibt es an zwei Tagen offene Sprechstunden, an zwei Tagen werden nur Termine abgearbeitet – wobei von Wartezeiten von drei bis vier Monaten auf Termine wegen des Andrangs auszugehen ist. Akutfälle müssen zur offenen Sprechstunde kommen – und Zeit mitbringen. Mehr als 40 Akutfälle seien an einem Tag nicht leistbar.
Leicht ist der Medizinerin der Einschnitt nicht gefallen. „Es ist schade, wenn Patienten unzufrieden sind, das war keine schöne Zeit.“ Aber klar sei auch, dass die Arbeit aller Belastung zum Trotz auch Spaß machen muss. Daher die Reißleine.
Die Ärztin bittet Patienten, vor dem Besuch auf der Homepage der Praxis (www.hautarztwerl.de) nach den Öffnungszeiten zu schauen. Oft genug erlebe das Team, dass Infos dort oder Aushänge an der Praxistür schlicht ignoriert werden. „Die Menschen lesen einfach nicht, was an der Tür steht.“ Das gilt auch für die Maskenpflicht zum Corona-Schutz. Nicht selten stehen Patienten ohne Maske in den Räumen.
Das sind die Sprechstundenzeiten ab 2023