Laut Berechnung für 2022 ergibt sich ein Tagessatz von 14,21 Euro in der „mittleren“ Vergütungsstufe. Es gibt fünf Kategorien der Arbeit: von solchen, die „keine Vorkenntnisse und nur eine kurze Einweisungszeit erfordern und die nur geringe Anforderungen stellen“ (75 Prozent des Grundlohns) bis zu Arbeiten, „die ein besonderes Maß an Können, Einsatz und Verantwortung erfordern“ (125 Prozent des Grundlohns). Der Lohn in der JVA wird also entsprechend der Art der Arbeit, der Arbeitsleistung (Zulage) sowie der Anzahl der Arbeitstage errechnet, sagt Schorn. So erhalte ein Gefangener im Jahr 2022 für 20 geleistete Arbeitstage in der mittleren Vergütungsstufe monatlich rund 285 Euro. Zulagen von bis zu 30 Prozent sind möglich.
Was dem Häftling tatsächlich ausgezahlt wird und was „gespart“ werden muss für die Zeit nach der Entlassung, sei hingegen eine Frage des Einzelfalles. Über den Teil, der für das Überbrückungsgeld angespart werden muss, kann der Insasse nicht direkt verfügen. Knapp über 57 Prozent sind das. Den Rest kann er unmittelbar nutzen. Ist das Überbrückungsgeld in voller Höhe angespart, kann er den gesamten Lohn zum Beispiel für Einkäufe nutzen. Gegen das Prozedere gibt es laut des Sprechers der Landesjustizvollzugsdirektion in der JVA Werl „keine Proteste“.
Allerdings hat das ein Häftling 2016 wohl anders gesehen und klagte, verlor aber 2017 am Landgericht Arnsberg und auch vor dem Oberlandesgericht Hamm. Daraufhin legte er Verfassungsbeschwerde ein. Nun prüfen die Karlsruher Richter.
Bei der Bewertung der Entlohnung sei aber zu berücksichtigen, dass Gefangene laut Strafprozessordnung „grundsätzlich die Kosten ihrer Vollstreckung zu zahlen haben“, sagt Schorn. Es gebe also eine „Verpflichtung zur Zahlung von Haftkosten“ wie Unterkunft und Verpflegung. Die aktuellen monatlichen Kosten für einen Einzelhaftraum betragen 201,45 Euro; für die Verpflegung bei 263 Euro. So summiert sich der Haftkostenbeitrag auf 464,45 Euro im Monat. Arbeitende Gefangene seien davon aber befreit. So summiere sich der monatliche Lohn auf 749,45 Euro. Das müsse berücksichtigt werden, sagt Schorn, ebenso, „dass weitere Kosten wie Gesundheitsfürsorge, Energieumlagen, Nutzung von Sport- und Freizeitaktivitäten den Gefangenen nicht auferlegt werden“, so der Referatsleiter Justizvollzugskommunikation.
Ohnehin sei die Arbeit der Inhaftierten „in allerster Linie eine Maßnahme der Resozialisierung. Sie soll die Gefangenen unterstützen, erfolgreich ein Leben in Freiheit zu führen.“ Die Chancen für die Wiedereingliederung ohne erneute Straffälligkeit seien umso höher, je besser die in der Haft erzielten Ergebnisse durch Bildung und Arbeit sind.
Da sämtliche Dinge des täglichen Lebensbedarfs bereits durch die JVA zur Verfügung gestellt werden, besteht die Funktion der Vergütung darin, den Gefangenen den Wert regelmäßiger Arbeit für ein künftiges straffreies Leben in Gestalt eines für sie greifbaren Vorteils vor Augen führen.
Anders als im „normalen Leben“ müssten Inhaftierte ihren Lebensunterhalt nicht mit der Tätigkeit sichern. „Da sämtliche Dinge des täglichen Lebensbedarfs bereits durch die JVA zur Verfügung gestellt werden, besteht die Funktion der Vergütung darin, den Gefangenen den Wert regelmäßiger Arbeit für ein künftiges straffreies Leben in Gestalt eines für sie greifbaren Vorteils vor Augen führen.“ Dies sei aus Sicht des Justizministeriums durch die aktuelle Vergütung „hinreichend sichergestellt“.
Hinzu komme, dass durch die Bereitstellung von Arbeits- und Qualifizierungsmaßnahmen hinter Gittern Kosten verursacht würden, „die weit über die erzielten Erlöse hinausgehen“. Und schließlich, so Schorn, müsse im Verhältnis zum „Normalbürger“ berücksichtigt werden, „dass die Gefangenen eine kostenlose Gesundheitsfürsorge und kostenlosen Zugang zu Sport- und Freizeitmöglichkeiten erhalten.“ Gefangenenarbeit sei nicht wirtschaftlich oder auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet. Grundsätzlich müssten Inhaftierte auch für diese Kosten aufkommen – aber nicht, wenn sie arbeiten.
Das Bundesverfassungsgericht hielt sich am Mittwoch in einer Stellungnahme zurück. Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 27. und 28. April sei die Frage, „ob die gesetzlich festgelegte Höhe der Vergütung, die Gefangene im Strafvollzug für dort erbrachte Arbeitsleistungen erhalten, mit der Verfassung vereinbar ist“. Konkret betroffen seien die Vorschriften in Bayern und NRW. Auch ein Häftling aus Bayern hatte geklagt. Zum laufenden Verfahren gebe es keine Auskunft, ein Termin für eine Urteilsverkündung sei noch nicht bekannt, sagt Pascal Schellenberg, Pressesprecher des Verfassungsgerichts. Der Kläger aus Werl wende sich gegen die Höhe des monetären Teils der Gefangenenvergütung. In der Verhandlung soll es auch um das NRW-Resozialisierungskonzept gehen, die Bedeutung des Faktors Arbeit sowie finanzielle Bestandteile des Lohns in Haft. „Relevante Gesichtspunkte wie die Produktivität der Gefangenenarbeit, das Angebot an Arbeitsplätzen und die Konkurrenzsituation sowie die Kosten, mit denen Gefangene im Strafvollzug belastet werden, beispielsweise durch Telefonie, Verplombung von technischen Geräten oder Zuzahlung bei Gesundheitsleistungen, sollen ebenfalls angesprochen werden“.