1. Soester Anzeiger
  2. Lokales
  3. Werl

Gefahr von oben: Basilika ist jetzt um ein Kreuz ärmer

Erstellt:

Von: Vanessa Moesch

Kommentare

In 35 Metern Höhe beginnen Dachdecker Patryc Osowski und Kranführer Volkmer Gill mit der Demontage des verrosteten Kirchenkreuzes auf dem Dachreiter der Wallfahrtsbasilika.
In 35 Metern Höhe beginnen Dachdecker Patryk Osowski und Kranführer Volkmer Gill mit der Demontage des verrosteten Kirchenkreuzes auf dem Dachreiter der Wallfahrtsbasilika.  © Moesch

Es wurde höchste Zeit, denn den nächsten Sturm hätte das Kreuz auf dem Dachreiter der Wallfahrtsbasilika in Werl nicht überstanden. Dachdecker demontierten es deshalb in einer mehrstündigen Aktion.

Werl – Unscheinbar liegt sie da, die Wallfahrtsbasilika. Nur ein leises Summen verrät, dass nicht alles so normal wie sonst ist. In der Klostergasse steht ein Steiger mit Arbeitsbühne. Dort machen sich Dachdecker Patryk Osowski von der Firma Köhne und Kranführer Volkmer Gill bereit zur Auffahrt. Mit Argusaugen beobachtet Albrecht Kersting, der Hausmeister des Pilgerklosters, die Arbeiten.

Seit sieben Uhr morgens wird hier bei strahlendem Sonnenschein, aber kalten Temperaturen gewerkelt und vorbereitet. Das hat auch einen ganz besonderen Grund, denn das Kreuz am Dachreiter wird das Zeitliche segnen müssen.

Besichtigung mit einer Drohne: Kirchenkreuz stark beschädigt

„Wir haben schon mehrere Kirchen mit einer Drohne besichtigt und bei der Basilika haben wir sofort gesehen, dass da was nicht stimmt“, sagt Franz-Josef Köhne. Das Kreuz ist stark verwittert und nicht mehr stabil. Beim nächsten Sturm ist das Risiko groß, dass es herabstürzt und nicht nur die Kirche beschädigt. Und bevor das passiert, wird das Kreuz abgenommen. Die Demontage ist dabei nicht so einfach. „Es ist schon schwierig, weil man nie weiß, was zum Beispiel noch in der Kugel und wie schwer das Kreuz ist“, so Volkmer.

Auch Architekt Nils Oetterer ist vor Ort und schaut nach dem Rechten. Normalerweise dürfe sich das Kirchenkreuz gar nicht bewegen. Doch es wackelt bereits, als die Dachdecker daran rütteln. Der Kaiserstiel – dabei handelt es sich um das meistens hölzerne senkrecht stehende oberste Bauteil der Dachkonstruktion, das die Kirchturmbekrönung wie den Wetterhahn, das Turmkreuz oder die Heiligenfigur trägt – ist recht lang und wird von verschiedenen Verschraubungen und Laschen an seinem Platz gehalten. Jetzt fehlen bereits die Muttern der Verschraubungen, weil sie korrodiert sind.

Um kurz vor elf Uhr am Mittag (7. Februar 2023) erreichte das stark beschädigte Kirchenkreuz den Boden der Wallfahrtsbasilika. Hausmeister Albrecht Kersting, Ansgar Bültmann (Firma Köhne), Kunstmied Rafael Jürgens und Patryc Osowski (Firma Köhne) (von links) sind froh, dass die Gefahr gebannt ist.
Um kurz vor elf Uhr am Mittag (7. Februar 2023) erreichte das stark beschädigte Kirchenkreuz den Boden der Wallfahrtsbasilika. Hausmeister Albrecht Kersting, Ansgar Bültmann (Firma Köhne), Kunstmied Rafael Jürgens und Patryk Osowski (Firma Köhne) (von links) sind froh, dass die Gefahr gebannt ist. © Moesch

Restauration dauert Jahre: Kreuz schätzungsweise 1920 entstanden

Während der Demontage fallen immer wieder Roststücke herunter. Als erstes muss der Wetterhahn zu Boden gelassen werden. Und nach mehreren Stunden folgt dann auch das Kreuz. Es ist von Rost zerfressen, doch die Gefahr ist abgewehrt.

„Das Kreuz hat bestimmt 80 Jahre dort oben ausgehalten“, vermutet Kunstschmied Rafael Jürgens. Er schätzt, dass das Exemplar im Jahre 1920 entstanden ist. Die offene Stelle auf dem Kirchendach wird abgedichtet. Jetzt gilt es, das Kreuz wieder zu restaurieren. „Ich werde das erst einmal begutachten. Und wenn man Pech hat, wird die Restauration mindestens zwei Jahre dauern“, sagt Jürgens.

Historische Dokumente in Kirchenkugel gefunden: Zeitkapsel

Doch noch sind die Arbeiten in luftiger Höhe nicht abgeschlossen. Die Kugel befindet sich noch auf dem Kirchturm und wird mit Hammer und Meißel abgeschlagen. Wieder unten angekommen gibt es zudem eine Überraschung. In der vergoldeten Kugel befanden sich historische Dokumente, vermutlich aus den 30er-Jahren.

„Diese Kugeln werden häufig als Zeitkapseln genutzt. In jeder zweiten befinden sich Dinge aus den alten Zeiten“, erklärt Jürgens. Kersting ist von diesem Fund begeistert. „Die Dokumente gehen jetzt nach Paderborn ins Archiv und werden von Gerhard Best persönlich dorthin gebracht.“

Aus der Kirchturmkugel, die auch als Zeitkapsel fungiert, wurden Jahrzehnte alte Dokumente geborgen.
Aus der Kirchturmkugel, die auch als Zeitkapsel fungiert, wurden Jahrzehnte alte Dokumente geborgen. © Moesch

Nicht mehr allzu lange warten: Turmkreuze halten noch

Nachdem das sicher demontiert wurde, werden auch die beiden Turmkreuze besichtigt. Mit einem großen Teleobjektiv geht es für Jürgens wieder nach oben. Auf dem Marktplatz entgehen den Bürgern die Arbeiten nicht. Neugierig bleiben sie stehen und beobachten die Überprüfung. Jürgens zeigt sich zufrieden, erstmal. „Diese Kreuze halten noch und es geht noch keine akute Gefahr von ihnen aus, aber allzu lange sollte man nicht mehr warten.“ Die Ergebnisse der Fotos müssen aber erst noch ausgewertet werden. Bis dahin hat die Wallfahrtsbasilika erstmal nur ein Kreuz weniger.

Auch interessant

Kommentare