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Gastronomien stellen um: Essen und Getränke auch in Mehrweg-Artikeln

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Von: Vanessa Moesch

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Verkäuferin Lilly Richardt von der Bäckerei Klapp überlässt den Kunden die Wahl: entweder der Kaffee im Pappbecher oder im neuen Mehrwegbecher.
Verkäuferin Lilly Richardt von der Bäckerei Klapp überlässt den Kunden die Wahl: entweder der Kaffee im Pappbecher oder im neuen Mehrwegbecher. © Moesch

Das neue Mehrweggesetz macht auch vor den Gastronomien in Werl nicht halt. Erste Betriebe haben bereits umgestellt und bieten Kunden eine Verpackungs-Alternative an.

Werl – „Haben Sie auch eine Tupperdose dabei? Oder ein Gefäß, in das wir Ihnen Ihr Essen einpacken können?“ oder „Haben Sie Ihren To-Go-Becher parat, in den wir Ihr Getränk hineinfüllen sollen?“ Der eine oder andere könnte dieses Szenario bereits an der Ladentheke oder in einem Restaurant mit angesehen haben. Kein Wunder, schließlich gilt seit dem 1. Januar die neue „Mehrwegangebotspflicht“ aus dem Verpackungsgesetz, die von der Bundesregierung auf den Weg gebracht wurde.

Das bedeutet, dass jetzt die Gastronomie – sei es ein Restaurant, eine Bäckerei oder eine Pizzeria – ihren Kunden alternativ zu einer Einwegverpackung eine Mehrwegverpackung anbieten muss, sofern sie nicht von der Ausnahme betroffen sind (siehe Info-Kasten).

Eigene Dosen bereits vor neuer Regelung: Essen und Getränke auch in Mehrweg-Artikeln

Vito Minafra, Betreiber des Ristorante Il Mulino Da Vito e Rosa, verkauft auch Essen zum Mitnehmen. „Es kommen natürlich schon Leute und bringen ihre eigenen Dosen mit, aber das war schon vor der Neuerung so. So intensiv habe ich mich mit dem Thema aber auch noch nicht beschäftigt“, gibt Minafra zu. Kartons für Salate seien jedenfalls schon vorhanden.

Bäckermeister Heiko Klapp, der auch ein Geschäft in Werl hat, führt wegen des neuen Gesetzes nun ein Pfandbecher-System ein. „Planmäßig soll der Becher mit eigenem Logo ab nächster Woche verfügbar sein.“ In Werl gibt es sie bereits jetzt. Das Einführen dieser Möglichkeit kostet ihn eine Menge Geld, da kann auch der Pfandpreis von 1,50 Euro nicht viel ausrichten.

„Unsere Pappbecher gibt es auch weiterhin. Und unsere Brötchentüten sind ohnehin aus Papier“, so Klapp, obwohl es auch vereinzelt Kunden gibt, die ihre eigenen Tüten selbst mitbringen, „aber das sind, wenn es hochkommt, zwei am Tag.“ Der Mehrwegbecher wird in den Filialen gespült und gereinigt, bevor er neu befüllt wird. Diese Methode wird erst einmal nur für den Kaffee zum Mitnehmen angeboten.

Die Dosen werden knapp: Die Lage in Soest

Das Mekong in Soest hat auch schon erste Erfahrungen in Sachen Mehrweg-Verpackung gesammelt. „Seit etwa vier Monaten geben wir Dosen für drei Euro Pfand an unsere Kunden heraus, die Essen zum Mitnehmen bestellen“, erzählt Hang Tran. „Das wird sehr gut angenommen“, schildert die Inhaberin ihre bisherigen Erfahrungen weiter. Wenn die Kunden dann wieder Lust auf gebratene Nudeln oder Pekingsuppe haben, würden sie die Dose einfach wieder sauber mitbringen.

Meistens zumindest. „Das klappt nicht immer. Manche Kunden behalten die Dosen über einen langen Zeitraum. Uns gehen langsam die Dosen aus“, erzählt Tran und öffnet den Schrank, in dem die Mehrweg-Dosen gelagert sind. Von rund tausend sind nicht mal mehr 50 vorhanden. „Das Kreislauf-System kann nur funktionieren, wenn die Kunden die Dosen auch zurückbringen.“

Aus Nachhaltigkeitsgründen: Neuregelung wird für gut befunden:

Grundsätzlich findet die Inhaberin die Neuregelung gut – aus Nachhaltigkeits- und Umweltaspekten. „Damit lässt sich unheimlich viel Müll vermeiden.“ Den letzten Anstoß hätten für das Mehrwegsystem damals ihre Kinder gegeben. Aber auch die Kunden selbst. Als die Pandemie noch in vollem Gange und die Gastronomie geschlossen war, habe sie mit ihnen gesprochen.

Essen nach Hause oder zum Mitnehmen zu bestellen, käme für sie nicht infrage – zu viel Müll. Jedes Jahr fallen laut Nabu knapp 350 000 Tonnen Abfall für Einweggeschirr und Verpackungen im To-Go-Bereich an. Davon bringen Systemgastronomien und Imbisse jeweils ein Drittel in den Verkehr.

Auch Tankstellen und Ketten betroffen: Gastronomien stellen um

Neben Cafés und Restaurants sind auch Tankstellen von der Mehrwegpflicht ab 2023 betroffen. Die Tankstellen von HEM nutzen bereits seit längerem das „Recup“-Mehrwegsystem. Gegen jeweils einen Euro Pfand (also insgesamt zwei Euro) für den Becher und den Deckel werden die nachhaltigen Becher, die in drei unterschiedlichen Größen zur Verfügung stehen, an die Kunden herausgegeben.

Zwar müssten die Becher aufbewahrt und hinterher wieder gereinigt werden, doch der Aufwand hält sich in Grenzen. „Für die Umwelt und mehr Nachhaltigkeit, die ganz klar zu den wichtigen Themen der Zukunft gehören, ist das sicher eine gute Sache“, so Joshua Wagner, Pächter einer der HEM-Tankstelle. Auch er stellt allerdings fest, dass Kunden die Becher oft nicht zurückbringen. Daher müssten sie oft nachbestellt werden.

Auch die Fastfoodkette Burger King hat sich zur Mehrweg-Angebotspflicht ab Januar 2023 für diese Mehrweglösung entschieden. „Die Gäste können in allen 750 deutschen Burger-King-Restaurants Getränke, Milchshakes und Eis im praktischen Mehrwegbecher von Recup bestellen“, verkündet das Unternehmen in einer Mitteilung aus seinem Haus.

Diese Richtlinie gilt nun für die Gastronomie

Seit dem 1. Januar 2023 müssen Caterer, Lieferdienste und Restaurants Mehrwegbehälter als Alternative zu ihren Einwegbehältern für Essen und Getränke zum Mitnehmen anbieten.

Für kleine Betriebe, wie zum Beispiel Imbissbuden, soll es eine Ausnahme geben, wenn die Betriebe eine maximale Verkaufsfläche von 80 Quadratmetern haben und maximal fünf Angestellte beschäftigen. Auf die Möglichkeit, die Speisen und Getränke in mitgebrachte Behälter abzufüllen, soll die Kundschaft aber hingewiesen werden.

Ketten, wie zum Beispiel Bahnhofsbäckereien, können von der Ausnahme für kleine Unternehmen jedoch keinen Gebrauch machen. Zwar mag die Verkaufsfläche der einzelnen Verkaufsstellen kleiner als 80 Quadratmeter sein. Aber wenn im gesamten Unternehmen insgesamt mehr als fünf Beschäftigte arbeiten, gilt die Ausnahme nicht für sie.

Die Mehrwegvariante darf nicht teurer sein als das Produkt in der Einwegverpackung. Außerdem müssen für alle Angebotsgrößen eines To-go-Getränks entsprechende Mehrwegbecher zur Verfügung stehen und die Mehrwegverpackung darf auch ansonsten nicht zu schlechteren Bedingungen angeboten werden als die Einwegverpackung. Es ist erlaubt, die Mehrwegverpackung nur gegen ein Pfand auszugeben, das bei der Rückgabe dann wieder ausgezahlt wird.

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