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Gas-Stopp im Notfall: „Abschalt-Reihenfolge“ für 30 Unternehmen steht fest

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Von: Gerald Bus

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Durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 fließt derzeit deutlich weniger Gas von Russland nach Deutschland als zuvor.
Durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 fließt weniger Gas von Russland nach Deutschland - Firmen müssen sich auf den Notfall vorbereiten. © dpa / Stefan Sauer

Es sind Pläne für den Notfall, die die heimische Wirtschaft empfindlich treffen würden: Die Stadtwerke Werl bereiten sich auf eine „Gas-Mangelsituation“ vor und haben dazu eine Liste mit den 30 verbrauchsstärksten Unternehmen in der Stadt erstellt, die im Fall der (Not-)Fälle vom Gasnetz getrennt werden würden. Mittlerweile gibt es eine „Abschalt-Reihenfolge“ für Firmen, falls der Gas-Engpass dramatisch wird.

Werl – Nach und nach würden Mitarbeiter der Stadtwerke dann vor Ort die Firmen vom Gasnetz trennen und die Prioritätenliste umsetzen, falls es nötig wird. Tausende Mitarbeiter wären betroffen. Die Namen der Firmen nennen die Stadtwerke nicht. Alle sind über den Notfall-Plan informiert. Dabei haben die Stadtwerke die Firmen auch gefragt, ob und wie sie den Verbrauch reduzieren können, ob sie auf andere Brennstoffe umstellen können und welche Vorlaufzeiten sie für das Herunterfahren der Systeme brauchen würden. Denn von jetzt auf gleich ohne Vorwarnung könne man den Gashahn nicht zudrehen.

Nur drosseln ist „technisch nicht machbar“

„Natürlich berücksichtigen wir die individuelle Situation“, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Robert Stams, je nach Mengenverbrauch müssten Abschaltungen von Firmen nach und nach erfolgen. Alle nach Gießkanne prozentual gleichermaßen nur zu drosseln, das sei „technisch nicht machbar“.

„Wir können die Augen vor der Situation nicht verschließen und müssen uns damit beschäftigen“, sagt Stams zum sich verschärfenden Gas-Engpass durch die Liefer-Reduzierungen von Gas durch Russland. Zwar wagt er die „vorsichtig-positive Prognose“, dass Deutschland ohne Abschaltungen durch den Winter 2023 kommt. Aber niemand wisse, wie sich die Situation weiter entwickelt. In der Diskussion um bundesweite Gasspeicher und Flüssiggas, Lieferengpässe und Gas für die Stromproduktion müssen sich die Versorger rüsten. „Und das tun wir“, sagt Robert Stams.

„Ihr könnt uns doch nicht abklemmen“

Im März wurden die 30 betreffenden Firmen, die als erste beim Ausrufen der Notfallstufe durch die Bundesnetzagentur vom Lieferstopp betroffen wären, erstmals von den Stadtwerken angeschrieben. Die ersten Reaktionen seien deutlich abweisend gewesen: Vom Verweis aus „Systemrelevanz“ bis zur einfache Forderung „Ihr könnt uns doch nicht abklemmen“ reichte die ablehnende Haltung.

„Aber je mehr Zeit ins Land geht, desto verständnisvoller und mitarbeitend sind die Firmen“, sagt Robert Stams. Mittlerweile gebe es auch mehr Transparenz in der Gas-Debatte, die Verschärfung der Situation beherrscht die Schlagzeilen. „Ruhiger und konstruktiver“ ist daher nun die Reaktion der 30 Firmen.

Ob es wirklich so weit kommen muss, ist unterdessen völlig unklar. Noch ist es ein weiter Weg in der dreistufigen Krisen-Vorsorge über die aktuelle Frühwarn-Stufe bis zur Alarmstufe – die am Freitag ausgerufen wurde – und dann in letzter Instanz einer Notfall-Stufe, die ein Abschalten nötig machen würde.

Privater Sektor wohl nicht betroffen

Dass auch Privathaushalte nicht mehr versorgt werden können, davon geht der Stadtwerke-Chef nicht aus. „Für den privaten Sektor sehe ich das nicht.“ Auch Krankenhäuser oder Seniorenheime würden als „privilegierte Kunden“ sicher versorgt, alle Bereiche der nötigen Infrastruktur bleiben auch beim Engpass am Gasnetz.

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