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„Folge nicht auf Joe Bausch“ - Das ist die neue Gefängnis-Ärztin für die JVA Werl

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Von: Thomas Nitsche

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Die Soesterin Ulrike Schmallenbach ist seit dem 1. Oktober neue Ärztin der JVA Werl.
Die Soesterin Ulrike Schmallenbach ist seit dem 1. Oktober neue Ärztin der JVA Werl. © Thomas Nitsche

Elf Türen und acht Eisentore muss sie passieren, bis sie in ihrem Dienstzimmer ist: Ulrike Schmallenach ist die neue Ärztin der JVA Werl. Ob sie demnächst wie Joe Bausch im Tatort zu sehen ist? Eher nicht, meint die Medizinerin.

Werl - Die Eingewöhnungsphase hat Ulrike Schmallenbach hinter sich. Seit dem 1. Oktober ist die Soesterin neue Ärztin in der Werler Justizvollzugsanstalt. Für die Medizinerin war die erste Zeit als Anstaltsärztin ungewohnt. „Ich musste erst einmal elf Türen passieren und acht Eisentore aufschließen, bis ich in meinem Dienstzimmer war“, sagt sie über die ersten Wochen nach dem Dienstantritt.

Inzwischen ist das Öffnen und Abschließen der Anstaltstüren zur normalen Gewohnheit geworden. „Jetzt merke ich das gar nicht mehr. Mich wundert jetzt nur, dass ich auf einmal in der Abteilung stehe und nicht gemerkt habe, dass ich durch die Türen gegangen bin“, sagt sie und lächelt.

Vater gibt den Tipp für den Job

Mit ihrem neuen Job tritt sie in die Fußstapfen ihres Vaters Hans-Joachim Schmallenbach. „Ich bin vorbelastet. Mein Vater war als Belegarzt im Justizkrankenhaus in Fröndenberg im Bereich Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie tätig.“ Der war es auch, der seine 57-jährige Tochter ermutigte, sich auf die freie Stelle bei der JVA zu bewerben. „Der fand das super und hat zu mir gesagt, ‘Kind, das ist der richtige Weg für dich’“, berichtet die Soesterin.

Ulrike Schmallenbach war zuletzt in einer allgemeinen Praxis bei einem Hausarzt angestellt. Nach ihrem Medizin-Studium in Bochum und Münster hat sie viele Jahre in der Notaufnahme beim Klinikum der Stadt Soest gearbeitet. Sie ist Fachärztin für Chirurgie und Allgemeinmedizin. Sie wollte sich beruflich verändern, weil sie die Selbstständigkeit vermisst habe und die Herausforderung nach eigener Verantwortung suche. Das habe sie nun in der medizinischen Abteilung der Werler JVA gefunden. „Für eine eigene Niederlassung bin ich schon zu alt, aber hier habe ich eine Möglichkeit gefunden, wie ich so meinem Job nachgehen kann“, sagt sie.

Nicht die Nachfolgerin von Joe Bausch

Als sie Freunden und Bekannten von ihrer neuen Anstellung berichtete, kam gleich die Frage: „Bist du demnächst auch im Tatort zu sehen?“ „Nein“, habe sie darauf geantwortet. Sie tritt auch nicht die Nachfolge von Joe Bausch (ehemaliger Werler Anstaltsarzt und Gerichtsmediziner beim Kölner Tatort, Anm. d. Red.) an. Das ist ihr wichtig. „Vor mir war hier Katharina Winter als Ärztin“, erzählt sie. Eingearbeitet hat sie ihr Kollege Horst Pawke, der als zweiter Arzt neben Joe Bausch praktiziert hat.

Ich glaube, einige haben Angst, hier zu arbeiten. Die anderen sind voreingenommen wegen der Straftaten der Insassen.

Ulrike Schmallenbach, neue JVA-Ärztin in Werl

Schade findet sie, dass die zweieinhalb Stellen für Mediziner in der JVA nicht besetzt werden können. „Ich glaube, einige haben Angst, hier zu arbeiten. Die anderen sind voreingenommen wegen der Straftaten der Insassen“, meint die Soesterin. Sie sieht die Notwendigkeit, dass auch die Gefangenen das gleiche Recht auf Behandlung haben, wie alle anderen. „Sie sind für ihre Taten bestraft worden und ich maße mir nicht an, über die Gefangenen zu urteilen“, sagt sie dazu.

Insassen testen die neue Medizinerin

In den ersten paar Wochen habe sie festgestellt, dass das Klientel in der JVA schon anders ist. „Hier herrscht ein Umgangston, der etwas rüder ist“, beschreibt sie die Sprechstunden. Gemerkt habe sie, dass die Gefangenen am Anfang die neue Ärztin prüfen, und Möglichkeiten suchen, wie weit sie gehen können. „Die versuchen, zu testen, ob ich denen unter anderem Betäubungsmittel verschreibe“, sagt sie. „Und wenn denen meine Antwort nicht passt, werde ich böse beschimpft“, berichtet sie von ersten Erfahrungen. „Dann kommen häufig Briefe von deren Anwälten, auf die ich dann reagieren muss“, fügt sie Soesterin hinzu. Das ist für sie dann zusätzliche Arbeit. Bei Beschimpfungen beende sie ganz schnell die Sprechstunde. Von ihren neuen Kollegen sei sie sehr gut aufgenommen worden. „Ich bekomme hier auf breiter Linie volle Unterstützung“, freut sie sich.

JVA Werl wie eine kleine Stadt

Die JVA Werl ist für Ulrike Schmallenbach eine kleine Stadt für sich, in der sie sich inzwischen gut auskennt. Für verschiedene medizinische Tätigkeiten muss sie auch in die unterschiedlichen Hafthäuser oder in die Verwaltung. Besonders die Corona-Pandemie ist in der JVA ein großes Thema. Wenn Häftlinge verlegt werden, müssen diese erst einmal zwei Wochen lang in Quarantäne. Auch hierfür ist die Medizinerin zuständig. So wird ihr in der JVA nicht langweilig. „Hier ist immer was zu tun und wenn es nur das Ausstellen der Rezepte für die Sicherungsverwahrten ist“, teilt sie mit.

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