Was durch den Deal deutlich wird: Gebhardt-Stahl ist schon lange kein Familienunternehmen mehr. Der 2019 zur Sicherung des Standorts eingestiegene Investor „Bencis Capital Partners“ hat vielmehr als Mehrheitsgesellschafter die Fäden in der Hand; von dem niederländischen Investmentunternehmen kam nun auch die Entscheidung zum Verkauf des Firmenbesitzes, um brachliegendes Kapital flüssig zu machen. Das zeigt die Kehrseite der externen Beteiligung.
Diese Vorgehensweise ist üblich für Investoren, um nicht betriebsnotwendiges Kapital für die weitere Entwicklung und Wertsteigerung des Unternehmens freizusetzen.
Ein Käufer wurde seit geraumer Zeit aktiv gesucht und gefunden. „Diese Vorgehensweise ist üblich für Investoren, um nicht betriebsnotwendiges Kapital für die weitere Entwicklung und Wertsteigerung des Unternehmens freizusetzen“, erklärt Gebhardt-Stahl. Klar ist aber auch: Nun muss zusätzliches Geld erarbeitet werden, um die Mieten zu schultern.
Zum Verkaufs-Erlös sagt die Geschäftsleitung nichts. Aber offenbar handelt es sich um einen knapp zweistelligen Millionenbetrag. Das Geld werde in die Firma reinvestiert, kündigt Ralf Neuhaus an. Vier Millionen Euro fließen allein in diesem Jahr in die Instandhaltung und in neue Maschinen am Stammsitz Werl, acht Millionen Euro nach Polen in den Ausbau des dortigen Tochterunternehmens. In Stare Miasto wird bis 2023 eine Produktions- und Lagerhalle mit zwei neuen Produktionsanlagen, einer Spaltanlage sowie einer weiteren Fotovoltaikanlage entstehen.
Weiteres Wachstum, das gelte auch in der Mitarbeiterschaft. 214 Mitarbeiter hat Gebhardt-Stahl am Stammsitz in Werl mittlerweile. Im Lauf des Jahres sollen 15 weitere hinzukommen. „Wir stellen ohne Ende ein“, sagt Neuhaus. Bis 2024 sollen allein in Werl 250 Menschen beschäftigt sein.
2021 sei zudem ein „sehr gutes Jahr gewesen. 180 Millionen Euro Umsatz wurden am Stammsitz erwirtschaftet, 230 Millionen in der Gruppe – das sei „über Plan“ gut gelaufen. 2022 entwickele sich bisher „genau nach Plan“, sagt Neuhaus. Die Umsatzerwartung für Werl steige nicht zuletzt wegen der exorbitant gestiegenen Stahlpreise auf 230 Millionen Euro allein für Werl, für Polen auf 50 Millionen Euro. Darüber hinaus betont die Firma die große Lieferanten- und Kundenspreizung.
Gebhardt-Stahl bleibt also Schlagzeilen-Lieferant. Erst im September hatte das Unternehmen für kaltgewalzte Spezialprofile seine Geschäftsführung neu strukturiert: Henrik Kruchen wurde als neuer Chef (CEO) vorgestellt. Dirk Thörner und Ralf Neuhaus blieben in der Geschäftsleitung. Zudem wurde die Form-Tec GmbH aus Werl mit zehn Arbeitskräften übernommen.
Im Juni 2020 war bekannt geworden, dass Gebhardt-Stahl eine der Kettler-Hallen (Werk 2 Sönnern) am Maifeld angemietet, sich damit weitere 9 000 Quadratmeter Produktionsfläche gesichert hatte. Dort werden Sonderprofile gefertigt als drittes Standbein im Portfolio neben dem Zubehör für den Luftkanalbau und die Verstärkungsprofile für den Kunststofffensterbau. „Die Halle ist voll“, sagt Neuhaus; für November sei eine weitere Maschine – die mittlerweile vierte – bestellt worden. Auch in jener Halle in der Nähe zum Stammsitz ist Gebhardt-Stahl Mieter, bei der Kettler-Stiftung. Mit der Kooperation sei man „sehr zufrieden“, betont Neuhaus. Daher habe man den zunächst auf fünf Jahre geschlossenen Mietvertrag vorzeitig um weitere zehn Jahre verlängert.
Die Catella Real Estate AG, 2007 gegründet, war bis Mittwochabend für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Die Gruppe gehört nach eigenen Angaben zu den „führenden Spezialisten“ im Bereich Immobilieninvestment und Fondsmanagement und agiert europaweit in 14 Ländern.