Erster Spatenstich für Aldi und Rewe: „Sportliches Ziel“ für Eröffnungstermin

Die von Bewuchs und Bauten befreite Fläche zwischen der Straße „An der Kleinbahn“ und den Bahngleisen lässt die Dimensionen des neuen Nahversorgungszentrums für den Norden inzwischen ganz gut erahnen. Läuft alles nach Plan, können die Werler dort bei Rewe und Aldi bereits die Zutaten für ihr nächstes Weihnachtsmenü kaufen. Denn noch vor dem Fest sollen die Märkte öffnen. Dieses Ziel formulierten die Projektbeteiligten am Dienstag beim „ersten Spatenstich“.
Werl – Aldi-Expansionschef Matthias Nysten nannte dieses Ziel „sportlich, aber nicht unrealistisch“. Und auch Dirk Jahns von Rewe Dortmund und Rewe-Projektentwickler Markus Mertens möchten das Weihnachtsgeschäft gerne mitnehmen. Funktionieren kann das allerdings nur, wenn auch die Stadt rechtzeitig die notwendigen Voraussetzungen schafft, insbesondere die verkehrliche Anbindung. Bürgermeister Torben Höbrink geht davon aus: Ja, das Ziel sei ambitioniert, viel dürfe nicht schief gehen, aber Ausschreibungen und Beauftragungen seien erfolgt. „Wir gehen da im Gleichklang.“
Sowohl Höbrink als auch Nysten lobten die gute Koordination in den zurückliegenden Monaten, die nur dank eines regelmäßigen, engen Austausches zwischen den zahlreichen Beteiligten möglich gewesen sei.
Höbrink erinnerte in seiner kurzen Rede an den langen Vorlauf des Vorhabens: „In den vergangenen zwei, zweieinhalb Jahren hat das Projekt aber extrem an Schub gewonnen.“ Dank intensiver Arbeit der Beteiligten seien auch die letzten Knoten durchgeschlagen worden. Er freue sich aus deshalb besonders über den Spatenstich, weil nicht nur die Nahversorgung für die Bürger verbessert, sondern vis-à-vis des Bahnhofs auch ein städtebaulicher Missstand beseitigt werde. Die neue Spange zwischen Langenwiedenweg und Schützenstraße ermögliche eine bessere Nutzung der dortigen Bahnunterführung und auch der Knoten am Langenwiedenweg werde aufgewertet.
Stadt investiert rund 1,5 Millionen Euro in Straßen- und Kanalbau
Aufwand, für den die Stadt auch Geld in die Hand nimmt. Rund 800 000 Euro kalkuliert die Verwaltung für den Straßenbau. „Derzeit liegen wir bei den Ausschreibungen voll im Plan“, sagte Höbrink im Nachgang. Hinzu kommen rund 670 000 Euro, die der Kommunalbetrieb für Sanierung und Erweiterung der Kanalisation ausgibt.
Eine Investition, die sich aus Sicht von Höbrink lohnt: „Hier ergibt sich ein ganz neues Stadtbild.“ Und eine Ausgabe, die eine Millionen-Investition nach sich zieht, von der wiederum für die Stadt etwas durch Grundstücks-Verkauf und Investoren-Anteil für den Straßenbau abfällt. Über die nächsten Schritte der Arbeiten und die Auswirkungen auf die Verkehrsführungen im Norden will die Stadt in Kürze informieren.
Auch Nysten ging in seiner Rede auf den langen Atem ein, den alle Beteiligten mitbringen mussten. Er persönlich sei seit 2002 mit den Plänen für das Grundstück beschäftigt, damals noch als Expansionsleiter für Plus. „Ein Kollege hat mich damals gewarnt: Das ist nicht ganz einfach das Projekt. Und der Kollege sollte recht behalten“, sagte Nysten. Inzwischen kann er darüber schmunzeln.

Christian Bannert, Geschäftsführer der Aldi-Regionalgesellschaft in Werl, verwies darauf, dass „große Dinge“ für Werl bei Aldi schon eine Tradition hätten. Er erinnerte an die Wulf-Hefe-Spange und den Aldi-Neubau am großen Kreisverkehr. Auch dies sei ein echtes „Leuchtturmprojekt“ gewesen.
Neue Verkaufsstelle „Nummer 1“
Wie wichtig der Neubau im neuen Nahversorgungszentrum für Aldi ist, soll eine Zahl mit Symbolkraft verdeutlichen. Denn der neue Markt soll innerhalb der Regionalgesellschaft die neue „Verkaufsstelle Nummer 1“ werden. Eine Nummer, die einst der Aldi-Markt an der Siederstraße (heutiger Lemmi-Markt) getragen habe und seitdem nicht mehr vergeben worden sei. Eine mögliche Konkurrenz durch Lidl am alten Rewe-Standort sieht Bannert relativ gelassen entgegen: „Das löst natürlich keine Begeisterung aus“, sagte er im Anschluss an den Spatenstich. „Aber wir schauen auf uns. Und zusammen mit Rewe schaffen wir hier einen tollen Standort mit Discounter und Vollsortimenter – das gibt es so in Werl bislang nicht.“
Aus Werler Sicht war der Spatenstich auch noch für zwei weitere Beteiligte ein besonderes Ereignis. Zum einen für Wirtschaftsförderer Adrian Gruschka, der gerade neuer GWS-Geschäftsführer wurde, als das Projekt in die heiße Phase eintrat. Immer wieder seien neue Probleme zu lösen gewesen. Dass nun alles seinen Weg nimmt, sei eine „riesen Erleichterung“. Mit Blick auf die Baustelle sagte Gruschka: „Es ist schon erstaunlich, wie schnell jetzt alles vorangeht.“
Zum anderen für Stadtplaner Ludger Pöpsel, der das „sehr komplexe“ Vorhaben schon seit vielen Jahren begleitet hat. Der Spatenstich wenige Tage vor dem beginnenden Ruhestand sei ein „schöner Abschluss“ und „sehr zufriedenstellend“.
Die Vorgeschichte: Mehr als 20 Jahre Vorlauf
Eitel Sonnenschein herrschte am Dienstagmorgen beim „ersten Spatenstich“ für das Nahversorgungszentrum hinter dem Bahnhof – im übertragenen und im Wortsinn. Dabei handelte es sich wahrlich nicht immer um ein Schönwetter-Projekt. 1999, also vor mehr als zwei Jahrzehnten, kaufte die Stadt das Gelände und bemühte sich seitdem lange vergeblich um eine Neugestaltung. 2005 schlug das Einzelhandelsgutachten für das Areal ein neues Nahversorgungszentrum vor. Die damalige Chefin des Planungsamtes, Christiane Singh, sah die Umsetzung schon in „greifbarer Nähe“.
Später wurden Vertreter von Stadt und Wirtschaftsförderung immer zurückhaltender mit ihren Prognosen. Lange Zeit wurde mitsamt des bisherigen Rewe-Areals geplant, 2015 klammerte man dies nach vielen vergeblichen Anläufen aus. Im Jahr 2018 waren die Planungen zwischenzeitlich gestoppt worden, weil die Wirtschaftsförderung stattdessen auf die Ansiedlung des zentralen Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Westfalen mit rund 200 Mitarbeitern hoffte. Erst als sich dies zerschlagen hatte, ging es wieder voran.
2019 erfolgte per Ausschreibung die neue Investorensuche. Unter Dach und Fach waren die notwendigen Grundstücksgeschäfte aber erst im März 2022. Rewe wird hinter dem Bahnhof künftig auf 1900 statt jetzt 1200 Quadratmetern Waren verkaufen. Aldi wird den Standort im Norden an der Belgischen Straße aufgeben. Dort hat der Discounter 800 Quadratmeter Verkaufsfläche, künftig werden es 1300 sein.