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Kauffrust statt Kauflust: Einzelhändler blicken besorgt in die Zukunft 

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Von: Ilka Platzek

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Patricia Prisco (links) vom Geschäft La Donna begutachtet den Sitz eines neuen Kleides bei Kundin Monika Mensing.
Patricia Prisco (links) vom Geschäft La Donna begutachtet den Sitz eines neuen Kleides bei Kundin Monika Mensing. © Ilka Platzek

Krieg in der Ukraine, Inflation, immens steigende Energiekosten. Alle reden darüber und etliche fangen auch schon an zu sparen. Spürt das der Einzelhandel? Wir haben uns in Werl umgehört.

Werl – Es ist ein ruhiger Montagvormittag in der Werler City. Auf der Steinerstraße sind nicht viele Kunden unterwegs. Da fällt es gleich auf, wenn vier Personen – zwei Kinder, zwei Frauen – den Taschenfreund betreten. Dort erzählt Verkäuferin Anja Henke gerade, dass ihren Kunden die Kauflust noch nicht vergangen ist.

Das liege aber auch daran, dass gewisse Produkte aus dem Sortiment eigentlich immer gehen: „Wir haben zum Glück ein großes Angebot an Kinderrucksäcken für Kita-Kinder und Tornister für Schulanfänger.“ Auch Koffer und Reisetaschen sind wieder gefragt. Und: „Die Herren kaufen bei uns Taschen für Laptops“. Das sind dann gerne mal edle Teile aus Leder.

Die kleine Aylin wird jetzt eingeschult und braucht einen Tornister. Die Mutter, der kleine Bruder und eine Freundin der Familie sind mitgekommen. Aylin entscheidet sich für einen Traum in Rosa. Verkäuferin Anja Henke erklärt, worauf man achten muss und passt das Prachtstück fachmännisch bei der Kleinen an. Es wirkt ein wenig überdimensioniert. Im Endeffekt bekommt Aylin ein etwas kleineres Exemplar, ebenfalls in leuchtend Rosa. Die kleine Gruppe verlässt den Laden und die angehende Schülerin trägt ihn gleich auf dem Rücken nach Hause.

Tornister gehen immer

Ladeninhaberin Birgit Siemens räumt ein, dass Tornister immer gut gehen, auch weil sie eine große Auswahl anbietet. Das sei wichtig. Die Damentaschen gehen allerdings schlechter als sonst und „bei der Vororder für das kommende Jahr habe ich mich etwas eingeschränkt. Wir haben ja quasi kein Lager.“ Motto: Erst mal gucken wie’s läuft und dann gegebenenfalls nachordern.

Kurz vor dem Schulstart in Nordrhein-Westfalen: Anja Henke passt bei Aylin einen Tornister an. Denn: Schultaschen müssen sein.
Kurz vor dem Schulstart in Nordrhein-Westfalen: Anja Henke passt bei Aylin einen Tornister an. Denn: Schultaschen müssen sein. © Ilka Platzek

Bei Casa dagegen stellt Inhaberin Iris Franger-Knevels bereits eine gewisse Zurückhaltung fest. „Die Leute machen sich Sorgen, weil Energie und Lebensmittel teurer werden. Auf Dekoartikel wird dann eher verzichtet.“ Ihre Mitarbeiterin rät zur gleichen Zeit einer Kundin: „Wenn Sie diese Glasschalen mögen, kaufen Sie sie jetzt. Das ist noch der alte Preis. Die werden viel teurer.“ Die Kundin lässt sich überzeugen. Die Chefin denkt ihrerseits übers Sparen nach: „Im Winter kann man im Laden ja auch mal eine Weste tragen.“

Suche nach Schnäppchen

Bei La Donna hat sich Kundin Monika Mensing gerade für ein neues Kleid entschieden: „Man guckt nach Schnäppchen, kauft dann aber doch etwas, was man nicht unbedingt braucht“, sagt sie. Inhaberin Patricia Prisco erlebt zum Glück noch jede Menge Kauflustige. „Wir haben Zurückhaltung bisher nur bei den Kunden bemerkt, die sonst hier Schnäppchen kaufen. Ansonsten wird hier viel geredet über Inflation und Preissteigerungen, aber gekauft wird trotzdem.“ Und dann fügt sie noch nachdenklich hinzu: „Ich habe genauso viel geordert wie sonst auch und gucke, wie’s im Herbst läuft, aber ich befürchte, die goldenen Zeiten sind vorbei.“

Im Kaufhaus Danielsmeier fällt es den Verkäufern schwerer, den Kunden zur Hose auch noch das passende Hemd oder den Gürtel zu verkaufen: „Früher haben wir ihnen ganze Outfits verkauft. Das geht nicht mehr. Sie kaufen jetzt viel gezielter“, sagt Stefanie Brandner. „Zum Glück verkaufen wir auch Schreibwaren.“ Die gehen immer. Das Geschäft selbst soll jetzt auf LED-Beleuchtung umgestellt werden.

Unberührt vom Sparwillen sind die Kunden vom Pilgerbüro: „Wir haben hier einfach ein anderes Publikum. Die Wallfahrer registrieren höhere Preise und nehmen die Sachen trotzdem mit“, sagt Barbara Obertrifter.

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