„Ich weiß nicht, wer mir helfen kann“
Corona im Kreis Soest: Wenn Impfschäden vermutet, aber nicht nachgewiesen werden
„Diejenigen, die mich kennen, erkennen mich kaum wieder.“ Dieser Satz einer Werlerin schockiert.
Werl - Auf dem Sofa sitzt Maya L. (Name durch die Redaktion geändert) mit schwerer Atemnot und zitternden Händen, sie beschreibt einen Druck auf der Brust, der in die Schulter ausstrahlt, klagt über extreme Vergesslichkeit und Probleme mit der Wahrnehmung. Und das sind nur wenige Symptome, unter denen sie leide. Ende September hat sie sich erstmals mit dem Impfstoff Biontech gegen Corona impfen lassen, die Beschwerden ließen nicht lange auf sich warten. Anfang Oktober zeigte sie erste Symptome. „Ich war vorher kerngesund, hatte keinerlei Beschwerden. Jetzt bin ich arbeitsunfähig“, sagt L. Ein Impfschaden wird vermutet.
Nach dem Infektionsschutzgesetz gilt als Impfschaden „die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung. Ein Impfschaden liegt auch vor, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wurde.“
Corona im Kreis Soest: „Keine Angst vor der Impfung verbreiten“
Der Werlerin geht es nicht darum, Menschen von ihrer Corona-Impfung abzuhalten. „Ich will keine Angst vor der Impfung verbreiten, aber ich weiß nicht, wer mir helfen kann“, sagt sie und ist verzweifelt. Alle möglichen Tests seien durchgeführt worden, vom Röntgen über CT- und MRT-Untersuchungen sei alles dabei gewesen. Gefunden und nachgewiesen werden konnte ein Impfschaden allerdings nicht.
In die Geschäfte mit einer 2G-Regelung darf Maya L. nicht, obwohl sie eine Bescheinigung vorlegen kann, dass sie aufgrund von Impfkomplikationen nicht mehr geimpft werden darf. „Ich wollte mich vor dem Coronavirus schützen und habe mich bewusst für die Impfung entschieden. Auch, dass es Impfschäden geben kann, war mir bewusst. Aber dieses Ausmaß hätte ich nicht vermutet“, sagt die Werlerin.
Corona im Kreis Soest: Bekannte hat ähnliche Probleme
Auch ihre Bekannte, die wir Sandra H. nennen, hat ähnliche Symptome. Sie wurde Anfang September mit Johnson & Johnson geimpft, wenige Tage später zeigte sie Symptome wie Vergesslichkeit und Kurzatmigkeit. „Ich habe mit zwei Ärzten gesprochen. Sie rieten mir unabhängig voneinander zur Booster-Impfung, weil sie glaubten, die Symptome könnten dadurch gelindert werden. Aber das Gegenteil ist der Fall“, beschreibt Sandra H. Geboostert wurde sie mit Moderna.
„Bei der ersten Betrachtung von Sandra H. habe ich aufgrund der Symptomatik sofort an ein Long-Covid-Syndrom gedacht“, sagt Allgemeinmediziner Stefan Zahedi. Da jedoch auch eine verzögerte Impfreaktion möglich erscheint, hat er seinen Verdacht den Behörden gemeldet, denn gerade bei Impfstoffen gegen Corona müsse man besonders aufmerksam sein, da sie noch neu seien.
Corona im Kreis Soest: Long-Covid-Syndrom
„Wir machen das allgemein aber auch bei allen anderen Medikamenten und Impfreaktionen. Alle Impfnebenwirkungen, die über das normale Maß wie Kopf- oder Gliederschmerzen hinausgehen, werden vorsorglich gemeldet“, erläutert Zahedi. Mit den normalen diagnostischen Möglichkeiten in der Arztpraxis konnten jedoch keine Ursachen für die Symptomatik von H. gefunden werden. „Es könnte natürlich sein, dass die Patientin nach ihrer Impfung unbemerkt an Corona erkrankt ist und keine Symptome gezeigt hat. Aber eine Infektion ist nach der Impfung nicht mehr nachzuweisen, weil die Patientin nun Antikörper gebildet hat“, so Zahedi, doch eine Vermutung reiche für die Anerkennung eines Impfschadens nicht aus.
Aus diesem Grund schickt der Mediziner seine Patientin nun in eine Spezialklinik, um noch einmal alles kontrollieren zu lassen und andere, seltene Ursachen für die Beschwerden ausschließen zu können. Dass die Erkrankten unter diesen Umständen verzweifelt sind und psychisch unter Druck stehen, kann Zahedi nachvollziehen. Er tue sein Bestes und nutze alle Möglichkeiten, um zu helfen.
Corona im Kreis Soest:Verdachtsfälle melden
Verdachtsfälle auf Impfkomplikationen werden dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) gemeldet. Diese seien jedoch keine gesicherten Reaktionen nach der Impfung. „Zu den wichtigen Aufgaben des PEI gehört es, diese Meldungen zu bewerten, um frühzeitig Risikosignale für mögliche sehr seltene, aber schwerwiegende Reaktionen zu erkennen“, erklärt Sprecherin Dr. Susanne Stöcker.
Wichtig sei auch, zu beachten, dass es sich bei Verdachtsfallmeldungen um Meldungen von Reaktionen handele, die in zeitlicher Nähe zur Impfung aufgetreten seien. „Nicht jede Reaktion, die nach einer Impfung auftritt und als Verdacht einer Nebenwirkung oder Impfkomplikation gemeldet wird, ist gleichbedeutend mit von dem jeweiligen Impfstoff verursachten körperlichen Beschwerden. Krankheiten oder Unwohlsein treten auch unabhängig von Impfungen auf“, informiert Stöcker.
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