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Chorverband steht vor dem Aus: Vorstandsmitglieder händeringend gesucht

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Von: Dominik Maaß

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Seit fast 100 Jahren sind die Chöre im Westkreis im Chorverband Haar-Börde organisiert.
Seit fast 100 Jahren sind die Chöre im Westkreis im Chorverband Haar-Börde organisiert (Symbolbild). © dpa

Der Chorverband Haar-Börde sucht händeringend Ehrenamtler, die sich in die Vorstandsarbeit einbringen. Andernfalls droht der fast 100 Jahre alten Vereinigung das Aus. Vorstände der Mitgliedschöre tauschten sich jetzt über die Situation aus und sollen diese Botschaft in ihre Vereine tragen.

Werl – Kassiererin Janina Swoboda wird aus persönlichen Gründen ihr Amt bald niederlegen müssen. Da sich bei der Delegiertentagung im vergangenen Jahr bereits für die Position des zweiten ersten Vorsitzenden niemand gefunden hatte, wäre der Vorsitzende Ulrich Kellner dann „Einzelkämpfer“ im geschäftsführenden Vorstand. Ein satzungskonformes Arbeiten setze aber mindestens drei Vorstandsmitglieder voraus, erläutert Kellner.

Wie die Aufgabenverteilung im Vorstand genau aussehe, könne im neuen Team geklärt werden. Es werde nicht explizit ein Kassierer gesucht. Die Arbeit der Kassenführung könne man notfalls auch an ein Steuerberatungsbüro herausgeben. Das machten auch andere Chorverbände, sagt der Vorsitzende.

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Auflösung oder Fusion

Findet sich niemand, der mitarbeiten möchte, gebe es nur zwei Möglichkeiten, sagt Kellner: „Entweder wir lösen den Verband auf oder wir fusionieren mit Nachbarverbänden wie dem Sängerkreis Arnsberg oder dem Sängerkreis Soest.“

Beim Treffen der Chorvorstände habe man auch überlegt, „ob wir den Verband überhaupt brauchen“, sagt Kellner. Schließlich gebe es auch die Möglichkeit, dass sich Chöre direkt dem übergeordneten Chorverband NRW anschließen. „Doch das bringt nur Nachteile und macht die Wege für alle Beteiligten komplizierter und länger.“

Doch welche Funktionen erfüllt der Chorverband Haar-Börde eigentlich für die Mitgliedschöre? Der Verband ist Bindeglied zwischen den Chören, organisiert Ehrungen und generiert Zuschüsse und Förderungen. Außerdem profitieren die Vereine von günstigeren GEMA-Gebühren und günstigeren Versicherungen. So hätten alle Mitglieder auf dem Weg zu Auftritten und Chorproben bei Unfällen einen Versicherungsschutz, erläutert Kellner. Eine weitere Aufgabe sei die Jugendförderung. So könne zum Beispiel das Programm „Toni singt – sing mit!“ für frühkindliche Musikentwicklung und Singen in den Kitas über den Verband koordiniert werden. „Wenn wir keinen Nachwuchs für die Chöre mehr gewinnen, führt das zu einer gesellschaftlichen Verarmung“, findet Kellner.

Zahl der Chöre deutlich gesunken

Dabei hat sich die Zahl der Chöre im Verband innerhalb der vergangenen Jahre deutlich reduziert, weiß Kellner. Aktuell gebe es noch 16, vor fünf Jahren seien es 33 gewesen. Nicht nur die klassischen Männergesangsvereine hätten aufgegeben, sondern auch Kinderchöre, wie die Chorlibris in Büderich.

Entsprechend kleiner ist auch das Reservoir an Leuten geworden, die sich ehrenamtlich engagieren. „Viele Chöre haben schon Schwierigkeiten, genug Teilnehmer für die Proben zusammen zu bekommen. Wer will da noch Arbeit im Chorverband machen“, sagt Kellner.

Der Chorverband

Der Chorverband Haar-Börde wurde im Jahre 1925 als Sängerkreis Haar-Börde gegründet. Die Mitglieds-Chöre stammen aus Werl, Ense, Wickede, Günne und Scheidingen: Belcanto Höingen, Bilmer TonArt, Cantalino Wickede, CornerStones Wickede, Die Frischlinge Höingen, Gemischter Chor des MGV Hilbeck, Gemischter Chor Liedertafel Wiehagen, Gesangverein St. Antonius Günne, Happy Voices, Heartchor im MGV Cäcilia Lüttringen, MGV Einigkeit Werl, MGV Harmonie Scheidingen, MGV Liederkranz Höingen, Taktvoll im MGV Cäcilia Lüttringen, Vocemotion und Young Generation Höingen.

Quintessenz aus dem „Krisengespräch“ der Chorvorstände sei gewesen, dass sie die Situation in ihren Vereinen noch einmal eindringlich schildern und versuchen, für den Verband zu werben, sagt Kellner. Wer im Vorstand mitarbeiten will, müsse auch gar nicht unbedingt aktiver Sänger sein. „Fußballfunktionäre spielen ja auch nicht alle selbst mit.“ Denkbar sei zum Beispiel auch, dass sich ein kulturinteressierter, pensionierter Lehrer findet, der sich engagieren möchte.

Und die Arbeit mache auch Spaß, weiß Kellner aus eigener Erfahrung. 30 Jahre lang sei er Vorsitzender der Bilmer Tonart gewesen. Als er plötzlich „nur noch“ Ehrenvorsitzender war, habe ihm etwas gefehlt. Seit 2020 ist er deshalb als Vorsitzender im Chorverband aktiv: „Weil mir der Chorgesang einfach am Herzen liegt.“

Delegiertentag am 21. Mai

Die aktuelle Situation sei sicher schwierig, sagt Kellner: „Aber ich bin guter Hoffnung und niemand, der so schnell den Kopf in den Sand steckt.“ Noch ist etwas Zeit. Am 21. Mai ist Delegiertentag. Bis dahin sollten die zwei neuen Vorstandsmitglieder allerdings gefunden sein.

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