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Alu-Kasten kann Leben retten: Autobahnmeisterei setzt auf Anpralldämpfer

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Von: Dominik Maaß

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Per Fernsteuerung kann Straßenwärter Frank Struwe den Anprallschutz hinter seinem Unimog aus- und einklappen, den Richtungspfeil und die gelben Warnleuchten bedienen.
Per Fernsteuerung kann Straßenwärter Frank Struwe den Anprallschutz hinter seinem Unimog aus- und einklappen, den Richtungspfeil und die gelben Warnleuchten bedienen. © Dominik Maaß

Der Name erinnert an einen brutalen Actionheld der 80er-Jahre, der reihenweise Menschen tötete. Doch der mobile Anpralldämpfer „Rambo II“ soll im Ernstfall genau das Gegenteil bewirken: Leben retten. Die Autobahnmeisterei Werl ist die erste in Westfalen, die das Gerät zum Schutz ihrer Fahrer einsetzt.

Werl – Wie gefährlich sein Arbeitsplatz auf der Autobahn sein kann, hat Straßenwärter Frank Struwe in 30 Berufsjahren bereits mehrfach am eigenen Leib erfahren müssen.

Sein schwerster Unfall ereignete sich 2008. Der Werler saß in seinem Unimog und mähte auf der A44 vom Standstreifen aus die Bankette, als kurz vor der Anschlussstelle Soest-Ost ein Lastwagen in sein Fahrzeug raste.

Wie ich da lebend rausgekommen bin, weiß ich bis heute nicht.

Straßenwärter Frank Struwe über seinen schweren Unfall im Einsatz auf der Autobahn

Die Unfallbilder zeigen einen völlig deformierten Unimog. „Wie ich da lebend rausgekommen bin, weiß ich bis heute nicht“, sagt der 51-Jährige. Er habe Glück gehabt, dass er nicht links, sondern rechts saß. Das Lenkrad im Unimog lässt sich für die Arbeiten am rechten Fahrbahnrand entsprechend verschieben.

Struwe lag einige Tage im Krankenhaus. Für die Schwere des Aufpralls kam er aber noch relativ glimpflich mit Prellungen und Schürfwunden davon. In seinem Kopf habe man zudem noch ein Stückchen Kunststoff in „Kommunal-Orange“ von der Fahrerkabine gefunden, erinnert sich Struwe. Heute kann er darüber schmunzeln.

Erstes Gebot: Gegenseitige Rücksichtnahme

Das erste Gebot auf der Autobahn laute „gegenseitige Rücksichtnahme“, sagt Benedikt Kretschmer, stellvertretender Leiter der Autobahnmeisterei Werl. Straßenmeister Frank Struwe ergänzt: „Bei Gelblicht gilt: aufmerksam sein.“ Kretschmer wünscht sich von den anderen Verkehrsteilnehmern, dass sie auf ihrer Spur bleiben, Abstand halten und die Geschwindigkeitsbegrenzungen beachten. Und für Struwe gibt es noch einen lebenswichtigen Hinweis: „Handy aus der Hand!“ Denn wenn er mit 3 km/h auf dem Standstreifen fährt, kann eine Sekunde Unaufmerksamkeit hinter ihm schlimme Folgen haben.

Seit einigen Monaten fährt Struwe nun bereits mit dem neuen Anprallschutz auf die Autobahn. „Es gibt mir auf jeden Fall ein sichereres Gefühl.“ Wenn er mit dem Unimog auf der Standspur Mäharbeiten durchführt oder Büsche und Bäume mit der Astschere kürzt, klappt er den mehr als drei Meter langen, gelben Aluminiumkasten nach unten. Im Inneren befindet sich eine Wabenstruktur. Diese soll bei einem Unfall die Bewegungsenergie aufnehmen.

Schutz auch für andere Verkehrsteilnehmer

Der Aufprall eines 3,5 Tonnen schweren Fahrzeuges bei einer Geschwindigkeit von 80 Kilometern pro Stunde kann so laut Hersteller abgefangen werden. Bei schwereren Fahrzeuge werde zumindest die Wucht des Aufpralls gemindert. Schutz böten die Anpralldämpfer dabei nicht nur für die Mitarbeiter der Autobahnmeisterei, sondern auch für den normalen Autofahrer, sagt Struwe. Schließlich rutschten diese nicht mehr so schnell mit ihrem Wagen unter den Unimog und gegen das hinten am Fahrzeug angebrachte Kontergewicht. Dessen Funktion übernimmt der „Rambo II“ nämlich auch.

Struwe hatte ein ähnliches System vor einigen Jahren bei einer Vorführung von Unimog gesehen und sich danach dafür eingesetzt, dass es in Werl zum Einsatz kommt. Die ersten Erfahrungen seien positiv. Beim Geradeausfahren merke man den Anbau gar nicht, so Struwe. In engen Kurven und bei Anschlussstellen müsse er den langen Hebel hinter dem Fahrzeug aber berücksichtigen, vorsichtiger fahren oder den Kasten hochklappen.

Stückpreis 32.000 Euro

Die Niederlassung Westfalen der Autobahn GmbH will dieses Jahr noch einen weiteren Anprallschutz anschaffen, 2023 sollen fünf weitere folgen, erläutert Benedikt Kretschmer, der stellvertretende Leiter der Autobahnmeisterei Werl. Stückpreis: rund 32 000 Euro. Auf den Landstraßen, bei Straßen-NRW, seien zwei solcher Systeme schon etwas länger im Einsatz.

Kretschmer würde sich wünschen, dass auch der Werler Standort noch einen weiteren Anprallschutz erhält, der auf einem Anhänger montiert ist. So könnte dieser flexibel für weitere Einsatzszenarien genutzt werden.

Wie wichtig die Geräte seien können, zeigt ein Blick auf die Statistik: Von Januar bis Ende August sind bundesweit 25-mal Fahrzeuge auf einen Wagen einer Autobahnmeisterei aufgefahren. Dabei wurden drei Beteiligte verletzt. Der Kasten aus Aluminium könnte bei einem solchen Unfall den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen.

Frank Struwe und Benedikt Kretschmer hoffen aber, dass „Rambo II“ seine wahren Qualitäten nie unter Beweis stellen muss.

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