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Eklat statt Versöhnung: Aussprache bei Bürgergemeinschaft scheitert

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Von: Dominik Maaß

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16 Mitglieder kamen zur Versammlung der Bürgergemeinschaft - fünf von ihnen gingen vorzeitig.
16 Mitglieder kamen zur Versammlung der Bürgergemeinschaft - fünf von ihnen gingen vorzeitig. © Dominik Maaß

Eklat statt Versöhnung: Fünf von 16 Teilnehmern verließen am Samstag vorzeitig die Mitgliederversammlung der Bürgergemeinschaft (BG) – sichtlich verärgert. Zur angesetzten Aussprache über den seit Monaten schwelenden Streit kam es erst gar nicht. Das Tischtuch zwischen den beiden Lagern um den Vorsitzenden Jens Schmigowski und Fraktionschef Siegbert May scheint endgültig zerschnitten.

Werl – Zu denen, die nach nur 45 Minuten das Gesellschaftszimmer der Stadthalle verließen, gehörte auch der frühere Vorsitzende Dieter Riewe. „Ich hatte gehofft, dass eine Befriedung möglich ist. Das Gegenteil war der Fall. Der Vorsitzende hat einen massiven Angriff gestartet.“ Riewe sieht im Fortführen der Streitigkeiten verlorene Zeit. Dabei gebe es so viele politische Themen, die angegangen werden müssten.

Für Riewe, der sich schon länger aus der aktiven Politik zurückgezogen hat, ist die Konsequenz klar: „Ich werde die BG verlassen.“

Neben Riewe gingen auch Fraktionschef Siegbert May, die bisherige zweite Vorsitzende Veronika König, die im Gehen ihren Rücktritt erklärte, Kassiererin Elisabeth May, die sich nicht mehr zur Wahl stellte und Iris Prünte.

Ärger um Gesprächsinhalte

Doch was war eigentlich passiert? Jens Schmigowski hatte die Tagesordnung um einen nicht öffentlichen Punkt erweitert. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit legte er dann offenbar Inhalte aus Gesprächen zwischen May und anderen BG-Mitgliedern offen. Worum es dabei ging, sagte Schmigowski im Nachgang zur Sitzung nicht.

Auch Siegbert May wollte sich nach der Sitzung nicht dazu äußern. Die, die gingen, sahen im Vorgehen Schmigowskis aber offenbar einen Affront. Die Rede war unter anderem von abgehörten Gesprächen und unerlaubten Mitschnitten. Ein Vorwurf, den der BG-Vorsitzende wiederum von sich wies.

Dass die Zeichen nicht auf Versöhnung standen, war gleich zu Beginn der Versammlung deutlich geworden. Siegbert May stellte den Antrag, die geplante Aussprache von der Tagesordnung zu nehmen. „Wenn wir offen sprechen wollen, sollten wir das unter uns machen, nicht in Anwesenheit der Presse“, sagte der Fraktionsvorsitzende. Andernfalls werde er die Versammlung vorher verlassen. Worauf Lothar Pieper fragte: „War dafür nicht im Vorfeld genügend Zeit?“ May erwiderte: „Auf mich ist niemand zugekommen.“ Pieper: „Andersherum aber auch nicht.“

Veronika König verwies darauf, dass mit den Ratsherren Christoph Prünte und Detmar Disselhoff zwei wesentliche Akteure für eine solche Aussprache fehlten. Doch Schmigowski war der Meinung, dass es reichlich ungenutzte Möglichkeiten zur Aussprache gegeben habe und wollte deshalb nicht auf den Tagesordnungspunkt verzichten. Schließlich sprachen sich elf zu fünf Mitglieder gegen Mays Antrag aus. Die Mehrheit war auch deshalb so deutlich, weil vier neue Mitglieder bei der Versammlung teilnahmen, die allesamt dem „Lager Schmigowski“ zuzuordnen sind.

Spende an Verein eingestellt

Wie angespannt das Verhältnis innerhalb der BG ist, zeigte sich auch daran, dass selbst über die Formalitäten wie die Art der Protokollführung diskutiert wurde. Und nach dem Kassenbericht kritisierte Schmigwoski Siegbert May dafür, dass er die sonst üblichen Spenden der Sitzungsgelder an den Verein eingestellt hat. Dabei habe sich doch gerade May darüber bei anderen in der Vergangenheit echauffiert. May bestätigte, dass er die freiwilligen Leistungen aufgrund des Streits im September nicht mehr zahlt. Nachdem er vom Verein Einschreiben mit Rückschein erhalten hat, habe er nicht mehr eingesehen, dass sein Geld für so etwas ausgegeben wird.

Schmigowski: „Mehr als enttäuschend“

Kurz darauf eskalierte der Streit im nicht öffentlichen Teil der Versammlung. Die elf im Saal Verbliebenen wirkten konsterniert. „Es ist schwer, jetzt zur Tagesordnung überzugehen“, sagte Schmigowski. Der Verlauf der Versammlung sei „mehr als enttäuschend“. Er sei weiter gesprächsbereit, wolle die Tür nicht zuschlagen. „Doch wie soll man mit jemandem reden, der nicht mit einem reden möchte“, sagte Schmigowski in Richtung May.

Der Vorstand

Nach dem Rückzug der bisherigen Vorstandsmitglieder Veronika König und Elisabeth May wählte die Versammlung Jan Kranemann zum neuen Stellvertretenden Vorsitzenden und Wilhelm Kranemann zum neuen Kassierer. Da Wilhelm Kranemann vorher Beisitzer war, wurde auch hier eine Nachwahl notwendig. Zu seinem Nachfolger wurde Manfred Niemeyer gewählt. Nicht zur Wahl standen der Vorsitzende Jens Schmigowski, Schriftführerin Sara Kranemann und die Beisitzer Detmar Disselhoff und Christoph Prünte. Laut Schmigowski hat die BG zurzeit 27 Mitglieder, darunter vier Neumitglieder. „Ein Mitglied hat uns leider verlassen.“

Das neue Vorstandsteam der Bürgergemeinschaft (von links): Wilhelm Kranemann, Jan Kranemann, Jens Schmigowski, Sara Kranemann und Manfred Niemeyer. Auf dem Bild fehlen Christoph Prünte und Detmar Disselhoff.
Das neue Vorstandsteam der Bürgergemeinschaft (von links): Wilhelm Kranemann, Jan Kranemann, Jens Schmigowski, Sara Kranemann und Manfred Niemeyer. Auf dem Bild fehlen Christoph Prünte und Detmar Disselhoff. © Dominik Maaß

Lothar Pieper sprach von einer „Zerreißprobe für die ganze BG“ und Heinz Albrecht machte deutlich, dass er kaum mehr Chancen für eine Verständigung mit der Fraktion sieht. Manfred Niemeyer, der zum Beisitzer gewählt wurde, sprach von einem „harten Kampf“, der noch bevorstehe.  Schriftführerin Sara Kranemann wollte hingegen den Blick nach vorne richten. „Ich hoffe auf ruhigere Zeiten.“ Auf ihren Antrag hin verabschiedeten die Mitglieder einstimmig eine gemeinsame Erklärung. Demnach wollen sich die Mitglieder für eine unabhängige und sachdienliche Politik einsetzen. Außerdem stellten sich die Mitglieder demonstrativ hinter den gewählten Vorstand, insbesondere hinter ihren Vorsitzenden.

Kommentar: Echter Wille zur Einigung fehlt

Von Dominik Maaß
Der Streit in der BG ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Längst geht es nicht mehr nur um politische Fragen, sondern um persönliche Anfeindungen. Die bisherige BG ist Geschichte. Verein und Fraktion gehen getrennte Wege. Nicht nur im Internet und bei Facebook, sondern auch im realen Leben. Ein echter Wille, aufeinander zuzugehen, ist auf beiden Seiten nicht erkennbar. Dieser Konflikt ist weder mit Aussitzen, noch mit einem Aufrechnen von Fehlverhalten zu lösen. Dafür bräuchte es die Bereitschaft, einander auch tiefe Verletzungen zu verzeihen. Die fehlt – und das schadet am Ende allen Beteiligten.

Die Vorgeschichte: Streit schwelt bereits seit Monaten

Öffentlich wurden die Spannungen innerhalb der BG, als die Fraktion im vergangenen Herbst politische Gremien umbesetzen wollte. Der Sachkundige Bürger Jens Schmigowski sollte im Planungsausschuss und im Aufsichtsrat der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung durch BG-Fraktionschef Siegbert May beziehungsweise Fraktionsmitglied Christoph Prünte ersetzt werden – gegen Schmigowskis Willen. May begründete dies damit, dass Schmigowski mehrfach ohne Abstimmung mit der Fraktion gehandelt habe. Dieser wies die Vorwürfe von sich.

Die Umbesetzung der Gremien scheiterte letztlich an der Gegenstimme von Grünen-Fraktionschef Thomas Schulte, der der BG-Fraktion vorwarf, die in den Rats-Anträgen formulierte Einstimmigkeit habe es so in der Fraktion gar nicht gegeben. Er berief sich auf BG-Interna, die ihm vorlägen. Die drei Fraktionsmitglieder der BG widersprachen wiederum dieser Darstellung.

Politisch dreht sich der Streit vor allem um zwei Themen: die künftige Ausrichtung der BG innerhalb des politischen Spektrums in Werl und das Verhältnis der Werler BG zu Kreis- und Landesverband. Das zwischenzeitlich gestörte Verhältnis zur Kreis-BG hat sich aus Sicht von Schmigowski wieder entspannt. Wesentlich dazu beigetragen habe eine Satzungsänderung, die es aktiven Mitgliedern der Partei „Freie Wähler“ untersagt, Ämter bei der Kreis-BG zu übernehmen. Aus dem Landesverband sind die Werler hingegen ausgetreten, weil eine Mehrheit – anders als unter anderem Siegbert May – die Gefahr einer Unterwanderung durch die Freien Wähler sah. 

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