1. Soester Anzeiger
  2. Lokales
  3. Werl

Anlieger-Wut nach Knöllchen-Flut: Stadt geht plötzlich gegen Gehweg-Parker vor

Erstellt:

Von: Gerald Bus

Kommentare

„So nicht!“, sagt die Stadt Werl: Autos an der Meisenstraße dürfen nicht teilweise auf dem Gehweg stehen. Dem Fahrer dieses Wagens droht ein saftiges Bußgeld.
„So nicht!“, sagt die Stadt Werl: Autos an der Meisenstraße dürfen nicht teilweise auf dem Gehweg stehen. Dem Fahrer dieses Wagens droht ein saftiges Bußgeld. © Gerald Bus

Das Vorgehen der Stadt gegen die Anwohner der Meisenstraße beim Parken halten die Betroffenen für unverhältnismäßig – vorsichtig ausgedrückt. Von Bußgeldern bis 85 Euro ist die Rede.

Werl - „Das ist Geldmacherei“, schimpft Anwohner Udo Schmidt. Und Nachbar Jürgen Lind unterstellt der Stadt fehlendes Fingerspitzengefühl. Und: „Da wird mit zweierlei Maß gemessen.“

Es ist jede Menge Aufregung entlang der Meisenstraße, seit die Stadt plötzlich ahndete, was vorher jahrzehntelang niemanden juckte. Seit 40 Jahren, schildern die Anwohner, hätten sie oder Besucher ihre Autos zumindest halbseitig auf dem Gehweg geparkt, um mehr Platz auf der Straße zu lassen. Und nie sei dagegen etwas gesagt oder unternommen worden.

Bußgelder in Höhe bis 85 Euro

Bis jetzt. Da flatterten Anwohnern plötzlich Knöllchen ins Haus mit zum Teil saftigen Strafen. Und das nicht nur einmal. Von Bußgeldern in Höhe bis 85 Euro im Quartier ist die Rede.

Schnell wurde gemutmaßt: Jemand müsse der Stadt gezwitschert haben, dass die Meisenstraßler durch die Bank gegen Parkregeln verstoßen. Denn: Es gibt weder ein Schild an der Straße, dass jene Gehwegnutzung zum Parken erlaubt, noch Markierungen. Rein rechtlich ist die Sache also offenbar klar, das habe die Stadt auch deutlich gemacht. Aber die Anwohner sind sauer: „Das Ordnungsamt versteckt sich hinter Paragrafen“, schimpft Lind. Er selber ist von der Misere nicht betroffen, hat er doch ausreichend Stellplätze am Haus. Aber dass die Stadt für Unfrieden in der ansonsten beschaulichen Nachbarschaft sorge, das ärgert den Werler.

Eine Straße weiter ist Parken auf Gehweg erlaubt

Zumal die Regelung aus seiner Sicht gar keinen Sinn mache. Der Gehweg sei breit genug, sodass er auch weiter ungehindert genutzt werden könne. Und das Argument der Stadt wegen fehlender Gehwegbreiten werde doch geradezu ad absurdum geführt, wenn man nur eine Straße weiter schaue: An der Nordstraße gibt es entsprechende Markierungen und Schilder zur Park-Nutzung des Gehwegs, sogar beidseitig. Und der Fußweg dort sei insgesamt deutlich schmaler als der der Meisenstraße, sagt Lind. „Da sind wir wieder bei zweierlei Maß.“

„Absurd“, so die Anlieger: An der benachbarten Nordstraße dürfen Autos teilweise auf dem Gehweg stehen.
„Absurd“, so die Anlieger der Meisenstraße: An der benachbarten Nordstraße dürfen Autos teilweise auf dem Gehweg stehen. © Gerald Bus

Er hat sich auch die Mühe gemacht, sich in der Umgehung umzuschauen. Und siehe da: Ob Plaschkestraße, Langenwiedenweg, Gaugrevestraße, Beringweg, Mellinstraße oder Bahnhofstraße: An etlichen Stellen erlaube die Stadt das Parken auf Teilen des Gehwegs. Nur eben auf der Meisenstraße nicht. „Wer soll das verstehen?“, fragen sich die Anwohner. Zumal die Mitnutzung des Gehwegs dazu führe, dass auf der Straße auch das Müllfahrzeug oder Rettungskräfte durchkommen.

Anlieger fordern nun die Freigabe durch die Stadt

Die Anlieger fordern nun die Freigabe durch die Stadt, sodass sie wie gewohnt parken können. „Ein paar Zentimeter auf dem Gehweg reichen ja schon“, sagt Lind. Zwei Ratsvertreter seien bereits vor Ort gewesen, hätten sich die Klagen der Anwohner angehört – und angekündigt, mal nachzuhorchen.

Das schreibt die Stadt Werl

Das Ordnungsamt war für eine Stellungnahme trotz mehrfacher Anfragen nicht zu erreichen. Es gibt allerdings ein Schreiben der Verwaltung an eine Anwohnerin, die zumindest auf dem südlichen Gehweg die Zulassung der Park-Nutzung beantragt hatte. Dort betont die Stadt, dass Fahrzeuge die Fahrbahn nutzen müssen und ein Abstellen auf dem Bürgersteig „grundsätzlich verboten“ ist – es sei denn, ein Schild erlaubt es. Die Stadt haben sich die Sache vor Ort angeschaut, insbesondere die Restbreite der Meisenstraße, wenn ein Pkw am Rand parkt. 3,05 Meter müssen das sein, gemessen wurden aber sogar vier Meter. Demnach sei die Meisenstraße „breit genug, dass Fahrzeuge, auch Rettungsfahrzeuge und Müllwagen, die Straße passieren können, wenn Fahrzeuge am rechten Fahrbahnrand abgestellt sind“. Allerdings dürfe nur versetzt geparkt werden.

Für Gehwege setzt die Stadt hingegen als Mindestmaß eine „Regelbreite“ von 2,50 Metern an. Die Meisenstraße verfüge über diese Breite; eine Mitnutzung von parkenden Pkw würde die Nutzungsmöglichkeit für Fußgänger einschränken, argumentiert die Stadt. Sie sehe keinen Handlungsbedarf, zumal die Rechte von Radfahrern und Fußgängern als Verkehrsteilnehmer besser geschützt werden müssten. Fazit des Ordnungsamts in dem Schreiben: „Bürgersteige und Radwege sind daher nur für Fußgänger und Radler gedacht und nicht zum Abstellen von Pkw. Aus diesem Grund wurden die Bußgelder für Falschparker gerade bei Verstößen gegen das Verbot des Gehwegparkens auch deutlich angehoben.“ Der Wunsch der Anwohner der Meisenstraße sei daher abzulehnen.

Auch interessant

Kommentare