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Von der Jungsteinzeit in die Moderne

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Von: Dirk Wilms

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Ute und Michael Breemann aus Merklingsen nahmen die Fotos in der Ausstellung unter die Lupe.
Ute und Michael Breemann aus Merklingsen nahmen die Fotos in der Ausstellung unter die Lupe. © Dirk Wilms

„Zukunft braucht Herkunft!“ Unter dieses Motto hatte Ilona Giese, angelehnt an ein Zitat des Philosophen Odo Marquard, ihre Arbeit für eine Fotoausstellung und ein kleines Buch unter dem Titel „Geschichte(n) erleben, Heimat kennen“ gestellt. Die Resonanz war für die Initiatorin überwältigend. Der Seminarraum des Versuchsguts der Fachhochschule Südwestfalen am Dorfrand von Merklingsen platzte fast aus allen Nähten. Der südlichste Ortsteil der Gemeinde Welver mit seinen 68 Einwohnern, war nahezu vollzählig vertreten, um der Fotoausstellung beizuwohnen.

Merklingsen – Ilona Giese, auf Gemeindeebene als Ratsmitglied in den Reihen der Grünen aktiv, zeigte sich nahezu gerührt vom Zuspruch: „Das ist für mich eine ungeheure Bestätigung. Ich sehe, wie Kinderaugen aus den älteren Gesichtern strahlen beim Anblick der Fotos.“ Ob Jung oder Alt, ob Alteingesessener oder Zugereister – sie alle waren fasziniert von den Bildern und den Geschichten, die sich um sie ranken. Bei Kaffee und Kuchen wurde so manch eine Anekdote zum Besten gegeben.

Auch Bürgermeister Camillo Garzen zeigte sich beeindruckt von der Resonanz: „Sie sehen mich selten sprachlos. Denn mit einem solchen Zuspruch hätte ich nicht gerechnet.“ Er lobte die Initiatorin für ihr Engagement. „Es ist wichtig, die Geschichten für die nächsten Generationen festzuhalten. Sonst würden sie irgendwann aussterben.“ Garzen betonte, dass eben auch ein kleines Dorf wie Merklingsen im Südzipfel des Gemeindegebietes seine Geschichte habe.

Das verdeutlichte auch Alexander Baimann. Der Heimatforscher zitierte aus dem Aufsatz über die Merklingser Historie, die er auch im von Ilona Giese gestalteten Büchlein niedergeschrieben hat. So zeigte er auf, dass die Menschen nach der letzten Eiszeit vor 12 000 Jahren in der Börde sesshaft wurden, den Ackerbau entwickelten. So wurden auf dem Stollenkamp, einer nordwestlich vom Dorf gelegenen Feldflur, vor etlichen Jahrzehnten Feuersteinmesser, Gefäßscherben und andere Überreste aus der Jungsteinzeit gefunden.

Laut Baimann dürfte sich in der Zeit der Sachsen im achten Jahrhundert nach Christus die Ortschaft entwickelt haben. Denn darauf weise der Name hin, der auf einen Sachsen namens Marcilo zurückgehen dürfte. Der Schwefer Heimatforscher erläuterte Begriffe wie den Deiwesweg, der auf eine alte sächsische Pilgerroute zurückgehe.

Auch zeigte er auf, dass in der Zeit der Karolinger eine Kapelle in Merklingsen errichtet worden sein muss. So seien 1910 bei Erdarbeiten nahe des Schultenhofes Reste von Grundmauern eines Baus mit halbrunder Apsis entdeckt worden. Heute weise darauf nur noch die alte Flurbezeichnung „Auf dem Kirchhofe“ hin.

Baimann regte an, diesen historischen Ort näher zu beleuchten, vielleicht mittels Radaraufnahmen, um die Kirche rekonstruieren zu können. Auch könnten andere historische Orte mittels Beschilderung sichtbar gemacht werden, wie zum Beispiel an der alten Tiggestelle mitten im Dorf, wo einst die Bewohner zusammenkamen, um über Angelegenheiten wie die Dreifelderwirtschaft und die Dorfallmende zu beraten.

Der Schwefer zeigte auch die Entwicklung der wichtigsten Höfe im erstmals 1250 urkundlich erwähnten n Merklingsen auf, die noch heute das Gesicht des Dorfes prägen. Denn im Unterschied zu manch anderen Ortschaften hat es in Merklingsen nie eine intensive Bautätigkeit gegeben. Reine Wohnbaugebiete sind nie entstanden.

Sehr wohl aber ist in Merklingsen etwas anderes entstanden, was den Namen des Dorfes weit über die Grenzen des Dorfes hinaus bekannt gemacht hat. Denn das Versuchsgut der Fachhochschule ist in der Agrarwissenschaft in aller Munde. Betriebsleiter Steffen Hünnies gab einen Überblick über die Tätigkeiten auf dem Gut, das in 2023 auf drei Jahrzehnte in Merklingsen zurückblicken kann.

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