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Ein Lebenswerk liegt in Trümmern: Haftstrafe für Ex-Bürgermeister

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Von: Daniel Schröder

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Klaus-Theo Rohe räumte die Vorwürfe ein.
Klaus-Theo Rohe räumte die Vorwürfe ein. © Risse

Ex-Bürgermeister Klaus-Theo Rohe wurde wegen beruflicher Verfehlungen zu einer einjährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.

Welver/Werl/Soest – Welvers Ex-Bürgermeister Klaus-Theo Rohe (72) wurde am Donnerstag vor dem Soester Amtsgericht zu einer einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Er hatte als Notar in seiner Werler Kanzlei ein Schenkungsversprechen falsch beurkundet. Als der Ärger darüber seinen Lauf nahm, stiftete er eine Angestellte zur uneidlichen Falschaussage vor dem Landgericht an und machte sich zudem des versuchten Betruges schuldig.

In der rund anderthalbstündigen Sitzung vor dem Schöffengericht wurde deutlich: Das Lebenswerk des Ex-Bürgermeisters (1984 bis 1992) und zweimaligen SPD-Bundestagskandidaten liegt durch die schwerwiegenden Fehler am Ende seiner bis dahin straffreien Juristen-Karriere in Trümmern.

Ein folgenschwerer Freundschaftsdienst

Alles begann am 18. Oktober 2017: Ein langjähriger Mandant Rohes, mit dem sich „ein freundschaftliches Verhältnis“ entwickelt hatte, war schwer an Krebs erkrankt. Nach seinem Tod wollte der Mandant einer Bekannten 139 000 Euro vermachen. Das Schenkungsversprechen sollte notariell beurkundet werden. Doch der Mandant sei zu diesem Zeitpunkt bereits so schwach gewesen, dass er sich nicht mehr in der Lage sah, selbst in der Werler Kanzlei zu erscheinen.

Das Amtsgericht sah es als erwiesen an, dass zum Zeitpunkt der Beurkundung ausschließlich die zu Beschenkende anwesend war. In der Urkunde gab Rohe jedoch an, dass auch sein befreundeter Mandant mit am Tisch saß. Ein Freundschaftsdienst mit gravierenden Folgen. Der Schwindel flog auf. Im Amtspflichtsverletzungsverfahren vor dem Arnsberger Landgericht sollten Fakten geschaffen werden.

Kanzlei-Angestellte lügt wissentlich vor Gericht - und bekommt ein schlechtes Gewissen

Da dem erfahrenen Juristen sein Fehlverhalten bewusst gewesen war, stiftete er eine Rechtsanwalts- und Notar-Fachangestellte seiner Kanzlei dazu an, als Zeugin vor Gericht zu lügen. Die Werlerin sollte am 15. September 2020 Rohes Falschaussage bestätigen und behaupten, dass der Mandant bei der Beurkundung dabei gewesen sei. Doch das hätte Rohes Angestellte gar nicht bezeugen können. Denn: Sie hatte an besagtem 18. Oktober 2017 Urlaub.

Die Zeugin sollte in Arnsberg an einem weiteren Tag noch einmal aussagen, bekam zuvor jedoch ein schlechtes Gewissen. „Ich wusste, dass das falsch war. In einer schriftlichen Stellungnahme an das Landgericht habe ich die Tatsachen richtiggestellt“, sagte sie am Donnerstag. Wegen ihrer Falschaussage war auch sie angeklagt worden. In einem „Deal“ zu Beginn der Schöffengerichts-Verhandlung war ihr für ein Geständnis die Einstellung des Verfahrens gegen sie in Aussicht gestellt worden. So kam sie am Ende gegen eine Zahlung von 1000 Euro an die Staatskasse straffrei davon.

Rohe setzte seine Mitarbeiterin unter Druck

Doch warum hatte sie sich zu der Falschaussage hinreißen lassen? „Zu der Zeit war ich noch für Herrn Rohe tätig. Die Kollegin, die tatsächlich bei der Beurkundung anwesend war, war nicht mehr bei ihm tätig, man ist nicht im Guten auseinander gegangen, sodass er sie nicht als Zeugin hätte benennen können. Ausschlaggebend war ein Gespräch im Vorfeld des ersten Gerichtstermins: Die Klage, die im Raum stand, war im Büro immer wieder Thema. Mir wurde das Gefühl gegeben, dass das ganze Büro und sämtliche Arbeitsplätze auf meinen Schultern lasten würden, wenn ich nicht aussagen würde.“

Folgen der Falsch-Beurkundung: Rohe muss 120.000 Euro aus eigener Tasche zahlen

Die Aufrichtigkeit seiner Angestellten wurde Rohe zum Verhängnis. Vor dem Oberlandesgericht Hamm musste er im Streit mit der geschenklosen Beschenkten letztlich mit einem Vergleich leben. Dessen Ergebnis hatte es in sich: Rohe musste der Frau 120 000 Euro, die ihr durch seine Falsch-Beurkundung entgangen waren, aus eigener Tasche zahlen. Das Geld des mittlerweile verstorbenen Schenkers ging an dessen rechtmäßige Erben. Klaus-Theo Rohe musste seine Altersvorsorge auflösen, um die Summe zahlen zu können. Als Notar darf er aus Altersgründen nicht mehr agieren. Auch von seiner Anwaltszulassung wird er sich nach der Verurteilung verabschieden müssen.

Klaus-Theo Rohe: Sein Lebenswerk liegt in Trümmern

Sein Verteidiger unterstrich: „Es tut ihm außerordentlich leid, die Situation ist schrecklich für ihn. Er hat sein ganzes Leben straffrei verbracht, die Arbeit immer ordentlich gemacht. Jetzt hat er seine Altersvorsorge verloren und nur noch geringste Einkünfte. Es ist eine katastrophale Situation, durch seine Handlung ist er um einen ruhigen und gelassenen Lebensabend gekommen, er macht sich große Vorwürfe. Es wird jetzt ein sehr bescheidenes Leben sein, das er zu führen hat.“ Die Falsch-Beurkundung nannte der Staatsanwalt eine Dummheit. Dass Rohe seine Angestellte zu einer Falschaussage drängte, sei „noch gravierender“ gewesen.

Das Urteil: Eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Strafmildernd waren die finanziellen und beruflichen Folgen. Strafverschärfend wurde hingegen der drohende Schaden und „das Ausnutzen eines Machtgefüges“ und der auf die Angestellte ausgeübte Druck angeführt. Das Urteil ist rechtskräftig.

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