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Bis 2025 sollen vier Dörfer angeschlossen sein

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Von: Dirk Wilms

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Horst Overfeld und Peter Queitsch von der Kommunalagentur NRW, Ömer Aslan und Heiko Gruber vom Ingenieurbüro Fischer Teamplan und Michael Peters von der Gemeindeverwaltung Welver (von links) erläuterten die Vorgehensweise des Kanalbaus in Berwicke und Stocklarn.
Horst Overfeld und Peter Queitsch von der Kommunalagentur NRW, Ömer Aslan und Heiko Gruber vom Ingenieurbüro Fischer Teamplan und Michael Peters von der Gemeindeverwaltung Welver (von links) erläuterten die Vorgehensweise des Kanalbaus in Berwicke und Stocklarn. © Dirk Wilms

Jahrelang bestimmte das Thema die Politik in Welver. Die Entwässerung der Ortsteile Stocklarn, Berwicke, Einecke und Klotingen entzweite die Protagonisten in der Niederbörde. Eine Bürgerinitiative wehrte sich mit aller Kraft dagegen, dass diese vier Dörfer mit einem Schmutzwasser-Kanal an das öffentliche Entwässerungssystem angeschlossen werden, wollte an den Kleinkläranlagen festhalten. Doch aller Widerstand war vergebens; letztlich wurde vor Gericht entschieden, dass sich die Gemeinde dem Landeswassergesetz beugen muss.

Borgeln – Jetzt zeichnet sich ab, dass es allmählich ernst wird für die etwa 800 betroffenen Bürger. Zum einen haben sie in nicht ferner Zukunft mit den Bauarbeiten zu leben, die sich auf und vor ihrem Grund und Boden abspielen werden. Zum anderen sind sie noch viel mehr betroffen, durch die teils fünfstelligen Beträge, die sie aus dem eigenen Portemonnaie zücken müssen. In einer Beispielrechnung wurde den Bürgern aus Stocklarn und Berwicke bei der ersten Infoveranstaltung in der Schützenhalle Borgeln aufgezeigt, mit welchen Kosten zu rechnen ist. In dem Beispiel wurden knapp 12 000 Euro pro Anschluss errechnet. Dabei wurde ein Vier-Personen-Haushalt auf einem 1000 Quadratmeter großen Grundstück zugrunde gelegt. Das kann natürlich stark variieren, wie die Experten deutlich machten.

Die Rechtsprechung sagt, dass sogar 25 000 Euro zumutbar seien, wie Viola Wallbaum von der Kommunalagentur NRW beim zweiten Infoabend mit den Bürgern aus Einecke und Klotingen erklärte. Dies beinhaltet auch die Kanalanschlussgebühren, ein einmaliger Beitrag, den die Gemeinde bezogen auf jedes einzelne Grundstück berechnet. Eine Stundung der Beträge ist denkbar. Eine Verminderung der Kosten für die einzelnen Grundstücksbesitzer wurde durch die Gemeinde Welver dadurch erreicht, dass die Kommune selber die Kosten für die Schächte, Pumpen und die Steuerung auf den Grundstücken übernimmt. Die Eigentümer müssen nur die Leitungen vom Hauptkanal zur Pumpe und von der Pumpe ins Haus bezahlen; letztgenannte haben die Bürger selber zu erstellen, ebenso die Stromversorgung. Die Gemeinde kümmert sich um den Betrieb der Pumpe; der benötigte Strom geht zu Lasten der Eigentümer.

Von der Huer nach Borgeln

Die Maßnahmen sind in zwei Lose aufgeteilt. In Los 1 sind die Kanalarbeiten in den Nachbardörfern Berwicke und Stocklarn zusammengefasst. 226 Berwicker und 178 Stocklarner – so die Daten aus der Einwohnerstatistik im Februar 2022 – entsorgen ihr Schmutzwasser aktuell über Kleinkläranlagen. Das gilt auch für die Bewohner der Bauernschaften Huer und Haselhorst auf halbem Weg zwischen den beiden Dörfern und Borgeln. Und genau hierher wird der Kanal künftig führen. Daher werden auch die Häuser an Huer und Haselhorst angeschlossen, obwohl sie im Außenbereich liegen. Von Berwicke und Stocklarn aus werden die Druckrohrleitungen bis zur Huer geführt, um von hier aus gemeinsam zur Borgeler Linde geführt zu werden, wo sie an der Einmündung der Bördestraße in die Hammer Landstraße auf den bestehenden Kanal treffen. Von hier wird das Schmutzwasser weiter in die Soester Kläranlage geführt.

4000 Meter lang sind die Rohre, die außerhalb der Ortslagen verlegt werden; nur hundert Meter weniger werden in den Dörfern in der Erde verbuddelt. Und zwar in zwei Metern Tiefe. Bei den sieben vorgesehenen Unterquerungen von Gewässern wie dem Soestbach geht es weitere zwei Meter tief hinab. Und zwar in einem Verfahren, das tiefe und lange Baugruben weitgehend erspart, wie Heiko Fischer vom Ingenieurbüro Fischer aus Dortmund erläuterte.

HDD-Verfahren

Das HDD-Spülbohr-Verfahren ermöglicht eine grabenlose Verlegung mit lediglich wenigen gesteuerten Pilotbohrungen. Die Kanäle müssen als Druckrohrleitungen verlegt werden, weil Stocklarn und Berwicke an die 20 Meter tiefer liegen als Borgeln, das Wasser also aufwärts gepumpt werden muss.

Pumpstationen in den Dörfern sorgen für den entsprechenden Druck. Sie werden in Stocklarn nahe der Kreuzung von Stocklarner Straße und Ringstraße sowie in Berwicke an der Einmündung Hüttenstraße in die Berwicker Straße errichtet. Die kleinen Gebäude haben eine Ausdehnung von etwa drei mal vier Metern und beinhalten neben der Technik auch einen Speicher von mehreren Kubikmetern Fassungsvermögen.

Wenn diese Leitungen verlegt sind, werden die Hausanschlüsse mittels der sogenannten Keyhole-Bohrtechnik an die neuen Kanäle angedockt. An den Häusern sind bis dahin eine Pumpe und eine Steuersäule installiert worden. Die Kleinkläranlagen müssen bis zum Tag des Anschlusses an den neuen Kanal weiterlaufen. Ein Einbau der neuen Pumpe in die aktuell vorhandenen Schächte der Kleinkläranlagen sind daher nicht möglich, wie Michael Peters erläuterte. Er ist der Techniker im Welveraner Rathaus.

Keine Gefahr bei Starkregen

Von ihm und Heiko Gruber vom Ingenieurbüro wurden Bedenken einiger Bürger zerstreut, dass bei einem Stromausfall das Schmutzwasser wieder zurücklaufen könnte. Die Speicherkapazität der Pumpstationen könne einen Tag überbrücken. Die Rede ist von gut 126 Litern pro Einwohner pro Tag. Keine Probleme sehen die Experten durch eine etwaige Überlastung des Kanals durch Starkregenereignisse. Denn aus den Dörfern würde kein Regenwasser nach Borgeln transportiert.

In Einecke und Klotingen sind 146 bzw. 298 Einwohner betroffen. Für sie skizzierte Frank Rohde vom Ingenieurbüro M+O Rhein-Ruhr, wie die Vorgehensweise für das 5-Millionen-Projekt aussieht. Demnach wird von dem Pumpwerk südlich von Borgeln die insgesamt 8,2 Kilometer lange Druckrohrleitung in Richtung Einecke verlegt, wo an der Einmündung der Straße Am Birnbaum in den Soestweg die Pumpstation für Einecke gebaut wird.

Die Druckrohrleitung folgt von dort der Einecker Straße, biegt beim Obsthof Korn ab und führt über den Wirtschaftsweg nach Klotingen bis zur dortigen Pumpstation, die neben dem jetzigen Feuerwehrgerätehaus platziert werden soll. In beiden Dörfern werden anschließend die Leitungen in die einzelnen Straßen verlegt, danach die Hausanschlüsse vorgenommen. Dabei wird in Klotingen an der Breiten Straße parallel zur nach Einecke führenden Hauptleitung die Leitung verlegt, die von den Häusern zur Pumpstation führt. Anschließend wird die Breite Strecke mit einer neuen Asphaltdecke versehen.

17 Nachblasstationen

Weitere technische Einrichtungen werden sogenannte Nachblasstationen sein, und zwar insgesamt 17 an der Zahl. Hier wird die Druckluft durch einen Kompressor in die Leitung gepresst, um jegliche Rückstände aus den Leitungen zu entfernen. Denn faulendes Abwasser muss den Experten zufolge unbedingt vermieden werden. Des Weiteren gibt es sechs Revisionsschächte.

Wie in Stocklarn und Berwicke wird die Gemeinde in den nächsten Monaten auf jeden einzelnen Grundstücksbesitzer zukommen, um vor Ort die Positionierung der Pumpe festzulegen. Auch gibt die Gemeinde für jeden Bürger Auskunft, mit welchen Kosten er letztlich zu rechnen hat. In Rechnung gestellt wird der neue Kanal aber erst, sobald er in Funktion ist. Und das kann noch dauern. „Eine zeitliche Abfolge ist noch nicht festgelegt“, machte Michael Peters klar.

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