Der gebürtige Dinkeraner zählte nach dem 2. Weltkrieg zu denjenigen Sängern, die den nach Nazizeit und Weltkrieg darniederliegenden Chorgesang wiederbeleben wollten. Erst standen dem Widerstände der Besatzungsmächte entgegen. Doch nach der Währungsreform 1948 schmetterten die Tenöre und Bässe des MGV wieder ihre Lieder.
Horst Pier-Ribbert hatte kurz zuvor im vorletzten Kriegsjahr sein Abitur gemacht. „Ich wäre dann gern zur Bank gegangen“, nennt er rückblickend seinen Berufswunsch. Daraus wurde aber nichts. Er wurde Maurer, ehe er von der Dinkeraner Wirtin Witteborg adoptiert wurde und deren Mädchennamen Pier seinem Nachnamen Ribbert hinzufügte.
Damit war die Nachfolge auf Hof und Gaststätte gesorgt, wo der junge Horst mit seinen bis zu 30 Gleichgesinnten Woche für Woche dem Chorgesang frönte. Jahre-, wenn nicht gar jahrzehntelang waren Auftritte des MGV Friedrich-Wilhelm nicht aus dem gesellschaftlichen Leben wegzudenken. Pier-Ribbert wirkte als 1. Bass auch in den Jahren mit, als er noch einmal den Beruf wechselte.
„In der Landwirtschaft lautete das Motto ‚Wachse oder Weiche‘“, lässt der 95-Jährige durchblicken, wie er Abschied nehmen musste von Stall und Acker. Stattdessen folgte er dem Ruf von Kultusminister Mikat, wurde ein sogenanntes „Mikätzchen“ als Seiteneinsteiger im Lehramt. Ein Vierteljahrhundert lehrte er an Hammer Schulen.
In dieser Zeit erlebte der MGV Friedrich-Wilhelm Dinker seine Blüte. Unter Chorleiter Georg Dahlke, dem Lehrer und Kirchenorganisten, zählten die Grünkohlessen im Januar und die Stiftungsfeste Ende Oktober zu den Höhepunkten des Vereinslebens. Zu Hause waren die Sänger direkt im Hause von Horst Pier-Ribbert, übten hier und feierten auf dem Saal.
Genau dort hat der rüstige Senior mit seiner Frau Gerda seit geraumer Zeit sein Zuhause, blättert hin und wieder in seinen Aufzeichnungen. Als Chronist hat er bis zum Jahr 2000 alles festgehalten, was den Verein bewegt hat. Auch den nach dem 150-jährigen Jubiläum langsam einsetzenden Niedergang. „Es gab immer weniger Nachwuchs“, schrumpfte der Chor mit den Jahren.
Kurz vor Corona war eine Kutschfahrt zum Maxipark die letzte gemeinsame Unternehmung. Die Teilnahme an einem Konzert in Bremen auf der Haar war das letzte Treffen mehrerer Chöre mit Beteiligung aus Dinker. Dabei wurden etliche Lieder in englischer Sprache zu Gehör gebracht. „Der Bezug zur Heimat ist verloren gegangen“, macht Pier-Ribbert keinen Hehl daraus, dass er davon wenig hält.
2020 kam die Zwangspause. „Danach kamen einige ältere Sänger nicht mehr“, bedauert Pier-Ribbert. So sind nur noch wenige Sänger verblieben. Zuletzt stimmten sie auf den 95. Geburtstag ihres ältesten Mitglieds ein paar Lieder an; auch an diesem Donnerstag kommen sie im Gasthof von Pier-Ribberts Tochter am Hellweg wieder zusammen. Dann werden Lieder wie „Singen ist unsere Welt“, „Musik kennt keine Grenzen“ oder „Geh aus mein Herz“ gesungen, die das Herz von Horst Pier-Ribbert höherschlagen lassen.
Vielleicht können sie die Tradition noch so lange aufrecht halten, dass im nächsten Jahr das 175-jährige Bestehen des Vereins gefeiert werden kann.