Dass der Erhalt dieses über 480 Hektar großen, derzeit noch fast unzerschnittenen Waldgebietes im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen nicht als Wert an sich für die Menschen erkannt wird und die Errichtung von Windrädern im Wald kein Tabu bleibt, ist für die Bürgerinitiative nicht nachvollziehbar.
Die drohenden Gefahren für Flora und Fauna und die Vogelwelt hat dafür Uli Cordes in einer umfassenden Ausarbeitung beleuchtet. Seit mehr als 20 Jahren führt er regelmäßig im Auftrag des Landesamtes für Natur- und Umweltschutz (LANUV) Kartierungen nach den aktuellen Methodenstandards durch. Gründlich hat er die Eingriffsbereiche der einzelnen Anlagenstandorte geprüft und dabei viele kritische Punkte entdeckt. Der Bau der Zuwegungen, die nötige Verbreiterung der Kurven- und Kreuzungsbereiche, die Kranauslegerflächen sowie die Baulager- und Aufstellflächen bedeuten einen erheblichen Eingriff in die Natur und gefährden zahlreiche Quellbiotope und Moorbereiche.
Im betroffenen Gebiet am Rennweg gibt es ein weit verzweigtes Netz von „Siepen, Fließgewässern mit Gehölzsaum, die Uli Cordes als gefährdet ansieht. „Diese unverbauten Bäche sind als naturnahe Bereiche gesetzlich geschützt“, darauf verweist er. Die Nähe zu den enormen Betonfundamenten sieht er als Gefährdung für das Wassereinzugsgebiet an.
Uli Cordes listet in seiner Stellungnahme im Detail auf, wo überall wertvoller Laubbaumbestand gefällt werden muss, um die Arbeits- und Zufahrtsflächen herzurichten. „Da stehen einige richtig dicke Klöpper.“ Auch wenn der Borkenkäfer viele Fichtenbestände zerstört hat und gerade erst die Naturverjüngung oder Nachpflanzung erfolgt ist, so steht doch für die BI außer Frage, dass der nun entstehende neue Wald um ein vielfaches wertvoller ist als die Fichtenbestände, die 150 Jahre lang die forstwirtschaftliche Nutzung prägten und nun in großen Teilen der Vergangenheit angehören – auch wenn allen Klima-Warnungen zum Trotz einige Waldeigentümer doch wieder mit Fichte aufforsten. So ist es für die BI kein Argument, wenn behauptet wird, dass es „keinen Wald mehr gibt, der geschützt werden muss“. Vielmehr gebe es nun eine große Chance, einen Klima-resistenten und viel wertvolleren Wald zu schaffen und an die nächste Generation weiterzugeben. Allein die Entwicklung der Kyrill-Flächen zeigt schon heute, was möglich ist.
Besonders schutzwürdig ist aus Sicht der BI die Vogelwelt. „Dies ist ein faktisches Vogelschutzgebiet“, sagt Uli Cordes – und verweist auf eine Vielzahl vorkommender seltener und zum Teil geschützter Vogelarten wie etwa den gefährdeten Baumpieper oder den Wendehals. Das große Konfliktpotenzial wird besonders deutlich am Vorkommen des Schwarzstorchs, der durch Windräder massiv gestört würde. Mit 14 bis 16 Brutpaaren sei der Arnsberger Wald eines der bedeutendsten Dichtezentren für diesen seltenen Großvogel, so die Bürgerinitiative. Auch die vielfältigen Fledermaus-Habitate sorgen ein hohes artenschutzrechtliches Konfliktpotenzial.
Aus Sicht des Landschaftsökologen hat Uli Cordes die 15 Bauanträge kritisch unter die Lupe genommen und festgestellt, dass die Arbeitsweise einiger Gutachter etwa bei der Biotopkartierung nicht entsprechend den üblichen Standards erfolgt ist, so Uli Cordes. „Ich finde es nicht in Ordnung, wie einige Gutachter gearbeitet haben.“ Auch bemängelt er fehlende Nachweise und Erhebungen. „Es ist ein Unding, dass vieles gar nicht dokumentiert ist.“
Seine große Sorge ist, dass die Genehmigungsbehörde dies nicht antragsnachteilig würdigen kann, da die Fachlichkeit in einer Verwaltung kaum in der benötigten Vielfalt vorhanden sein kann. So befürchtet er, dass die Gutachter der Antragsteller weitgehend freie Bahn haben.
Genau aus diesem Grunde hat Uli Cordes deshalb zu jedem einzelnen Standort seine detaillierten Kritikpunkte ausgeführt. Und er hat festgestellt, dass bei der modifizierten Antragstellung nach der zweijährigen Aussetzung der Antragsbearbeitung bereits einige seiner Kritikpunkte zu einer veränderten Planung geführt haben. Doch dass es auf diesem Wege vielleicht zu Kompromissen kommen könnte, darauf will sich Uli Cordes nicht einlassen. Erfahrungen an anderen Standorten zeigten, dass Auflagen und Einschränkungen, etwa die Nachtabschaltung der Windräder zum Schutz seltener Fledermausarten, nicht dauerhaft erhalten blieben. Es sei „gängige Praxis“, später gegen solche Auflagen zu klagen und dann die Räder doch komplett zu betreiben. So sei wohl vorgesehen, bei Anwesenheit des Schwarzstorchs drei Anlagen von März bis August abzuschalten. Kein Mensch könne glauben, dass solche Anlagen dann wirtschaftlich zu betreiben seien.
Dass am Rennweg überhaupt solche Riesen-Anlagen gebaut werden sollen, sieht die BI als Gefahr an. Bislang gebe es keinen vergleichbaren Windpark mit diesen großen Windrädern. „Wir sind die Versuchskaninchen“, ärgert sich Hubert Struchholz. Für viele Auswirkungen, wie etwa dem Infraschall, gebe es keine Erfahrungswerte. Hubert Struchholz: „Hier wird leichtfertig ein Stück Heimat aufs Spiel gesetzt.“