Für Bürgermeister Thomas Schöne ist am 24. Februar mit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine auch was die Windkraft angeht „eine Zeitenwende eingetreten. Ich habe meine Haltung geändert, nachdem ich acht Jahre gegen Windkraft im Wald gekämpft habe“, sagte er in der Ratssitzung in einer sehr persönlichen Stellungnahme. Er schilderte sein vollzogenes inneres Ringen, das manchmal nur „51 zu 49 Prozent“ betragen habe. „Das wirkt dann wie 100 Prozent. Aber man muss eine Entscheidung treffen und Farbe bekennen“, sei seine feste Überzeugung.
Und das verlangte er als Vorsitzender des Rates am Montagabend auch von seinen Ratsmitgliedern. Vor diesem Hintergrund stellte er die klare Formulierung „Ich bin für die Errichtung von zwölf Windkraftanlagen am Rennweg. Das gemeindliche Einvernehmen der Stadt Warstein wird erteilt“ zur Abstimmung. Nachdem von Dirk Störmann namentliche Abstimmung beantragt worden war, sagte in alphabetischer Reihenfolge jedes befragte Ratsmitglied „Ja“ oder „Nein“. Das Durchzählen am Ende ergab eine 19:16 Zustimmung. Hätten sich nur zwei Ratsmitglieder anders entschieden, wäre die Stadt bei ihrer Ablehnung geblieben. So hatte am 18. Dezember 2018 nämlich ein einstimmiger Ratsbeschluss gelautet, der bislang Grundlage der städtischen Windkraft-Politik war.
Der Kreis Soest hatte nach langwieriger Prüfung aller eingereichten Unterlagen sowie der Durchführung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren mit mehreren tausend Einwendungen der Stadt kürzlich mitgeteilt, dass für 12 der 15 beantragten Windräder wohl die Genehmigung erteilt werde. Sollte die Stadt bei ihrer Ablehnung bleiben, hätte der Kreis Soest das gemeindliche Einvernehmen ersatzweise erteilt. Der Stadt war nunmehr die Gelegenheit eingeräumt worden, ihre Ablehnung zu überdenken.
In einer intensiven Debatte waren zuvor die Argumente ausgetauscht worden. CDU-Fraktionsvositzender Alexander Happe sah eine „beispiellose Energiekrise“. Wolle man Abstand zur Wohnbebauung halten und – wie für ihn nicht immer nachvollziehbar – das Hellwegbörde-Vogelschutz als Tabu betrachten, lande man im Stadtgebiet zwangsläufig im Wald.
SPD-Fraktionschef Bernd Schauten sah „keine andere Chance mehr“ und mutmaßte sogar, dass der Bürgermeister angesichts der veränderten Lage eine erneute Ablehnung formell beanstanden müsse. Dirk Störmann (CDU) hob die große Bedeutung des Waldes für die Natur und schimpfte auf die Grünen. „Man sollte sie lieber die Farblosen nennen.“ Sascha Clasen (Grüne) sah parallel zum Windradbau die große Chance des Waldumbaus und zudem für die Stadt einen „gewaltigen Schritt zur Klimaneutralität. Wir können uns nicht erlauben, dieses Potenzial liegen zu lassen.“ Manfred Weretecki (Linke) sah dagegen ein Zerstören des Waldes. „Wir waren doch Waldhauptstadt und machen daraus nun ein Industriegebiet.“ Gordon Eickhoff (FDP) fürchtete „Warstein wird zur grauen Stadt“, die mit dem Beschluss ihrem eigenen Leitbild widerspreche. Und Jochen Köster (BG) sah im Ringen um 100 Prozent Erneuerbare Energien eine „Lebenslüge der Grünen.“