„Das ist ein amerikanischer Begriff, damit es cool klingt“, meint auch Friseurmeister Kevin Schröder. Es sei vielmehr ein Medienhype als ein echter Trend: „Wir haben so viel Feingefühl, Menschenkenntnis ist erstes Lehrjahr.“ Klar, man lerne in der Ausbildung nicht gezielt Smalltalk, wohl aber Beratungsgespräche und welche Kundinnen und Kunden es gibt und wie man mit ihnen umgeht. Sind sie introvertiert oder extrovertiert? Locker, offen, lustig oder traurig? Die extrovertierten Kunden seien zum Beispiel aufgeschlossenen gegenüber neuen Haarschnitten, unsichere gehen wiederum immer zum selben Friseur, weil sie sich dort sicher fühlen. Dadurch entwickelt man einen geschärften Blick dafür, wer reden möchte und wer nicht, sagt Schröder. Bei „Creativ Hair“ haben sie alles. „Menschen eben“, sagt Anke Schröder. Sie findet aber auch: „Entweder man ist eine Laberkatze oder eben nicht.“ Während Kolleginnen morgens um 7.30 Uhr schon auf 2 000 Wörter kommen, föhne sie selbst zum Beispiel erst einmal lieber Haare und werde dabei wach.
Typische Gesprächsthemen beim Frisieren? Das sei zum Beispiel Privates, erzählt die Friseurmeisterin, und natürlich der Haarschnitt, was gemacht werden soll. „Es darf aber teils auch nicht zu privat sein, wir sind eben Dienstleister“, sagt Kevin Schröder. Es liege auch daran, wie gut man sich kennt, sagt Anke Schröder: „Mit Leuten, die man schon 20 Jahre kennt, quatscht man anders als mit Neukunden.“
„In der Großstadt, in einem vielleicht sehr teuren, sehr exklusiven Laden, da kann ich mir schon vorstellen, dass es da Leute gibt, die das buchen“, sagt sie. In eben solchen, die auch eigene VIP-Bereiche haben. „Das gibt’s hier nicht“, sagt sie schmunzelnd. „Hier sind alle VIP“, betont auch Kundin Ulrike Roderfeld und grinst.
Wie viel gesprochen wird, liege übrigens nicht immer an der Kundschaft: „Bei neuen Sachen werde ich auch ganz stickum“, betont Anke Schröder. „Wenn du jetzt sagst, du willst heute einen ganz kurzen Pixie-Cut, dann muss ich mich konzentrieren, dann kann ich nicht reden. Da mache ich selbst einen Silent Cut.“
Die Wurzeln des „Silent Cut“ liegen in London, in Deutschland wurde der Trend vor allem bekannt nachdem Andrea Siepert-Fichter den Friseurbesuch ohne Smalltalk in ihrem Salon „Wild Hair“ in Berlin-Prenzlauer Berg etablierte. „Bei uns ist die Idee in der Corona-Zeit entstanden, in der sich viele Gespräche nur noch um die Pandemie drehten“, erklärte die Inhaberin gegenüber dem ZDF. „Wir wollten eine Zone der Entspannung schaffen, in der man alle Sorgen vergessen kann.“ Vor allem Jüngere nähmen das Angebot dort in Anspruch.