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Wegen Energiekosten: Siepmann-Hammer in Belecke ertönt jetzt auch in der Nacht

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Von: Reinhold Großelohmann

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Die Nähe zur Bebauung ist in der aktuellen Situation für die Siepmann-Werke ein Problem.
Die Nähe zur Bebauung ist in der aktuellen Situation für die Siepmann-Werke ein Problem. © Daniel Schröder

Der Ukraine-Krieg lässt die Energiekosten steigen. Das betrifft auch die Siepmann-Werke in Belecke. Mit einer Ausnahmegenehmigung schlägt der Schmiedehammer nun auch in der Nacht. Geschäftsführerin Korinna Schwittay schreibt an die Nachbarn.

Belecke – Die Siepmann-Werke sind historisch eng mit dem Ort Belecke verwoben. Das durchdringende Rumsen des Schmiedehammers, der „Herzschlag von Belecke“, ist auch das akustische Zeichen, dass es beim Unternehmen läuft – und die Belecker sich keine Sorgen um Arbeitsplätze machen müssen. Damit der Ukraine-Krieg mit seinen Verwerfungen auf Rohstoffmärkten, Lieferketten und vor allem Energiepreisen aber den Herzschlag nicht ins Stottern bringt, will das Unternehmen erstmals in seiner Geschichte für eine begrenzte Zeit auch in der Nacht produzieren – wohlwissend, dass den Beleckern damit eine Menge zugemutet wird.

Doch vor allem angesichts der Entwicklung der Energiepreise steht das Unternehmen mit dem Rücken zur Wand. Dabei ist der enorme Energiebedarf der Schmiede das größte Problem. Alleine im vergangenen Monat stiegen die Kosten von ursprünglich geplanten 350 000 Euro auf 1,6 Millionen Euro, berichtet Siepmann-Geschäftsführerin Korinna Schwittay. Zwar sei das Unternehmen durchaus im Umgang mit Krisen erfahren, doch diese Größenordnung von Belastungen sei mit den üblichen Maßnahmen nicht mehr in den Griff zu bekommen – auch wenn mit Kunden über Kostenweitergaben nunmehr bereits in einer zweiten Welle nachverhandelt werde.

Große Energieverluste in der Nacht

Große Energieverluste entstehen im Schmiedebetrieb in der Nacht, da die Öfen aus wirtschaftlichen und technischen Gründen nicht stark herunter gefahren werden können. Sie müssen für Stahlverarbeitung auf 1200 Grad erhitzt werden. Das Herunterfahren mache nur beim Stillstand von einigen Tagen Sinn, schildert Korinna Schwittay. Deshalb hat die Geschäftsführerin eine Ausnahmegenehmigung für drei Monate beantragt, bei der nun werktags auch in der Nacht gearbeitet wird – um im Gegenzug dafür an mehreren Tagen hintereinander den Betrieb komplett ruhen zu lassen.

Um Energie zu sparen, soll an Produktionstagen rund um die Uhr gearbeitet werden.
Um Energie zu sparen, soll an Produktionstagen rund um die Uhr gearbeitet werden. © Siepmann-Werke

Die Beeinträchtigung der Nachtruhe für viele Belecker ist Korinna Schwittay sehr bewusst. Doch um den Energiebedarf deutlich zu reduzieren, sieht sie aktuell keine andere Lösung. „Wir verbrauchen in etwa so viel Energie wie das gesamte Möhnetal im Stadtgebiet Warstein zusammen“, macht sie die Dimensionen der Herausforderungen deutlich.

Und sie schildert auch, was die aktuelle Lage für die Siepmann-Werke bedeutet: „Aufgrund der immensen Kostensteigerung bei Energie und Material kämpfen wir um den Erhalt von rund 700 Arbeitsplätzen in der Region: Wir haben Verantwortung für unsere 450 Mitarbeiter und deren Familien sowie für die Arbeitsplätze die direkt oder auch indirekt mit uns verbunden sind.“

Schreiben an Nachbarn

Mit der Bitte um Verständnis wendet sich Korinna Schwittay an die unmittelbaren Nachbarn der Schmiede. In einem gestern verteilten Schreiben heißt es: „Aufgrund der außergewöhnlichen Umstände haben wir erstmalig in der Firmengeschichte die Genehmigung für drei Monate „Not-Nachtbetrieb“ an Werktagen ab dem 11.04.2022 erhalten. Wir werden alles tun, um die Belastung so gering wie möglich zu halten. Im Nachtbetrieb werden schwerpunktmäßig Arbeiten in den Werkhallen ausgeführt. Außenarbeiten, Fahrbewegungen etc. werden so weit wie möglich vermieden. Zudem laufen Überlegungen, wie wir Prozesse so umstellen können, um die Schallausbreitung nachts weiter zu reduzieren.

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