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Warum am Wochenende Italiener in Warstein Wahlkampf machten

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Giandomenico Ventura war am Wochenende zu Gast in Warstein.
Giandomenico Ventura war am Wochenende zu Gast in Warstein. © Ingrid Schmallenberg

Pietrapaolas Bürgermeisterkandidat Giandomenico Ventura war am Wochenende zu Gast in Warstein und machte hier Wahlkampf. Warum das für ihn so wichtig sein kann und wie es um seine Mitbewerberin steht.

Warstein – Es ist kalt in Deutschland. Als Giandomenico Ventura, Bürgermeisterkandidat aus Pietrapaola, am späten Samstagnachmittag in Warstein eintrifft, erwarten ihn frostige Temperaturen. Hemdsärmelig, so berichtet er, sei er in Lamezia ins Flugzeug gestiegen. In Kalabrien beginnt gerade die Touristen-Saison, und da sind strahlender Sonnenschein und Temperaturen um die 30 Grad an der Tagesordnung. Doch er ist nicht in die deutsche Partnerstadt gekommen, um Urlaub zu machen. Der italienische Lokalpolitiker befindet sich mitten im Wahlkampf. Die Stimmen der rund 300 Wahlberechtigten aus Warstein könnten ihm am 12. Juni, dem Tag der Rats- und Bürgermeisterwahl, als „Zünglein an der Waage“ zum Sieg verhelfen.

„Ich möchte hier aber alle treffen – ganz unparteiisch!“ betont er bei einem ersten Gespräch mit dem Begrüßungskomitee, das Michele Vitale in Belecke zusammen getrommelt hat. Der 59-Jährige war bislang Sprecher des scheidenden Bürgermeisters Pietro Nigro und nimmt nun einen Platz auf Venturas Liste ein. Im Falle eines Wahlsieges wird er der Mittelsmann zwischen den Italienern aus Warstein und der Gemeinde in Kalabrien.

In Sieme per crescere

Für diesen Kandidaten hat Giandomenico Ventura eine besondere Überraschung im Handgepäck: Das frisch gedruckte Wahlplakat mit dem Konterfei des Beleckers in Übergröße. Der Schriftzug „IN SIEME PER CRESCERE“, was soviel heißt wie „Zusammenwachsen“, gibt Auskunft über die Inhalte des Wahlprogramms: „Wir möchten die unterschiedlichen Gruppen einigen und zusammen für ein starkes Pietrapaola kämpfen.“ Nach Jahren der Pandemie voller Ängste und Unsicherheiten ist es Ventura eine Herzensangelegenheit, die Lebensqualität seiner Mitbürger zu verbessern und das sowohl auf der wirtschaftlichen als auch auf der sozialen, zwischenmenschlichen Ebene: „Ich möchte den Menschen den Enthusiasmus, die Freude und das Vertrauen in die Institutionen zurückbringen.“ Dabei zählt er auf einen starken Verbündeten: „Die Natur hat uns dieses wunderbare blaue Meer geschenkt, damit können wir arbeiten.“ Wenn der Tourismus floriert, gibt es Arbeit und wo es Arbeit gibt, geht es auch den Menschen gut – davon ist der studierte Betriebswirt überzeugt.

Michele Vitale freut sich über das Wahlplakat, das ihm Giandomenico Ventura mitgebracht hatte.
Michele Vitale freut sich über das Wahlplakat, das ihm Giandomenico Ventura mitgebracht hatte. © Ingrid Schmallenberg

Eine große Hilfe bei der positiven Vermarktung der Naturschätze könnten auch die Bewohner der Partnerstadt Warstein sein. „Je mehr zu uns kommen, umso besser“, stellt Michele Vitale fest. Sein Augenmerk liegt allerdings nicht nur auf dem Tourismus. Der Heimatort seiner Vorfahren ist schließlich zweigeteilt. Wer die steile Serpentinenstraße von Marina di Pietrapaola hinauf kraxelt, lässt das ionische Meer hinter sich und erreicht den alten Ortskern im gebirgigen Landesinneren. Die zwar idyllische aber abgelegene Lage hat zur vermehrten Abwanderung und damit zu sinkenden Einwohnerzahlen geführt. Einige leer stehende Häuser warten also nur drauf, von stressgeplagten, Natur und Einsamkeit liebenden Menschen gekauft zu werden. „Zu einem sehr günstigen Preis“, wie Michele Vitale verspricht: „Wer hier investiert, dem kommen wir gern entgegen, zum Beispiel mit Steuervergünstigungen.“ Natürlich immer vorausgesetzt, dass seine Liste die Wahl gewinnt.

Zum ersten Mal Bewerbung einer Frau

Den Optimismus in dieser Sache konnte Giandomenico Ventura auch seinem potenziellen Amtskollegen in Warstein vermitteln. Im Gespräch mit Bürgermeister Dr. Thomas Schöne vertrat er unter anderem seinen Wunsch, frischen Wind in die bestehende Städtepartnerschaft zu bringen und sie auf eine breitere Basis zu stellen. „Viele junge Menschen möchten uns besuchen, trauen sich aber nicht oder finden nicht den richtigen Ansprechpartner.“

Seiner Mitbewerberin um das Amt des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin gratuliert Ventura zu diesem couragierten Schritt in eine Männerdomäne. Mit Manuela Labonia, die in Warstein von Franco Capalbo unterstützt wird, bewirbt sich zum ersten Mal eine Frau um das höchste Amt in der Gemeinde. „Da gehört schon Mut dazu.“ Er selber werfe jedoch zusätzlich viele Jahre kommunalpolitischer Erfahrung in die Waagschale. Am Ende gehe es aber nicht um persönliche Befindlichkeiten sondern um politische Programme, um zukunftsträchtige Projekte und nicht zuletzt um den gegenseitigen Respekt.

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