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Warsteiner Politik von Windrad-Genehmigungen nicht überrascht

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Von: Reinhold Großelohmann

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Auf der Haar drehen sich bereits viele Räder. Nun dürfte es eine solche Entwicklung auch weiter südlich im Wald geben.
Auf der Haar drehen sich bereits viele Räder. Nun dürfte es eine solche Entwicklung auch weiter südlich im Wald geben. © großelohmann

Der Kreis Soest hat die Errichtung von elf Windrädern im Wald bei Allagen genehmigt. Von der Entscheidung der Kreisverwaltung, die Anfang der Woche fiel, ist die Warsteiner Politik nicht überrascht worden. Sprecher aller im Warsteiner Stadtrat vertretenen Parteien erklärten auf Nachfrage unserer Zeitung, dies so erwartet zu haben. Skeptisch sehen die Kommunalpolitiker allerdings, dass es in Zukunft für den Rat noch weniger Möglichkeiten der Steuerung und Planung der Windkraftnutzung gibt. Allerdings werden auch Chancen gesehen.

Warstein - „Wir wussten, dass es so kommt, es war uns absolut klar“, sagte CDU-Ratsherr Alexander Happe, Vorsitzender der größten Fraktion im Stadtrat. Schließlich habe der Kreis Soest die Stadt Warstein bereits im vergangenen Jahr angeschrieben und angekündigt, dass man die Genehmigung erteilen werde. Der Stadt war daraufhin die Möglichkeit gegeben worden, ihrerseits das „gemeindliche Einvernehmen“ zu erteilen. Hätte man sich geweigert, hätte der Kreis das Einvernehmen ersatzweise erteilt, so Happe. Insofern sei die Aussage von BI-Vorsitzender Hubert Struchholz nicht korrekt, dass der Kreis sich dem Votum der Stadt angeschlossen habe. Mit knapper Mehrheit hatte der Stadtrat seine ursprüngliche Ablehnung des Windpark-Projektes fallen lassen und das gemeindliche Einvernehmen für zwölf der 15 beantragten Windkraft-Standorte erteilt, elf davon erhielten nun die Genehmigung, bei den anderen Standorten wurde sie wegen der Schutzbedürftigkeit des Schwarzstorchs aber auch aus weiteren artenschutzrechtlichen und forstlichen Gründen versagt.

Alexander Happe kann die Entscheidung im gesamten politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmen nachvollziehen. „Irgendwo muss die Energie herkommen“, sagt er. Der Strombedarf werde durch Elektromobilität und des Umschwenkens auf Wärmepumpen „exorbitant ansteigen“, ist er sicher. Bei gleichzeitigem Verzicht auf Kernkraft und der Abkehr von Kohle und Gas bleibe keine Wahl. „Solche Anlagen müssen gebaut werden“, sagt Happe. Konkret vor Ort in der Stadt Warstein hätte er sich gewünscht, dass auf dem Haarstrang mehr Standorte möglich seien, doch dies scheine nicht machbar wegen des Vogelschutzes. Er hat durchaus Sorge, dass es in Zukunft von Seiten der Stadt nur noch wenig Möglichkeiten gibt, auf Planungsverfahren und Genehmigungen Einfluss zu nehmen. Die Stadt müsse versuchen, im Gesprächen die Auswahl von Standorten zu koordinieren. Gemeinsam mit der Bürgerbeteilgung müsse man versuchen, „die besten Lösungen zu finden.“

Dass das Warsteiner Stadtgebiet sich wegen der Höhenlagen für die Windkraftnutzung anbietet, ist ihm schon sehr bewusst. Das zeigten ja auch die vielen Anfragen. Die Stadt müsse dies auch als Chance sehen. „Wir müssen uns überlegen, auch selbst auf eigenen Flächen aktiv zu werden“, so Happe. „Wenn sie eh gebaut werden, wäre es ungeschickt, wenn die Stadt nicht mitmacht. Auch die Allgemeinheit sollte etwas davon haben.“

Dass beim Thema „Windkraft“ ein „Riss quer durch die Stadt Warstein geht“, bemerkt SPD-Fraktionsvorsitzender Bernd Schauten. „Je mehr man nach Süden kommt, desto mehr sind für die Windkraft, im Norden ist man eher dagegen.“ Der langjährige SPD-Fraktionsvorsitzende hebt deshalb auch bei diesem Thema auf die demokratischen Regeln ab, die auch in seiner Fraktion bei diesem Thema gelten und galten. „Wir haben demokratisch abgestimmt - das war‘s“. Und in Zukunft gehe die Frage der Planung und Genehmigung ohnehin an der Stadt und dem Kreis vorbei. „Das ist jetzt alles bei der Bezirksregierung angesiedelt, wir sind gar nicht mehr im Geschäft.“ Und mit Blick auf die Kontroversen vor Ort sei dies ja dann manchmal auch ein Vorteil. Dass die Investoren zu ihren im Vorfeld der Antragstellung gemachten Zusagen stehen, wie Windpark-Geschäftsführer Heinrich-Wilhelm Tölle unserer Zeitung gegenüber gesagt hatte, sieht Schauten „sehr positiv – hoffentlich halten sie ihre Versprechen.“ Die Windkraftnutzung solle auch Vorteile für die Bevölkerung bringen. Schauten: „Wenn wir alles schlucken müssen, sollen die Bürger auch etwas davon haben.“

Die Möglichkeit der Einflussnahme sieht Sascha Clasen als Fraktionsvorsitzender von WAL/Grünen auf Ebene des Regionalrats. „Wir haben definitiv vor, hier steuernd so weit wie möglich einzuwirken“, sagt er. In jedem Fall werde man die „Flächenziele erfüllen müssen“. Darüber hinaus gebe es natürlich Grenzen. Insgesamt sieht er mit den nun erteilten Genehmigungen „einen riesigen Schritt nach vorn für Erneuerbare Energien“. Die Stadt und ihre Bürger müssten und könnten nun auch profitieren. Über Gewerbesteuerzahlungen, Abgaben der Betreiber und Beteiligungen der Bürger müsste man „das Beste für alle herausholen.“ Seine Fraktion habe bereits im vergangenen Jahr den Antrag gestellt, dass die Stadt prüfen solle, selbst in die Energieerzeugung einzusteigen. „Das wird eine gewaltige Aufgabe für die Stadtwerke“, ist Sascha Clasen überzeugt.

Dass die Bundesregierung auf Windkraft und Sonne setzt, bereitet Jochen Köster als Vorsitzender der BG-Ratsfraktion große Bauchschmerzen. Seine Bürgergemeinschaft aber auch er persönlich stünden dem Thema weiter skeptisch gegenüber. „Ich möchte erst ein Gesamtkonzept sehen, zu den Energiemengen, die wir brauchen, ob wir die Enden zusammenkriegen“, sagt Jochen Köster. „Klar, es muss etwas passieren“, erklärt er. „Irgendwo muss es hin, wie brauchen einen Wechsel der Energien.“ Er hat die große Sorge, dass am Ende zuviel auf Windkraft gesetzt wird, und es doch nicht funktionieren könnte. Dabei teilt er die große Sorge des BI-Vorsitzenden Hubert Struchholz. „Wir werden hier wohl verstärkt leiden und irgendwann die 200 Windräder stehen haben.“ Aber: „Wir kriegen‘s aufs Auge gedrückt, da können wir machen, was wir wollen!“ Auf der anderen Seite sieht es der BG-Fraktionschef auch pragmatisch. „Wir werden es hier nicht verhindern können. Und wenn wir schon drunter leiden, sollten die Bürger und unsere Stadt etwas davon haben.“

Linken-Ratsmitglied Manfred Wereteki hebt noch einmal hervor, dass der Warsteiner Ratsbeschluss zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nicht zur Erteilung der Genehmigung durch den Kreis Soest beigetragen habe. „Allerdings haben wir uns so die Möglichkeit genommen, zu klagen“, weist er auf die Konsequenzen hin. „Ob man es gemacht hätte, ist eine andere Frage“, sagt Weretecki, der sich auch darüber ärgert, „dass unser Bürgermeister, der erst so vehement gegen die Windräder war, umgekippt ist“.

Was den Kreis Soest angehe, seien auch dort „alle nicht begeistert“, erklärt Manfred Weretecki. Aber mit Blick auf die Veränderung der gesetzlichen Vorgaben „konnte man nicht anders entscheiden“. Er selbst habe noch die „leise Hoffnung gehabt“, dass durch die formelle Ausweisung eines Nationalparks für den Naturpark Arnsberger Wald eine Windkraftnutzung ausgeschlossen werde, aber das Verfahren schreite zu langsam voran und überdies sei der Windrad-Bau ja „selbst in Naturschutzgebieten möglich“.

Der Linken-Kreisvorsitzende geht zwar nicht von 200 Windrädern aus. Aber 50 seien auch eine erhebliche Last. „Das wird einen Einbruch bei den Zahlen für den Tourismus geben. Denn wer will in einem solchen Wald spazieren gehen?“ Dass der Vogelschutz auf der Haar nunmehr für Windparks im Wald sorgt, versteht er nicht. „Die schützenwerte Vielfalt ist dort doch viel größer.“ Außer Frage steht für ihn, dass die Stadt Warstein nun auch mitverdienen soll. Er sei auf die Betreiber des Rennweg-Windparks gespannt. „Ob es eine wirklich Partnerschaft gibt, oder ob sie uns nur die Brotkrumen hinwerfen.“

Für die Warsteiner FDP, die mit Gordon Eickhoff im Rat vertreten ist, erklärte Martin Wienert, dass man der Windkraft „mit größten Bedenken entgegensieht“. Es beschleiche sie das Gefühl, „dass dem Klimaschutz offensichtlich alles und jedes unterzuordnen ist.“ Es sei ein „emotional aufgeladener Klima-Hype entstanden, dem sich offenbar auch unsere Lokalpolitiker aus der CDU und natürlich von den Grünen nicht entziehen wollen“, gibt er Vertretern der heimischen Politik eine Mitverantwortung. „Wir Freien Demokraten schließen uns diesem Aktionismus nicht an. Wir wollen keine Symbolpolitik, sondern tragfähige Lösungen“. Weiter heißt es in der Erklärung: „Deshalb empfiehlt es sich, einmal einen Schritt zurückzutreten und das Klimaproblem von seiner globalen Seite her zu betrachten. Dann wird schnell klar, dass das Weltklima weder in Deutschland gemacht wird, noch von Deutschland aus überhaupt beeinflusst werden kann.“

Martin Wienert: „Für die FDP-Warstein ist klar, dass ein Windkraftausbau in der Stadt Warstein unter den gegebenen Vorzeichen der falsche Weg ist. Wir wollen nicht nur vorgeben, unsere Heimat zu gestalten, wir möchten sie vor allem auch erhalten.“

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