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Warsteiner Ehepaar wird beinahe Opfer von „Enkeltrick“: Schock über besonders perfide Masche

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Von: Reinhold Großelohmann

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Der Warsteiner griff sofort erneut zum Hörer und informierte die Polizei.
Der Warsteiner griff sofort erneut zum Hörer und informierte die Polizei. © Großelohmann, Reinhold

Der „Enkeltrick“ ist längst ein Begriff. Doch mit einer besonders perfiden Masche versuchten es Unbekannte jetzt bei einem Warsteiner Ehepaar. Sie erzählten am Telefon, die Tochter habe eine schwangere Frau angefahren.

Warstein – Der Schock sitzt tief. Und noch immer ist dem Warsteiner Senior anzumerken, wie sehr ihn das Geschehen aus der vergangenen Woche mitgenommen hat. Dabei ist am Ende alles gut gegangen. Irgendwie hat er nach dem Schock-Anruf doch kühlen Kopf bewahren können und ist gemeinsam mit seiner Frau kein Opfer dieser besonders perfiden Form des „Enkeltricks“ geworden.

Die Mahnungen der Polizei hatte er immer wieder in der Zeitung gelesen. Und ihm war auch durchaus bewusst, dass sein Seniorenhaushalt in das Opfer-Muster der Betrüger passt. Dass es dennoch passiert lässt es ihm im Rückblick noch kalt den Rücken hinunter laufen.

Tochter habe in Aachen schwangere Frau angefahren

Seine Frau war gegen Mittag ans Telefon gegangen, und musste die dramatische Geschichte hören. Die Tochter habe in Aachen eine schwangere Frau angefahren, die Staatsanwaltschaft ermittle, prüfe, ob es sich um Mord oder Totschlag handele. Die Tochter sei in psychisch schlechter Verfassung und der Herr mit der sonoren Stimme wies auf eine Suizidgefahr hin. Das Schlimmste dabei: Während des Telefonates sei im Hintergrund immer das Schluchzen der Tochter zu hören gewesen. Und ihre Stimme: „Hilf mir Mama, ich habe jemanden totgefahren!“ Die Forderung kam dann fast schon beiläufig, als die Seniorin fragte, was sie denn von Warstein aus tun könnten. Angesichts der Schwere der Vorwürfe würden 200 000 Euro als Kaution benötigt, nicht per Überweisung, sondern lieber in bar. Möglich sei die Zahlung in Goldbarren oder Schmuck.

Während die schockierte Ehefrau am Telefon völlig perplex wahr, hatte der 87-Jährige die Ahnung, dass etwas nicht richtig sein könnte – insbesondere angesichts der genannten extrem hohen Summe. Er versuchte zunächst parallel zum telefonat per Handy seine Tochter zu erreichen, was nicht klappte, und wählte dann den Polizeinotruf 110. „Legen Sie sofort auf!“ mahnte die Polizeibeamtin – und so geschah es. Kurze Zeit später hatte das Paar die völlig unversehrte und ebenfalls perplexe Tochter am Apparat. Und auch die Polizei stand schon vor der Tür und nahm die Anzeige auf, bestätigte, dass das Handeln des Mannes sehr vernünftig gewesen sei.

Privatleben offenbar vorher ausspioniert

Was den Senior besonders schockiert, ist die Tatsache, dass ihr Privatleben offenbar zuvor ausspioniert wurde, wie zum Beispiel der Wohnort der Tochter. Auch ist er mit seiner Frau überzeugt, dass das Schluchzen der Tochter, ihre Wortwahl und ihre Stimme haargenau wiedergegeben wurden. Er will nicht ausschließen, dass hier private Gespräche im Vorfeld angezapft wurden.

Bis heute ist er nicht sicher, ob er nicht selbst auf diese besonders perfide Art des „Enkeltricks“ hereingefallen wäre, wenn er und nicht seine Frau am Hörer gewesen und das vermeintliche Schluchzen der Tochter gehört hätte. Und: „Bei einer kleineren Summe hätte es mir in den Fingern gekribbelt.“ So konnte er neben seiner Frau einen kühlen Kopf bewahren. Die Warnung aber möchte er an alle möglicherweise in Zukunft betroffenen Mitbürgerweitergeben. Wie die Polizei es sage: Die Gefahr, am Telefon betrogen zu werden, bestehe jederzeit. „Hier bei uns in Warstein!“

Fremde Stimme? Legen Sie sofort auf!

Die Gefahren gerade für ältere Menschen, die von solchen Telefonbetrügereien ausgehen, sind der Polizei bewusst. Deshalb der klare Appell von Polizei-Pressesprecher Wolfgang Lückenkemper: „Wenn eine fremde Stimme anruft: Legen Sie sofort auf!“ Jede Woche gebe es im Kreis Soest ein Dutzend solcher Vorfälle, bei denen anschließend von Betroffenen Anzeige erstattet würde. Wobei es sicher noch eine große Dunkelziffer gebe. Und etwa einmal pro Woche passiere es auch, dass jemand zahlt – oft eine große Summe. Aber es sei kaum möglich, an die Hintermänner zu klommen. „Die lassen sich immer was Neues einfallen und arbeiten mit den perfidesten Mitteln.“ Immer häufiger geschehe dies auch per WhatsApp, dann würden zuweilen auch Jüngere als Opfer ausgewählt.

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