Schon letzte Woche Montag ist es ihr komisch vorgekommen, als „so ein junges Mädchen wegen Umweltschutz“ an der Tür geklingelt hat. So begeistert sei sie von den Katzen gewesen, hatte erzählt, sie sei Studentin, komme aus Leipzig und wohne mit ihrer Gruppe zwei Wochen in einem Hotel, 20 Minuten entfernt. „Die sah gar nicht aus wie eine Studentin“, sagt Gisela Hesse entrüstet. Tags darauf sei sie mit einem Freund wiedergekommen und wollte zu den Katzen. Auf die Antwort „die sind nicht da“, habe sie gefragt, wo sie denn hingehen, wenn sie nicht da sind. Aufs Feld, hatte Gisela Hesse geantwortet und sich über das komische Verhalten der jungen Dame und ihren Anhang gewundert: „Bei den beiden hatte ich ein schlechtes Gefühl.“
Übers Wochenende war die rüstige Rentnerin dann im Urlaub und als sie am Sonntag wiederkam, hatte Nala sich riesig gefreut. Sie hatte sich an ihre Beine gekuschelt, ließ sich streicheln und war ganz glücklich, ihre Gisela wieder zu haben. Um kurz vor neun stand sie dann an der Tür, Gisela Hesse ließ sie raus – und sah ihr Fellknäuel nie wieder. „Um zwei Uhr nachts höre ich Mama noch rufen“, erzählt Hesses Tochter Simone Schader. Seit Tagen suchen sie das Tier, haben in der Nachbarschaft und über Facebook gefragt. Niemand hat sie oder etwas Verdächtiges gesehen.
Seit sieben Jahren lebt Nala schon bei den beiden. Als sie ein Jahr alt war, kam sie aus Bulgarien zu den Nachbarn und als die wegzogen, blieb Nala in der Nuttlarer Straße in Suttrop und zog zunächst bei Simone Schrader und ihrem Lebensgefährten ein. Ihren Schlafplatz hatte sie auf dem Meerschweinchenkäfig und als die Meerschweinchen nicht mehr da waren, zog es sie zu Gisela Hesse ins Haus nebenan. „Ich wohne seit 36 Jahren hier und hatte immer Katzen“, erzählt die 80-Jährige. „Bestimmt 30 Katzen hatte ich, alle zugelaufen.“ Ihre älteste hatte sie 22 Jahre, sie ist vor anderthalb Jahren gestorben – und jetzt ist mit Nala auch die letzte Katze weg, die bei ihr lebt. Anton, Maxi, Johnny, Fritzchen und Pippilotta leben derweil nebenan bei Simone Schrader und ihrem Lebensgefährten. Aber das tröstet die Katzenliebhaberfamilie über den Verlust von Nala natürlich nicht hinweg. „Sie war ein Familienmitglied.“
Simone Schrader befürchtet, dass es vielleicht Katzenfänger waren, die Duftstoffe unterm Auto hatten, die selbst schüchterne Tiere wie Nala anlocken – um sie einzufangen und dann daraus Rheumadecken zu machen. „Das tut mir wirklich leid“, betont ihre Mutter Gisela Hesse immer wieder. „Wer weiß, was passiert ist. Das überlegt man den ganzen Tag. Wenn sie wirklich zu welchen gekommen ist, die ihr das Fell über die Ohren ziehen, dann... Wir können nur hoffen.“
Auch in Soest verschwinden Katzen von jetzt auf gleich spurlos: Schon Anfang Juli wurden dort im Tierheim 18 Katzen als vermisst gemeldet, berichtete Leiterin Birgit Oberg. Wer auch seine Katze vermisst oder verdächtige Beobachtungen gemacht hat, kann sich an das Soester Tierheim unter Telefon 02921/15241 wenden. Verdächtige Beobachtungen können auch bei der Polizei unter 02921/91000 gemeldet werden. „Normalerweise verschwinden im gesamten Kreis Soest eine oder zwei Katzen pro Woche.“ Dass 18 Katzen in weniger als einer Woche allein in Soest plötzlich nicht mehr da sind, versetzte die engagierte Tierschützerin in höchste Alarmbereitschaft.