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Sommerrodelbahn, Renaturierung, Musik-Festival? Was in Zukunft im Warsteiner Steinbruch möglich sein soll

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Von: Alexander Lange

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Die Teilnehmer des „Großen Arbeitskreises“ beim gemeinschaftlichen Gruppenbild nach dem Erstellen des Folgenutzungskonzeptes.
Die Teilnehmer des „Großen Arbeitskreises“ beim gemeinschaftlichen Gruppenbild nach dem Erstellen des Folgenutzungskonzeptes. © Stadt Warstein

Über drei Jahre hat sich ein Arbeitskreis mit der Folgenutzung für den Warsteiner Steinbruch auseinandergesetzt. Was sie sich dort vorstellen könnten und wie die Ideen umgesetzt werden könnten, was das gleichzeitig für Trinkwasser und Natur bedeutet.

Warstein – Drei Jahre hat es gedauert, 30 Seiten ist es dick. Und es bietet eine hoffnungsvolle Perspektive für die Nutzung der Warsteiner Steinbrüche und ein mögliches Ende der jahrzehntelangen Interessenkonflikte. Der „Große Arbeitskreis“, unter anderem besetzt mit Steinbruchunternehmern und Wasserversorgern, Initiativen und Naturschutzverbänden, Vereinen, Brauerei, Politik und Verwaltung, hat ein Folgenutzungskonzept für den Kalksteinabbau veröffentlicht; basierend auf dem Städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK), das bereits im Herbst 2018 einstimmig beschlossen wurde. Beraten wird über das Folgenutzungskonzept jetzt im Stadtentwicklungsausschuss (23. August, 18 Uhr, Rathaus-Bürgersaal und anschließend im Rat (29. August, 18 Uhr, Bürgersaal), damit im Anschluss die Arbeitskreisakteure eine Ergebnisvereinbarung unterschreiben können.

„Die Erarbeitung war ein aufwendiger Prozess, inhaltlich wie zeitlich“, so Bürgermeister Dr. Thomas Schöne: „Man kann fast sagen: Was lange währt, wird endlich gut. Aber hier wurde eine Grundlage für Generationen geschaffen, das ist eine riesige Chance für die Stadt Warstein.“ Denn im Kern geht es darum, was mit den Warsteiner Steinbrüchen in Zukunft passieren soll oder kann. Aufgeschlüsselt ist das Konzept in fünf Kernabschnitte der zukünftigen Steinbruchnutzung. „Natur auf Zeit“, „Erholung“, „Kultur“, „Gewerbe“ und „Landwirtschaft“. Der Steinbruch wird rekultiviert, umgenutzt, ohne dem Steinabbau einen dauerhaften Riegel vorzuschieben. Alles temporär. Aber alles im Sinne des bestmöglichen Trinkwasserschutzes. Voraussetzung dafür sei aber auch eine zügige Ausführung der genehmigten Abgrabungen.

Natur auf Zeit

Ziel ist, das gesamte Gebiet von rund 270 Hektar Fläche nach Beendigung des Steinabbaus zu rekultivieren, der Tier- und Pflanzenwelt wieder Einzug zu gewähren. Nicht als Dauerlösung, sondern „auf Zeit“, um eben eine spätere Wiederaufnahme des Steinabbaus grundsätzlich zu ermöglichen. Dann natürlich nur unter sachlichen und fachlichen Voraussetzungen. Eine Ausweisung als Naturschutzgebiet soll es daher ebenso nicht geben. Klar sei dann auch, dass sich Tiere oder Pflanzen im rekultivierten Steinbruch niederlassen werden, die bei einer Abbau-Wiederaufnahme nicht einfach entfernt werden könnten. Hier soll eine Liste der relevanten Arten und deren Ansprüchen erstellt werden. Ziel seien günstige Erhaltungszustände. Die langfristige Pflege dieser Flächen sei dann Gemeinschaftsaufgabe.

Erholung

Doch nicht nur die Natur soll sich im Steinbruch erholen, auch die Bevölkerung soll profitieren. So soll das Steinbruchgebiet an das vorhandene Wege- und Wanderwegenetz angeschlossen werden – unter anderem in Richtung Bilsteintal, zum Radweg „Steine und Mehr“ und zur „Sauerlandwaldroute“. Passend zur Nähe des Trailparks am Tüppel könnte der Steinbruch zur Erweiterungsfläche werden. Als Freizeitgebiet für Mountainbiker aus Warstein und Umgebung. Gleichzeitig äußert die Stadt Warstein im Folgenutzungskonzept die Idee einer Sommerrodelbahn, die wäre im Bereich des Steinbruchs „Hohe Lieth“ denkbar. Hinzu kämen mögliche Freiluftausstellungen, Wanderwege und Bildungsangebote mit Spiel und Information.

Dass die Steinbrüche eine hohe Attraktivität für Kletterer ausweisen, ist kein Geheimnis. Das bestehende Klettergebiet „Hillenberg-West“ könnte aufgewertet werden, das Klettergebiet im Steinbruch „Hohe Lieth“ neu erschlossen, passend mit Aufenthaltsgebäuden, Toilettenanlagen und Co.

Kultur

Das aktive Erleben sollen die Steinbrüche möglich machen, genauso aber auch kulturelles Genießen. Großveranstaltungen in der Steinbruchkulisse? Denkbar. Die nötige Infrastruktur bieten beispielsweise die benachbarten Montgolfiade-Parkplätze, so könnten im Steinbruch zukünftig Musikfestivals, Freiluft-Festspiele oder Open-Air-Kinos stattfinden.

Gewerbe

Wo aktuell die Aufbereitungsanlagen der Firma Westkalk stehen, werde eine gewerbliche Folgenutzung nach Beendigung des Steinabbaus angestrebt, heißt es im Folgenutzungskonzept.

Landwirtschaft

Im südwestlichen Bereich des Steinbruchs „Hohe Lieth“ wurde in der Vergangenheit bereits eine landwirtschaftliche Fläche im Zuge der Rekultivierung angelegt. Hier soll die weitere Nutzung bestehen bleiben.

Neben den fünf Kernabschnitten geht es im Folgenutzungskonzept beispielsweise auch um Freiflächen-Photovoltaikanlagen, Maßnahmen zum Immissionsschutz, Landschaftsgestaltungen durch Insektenlebensräume und Streuobstwiesen beispielsweise oder Aussichtspunkte und Informationstafeln für Touristen.

Das wird aber nicht gleich mit der Unterschrift der Arbeitskreis-Teilnehmer in die Tat umgesetzt. Das aufgeführte Folgenutzungskonzept ist lediglich eine Absichtserklärung, ein Vorschlag oder eine Idee, die aus den intensiven Treffen des „Großen Arbeitskreises“ sowie des „Kleinen Arbeitskreises“ aus Fachleuten und Experten entstanden ist.

Und für die Umsetzung dessen stehen Teilflächen kurz- (in den nächsten fünf Jahren), mittel- (in den nächsten 10 Jahren), teilweise aber auch erst langfristig (mehr als 10 Jahre) zur Verfügung.

Gestartet würde auf etwa 1,2 Hektar der Grundsohle des Hillenbergs und einem Hektar der Kupferkuhle, wo dann auch Erfahrungen mit dem Einbau der neuen Deckschichten zum Trinkwasserschutz gesammelt werden sollen. Um die Gefährdung für die Hillenbergquelle zu reduzieren, wird der östlich angrenzende Bereich Hillenberg und Kupferkuhle/Morgensonne als Pilotfläche für die Rekultivierung und Folgenutzung ausgewählt. Ziel sei dort die schnellstmögliche temporäre Beendigung des Steinabbaus. Nach Rekultivierung und Deckschichten sei durchaus eine Beweidung der Flächen denkbar.

„Die Praxis wird es dann zeigen“, kommentiert Schöne, wie konkret das Folgenutzungskonzept wird: „Und es wird sicherlich Diskussionen geben. Aber es ist ein Erfolg der anfangs so weit auseinanderliegenden Interessen.“

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