Und dann?
2016 war ich damit fertig und habe dann direkt an der Uni Bremen eine Stelle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter nach der Promotion erhalten. Dort war ich die vergangenen 6,5 Jahre beschäftigt - als Forschender und Lehrender. Im Mittelpunkt standen die Themen Krieg und Sozialpolitik.
Wie kommt es nun zu der Rückkehr nach Warstein?
Ich habe die ganze Zeit schon in Belecke gewohnt, das Meiste im Homeoffice erarbeitet, war nur einen Tag in der Woche in Bremen. Ich hatte noch drei Jahre Vertrag in Bremen, aber an den Unis ist es immer eine Schwierigkeit mit den befristeten Arbeitsverträgen, darauf hatte ich keine Lust mehr. Und dann habe ich im Internet die ausgeschriebene Stelle des Stadtarchivars gefunden und mich beworben, obwohl ich kein ausgebildeter Archivar bin und Archive eher aus der Besucherperspektive kenne.
Ihre Stelle ist eine besondere. Sie sind nicht nur Archivar der Stadt Warstein, sondern genauso der Stadt Rüthen.
Richtig, eine Woche arbeite ich zwei Tage in Warstein und drei Tage in Rüthen, in der folgenden Woche drei Tage in Warstein und zwei Tage in Rüthen. Gleiches macht mein Kollege für Anröchte und Erwitte. Das ist schon ein Pilotprojekt in der interkommunalen Zusammenarbeit, aber eine gute Sache. Hätten wir das nicht, wäre es vielleicht schwierig geworden, eine Stelle für den Archivar zu schaffen.
Als Belecker kennen Sie die Stadtgeschichte vermutlich schon gut. Aber Archivar ist noch einmal etwas anderes als Hobbyhistoriker, richtig?
Schon, ja. Die Grunddaten kenne ich natürlich. Aber die Menschen, die hier seit Jahren Heimatgeschichte betreiben, die haben noch einen großen Wissensvorsprung. Viele denken: Wer Geschichte studiert, der weiß alles. Aber das geht natürlich nicht (lacht). Auch ich muss mir noch einiges anlesen. Und die Hauptaufgabe des Stadtarchivars ist es nicht, Heimatgeschichte zu betreiben. Auch, aber nicht primär. Hauptaufgabe ist, das Schriftgut der Verwaltung und des gesamten kulturellen Lebens zu bewahren, zu sichten und zu bewerten. Es geht um die Sicherung und Aufbewahrung für die Zukunft. Im Grunde macht man alles, da man hier alleine ist. Dazu gehört auch die Aktenaufbereitung, Umbettung in säurefreie Kartons, Verzeichnung, Signaturenvergabe und und und. Darüber hinaus ganz besonders wichtig: Die Bearbeitung von Archivanfragen von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Behörden.
Sie wollen auch Ansprechpartner sein.
Das ist eines meiner Ziele: Ich möchte, dass das Archiv mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt wird. Weil ich glaube, dass viele Warsteinerinnen und Warsteiner gar nicht wissen, dass es ein Archiv gibt und was da drin ist. Denn das Archiv ist ein Stückweit das kulturelle Gedächtnis einer Stadt. Und da ist mir der Austausch mit der Bürgerschaft wichtig.
Wie kann man das denn schaffen?
Das geht nicht von jetzt auf gleich. Auch ich muss mich erst einmal einarbeiten und auch eine gewisse Ordnung hineinbekommen. Aber es wichtig, auf die Menschen zuzugehen, so wie mit diesem Interview. Ein großer Dank geht dabei auch meinen Vorgänger Herrn Kaja, der mich hervorragend in das Stadtarchiv eingeführt hat.
Da spielt auch die Raumfrage eine Rolle. Denn momentan ist das Stadtarchiv überall ein bisschen untergebracht.
Im Haus Kupferhammer sind die Akten schon gut archiviert. Hier erhält jeder gerne Einsicht. Langfristig wäre eine Lösung für die Raumfrage aber wichtig. Es muss kein Archivneubau sein. Das Wichtigste ist, dass genügend Platz zur Verfügung steht. Denn ein Archiv wird eher immer mehr als weniger über die Zeit. Ein optimales Archiv ist dreigeteilt: Ein Magazin, wo die Archivalien lagern. Ein Benutzerraum, wo die Nutzer Akten einsehen und forschen können. Und ein Büro für den Archivar. Möglichst feuergesichert, ohne heftige Sonneneinstrahlung, ohne Feuchtigkeit. Das wäre langfristig schon wünschenswert, wenn solche Räumlichkeiten gefunden würden. Und es braucht natürlich eine gewisse Deckentraglast. Aber diese Anforderungen machen es nicht leicht, ein Gebäude zu finden.
Was ist die Herausforderung der Zukunft in der Archivarbeit?
Die Digitalisierung. Und das in zweierlei Hinsicht: Das, was man schon hat, digitalisieren, damit es Nutzer beispielsweise im Internet einsehen können. Das Stadtbuch ist dafür ein gutes Beispiel. Gerade bei so alten Archivalien ist das wichtig, damit sie nicht so oft angefasst werden. Dadurch werden sie nicht besser. Aber auch die Verwaltung produziert viele digitale Daten. Und da wird die Herausforderung sein, wie ich das digitalisiere – nicht nur für die Stadt Warstein, sondern für alle Archive.
Gibt es „Lieblingsgeschichte“, die Sie in Warstein haben? Als Belecker der Sturmtag zum Beispiel?
(Lacht). Da wäre es schwierig, etwas herauszugreifen. Aber ich glaube es wäre wichtig, für die Stadt Warstein eine wissenschaftliche Stadtgeschichte zu schreiben. Da ist aber auch etwas in der Pipeline. Das wäre die Grundlage für weitere Einzelaspekte. Man braucht das große Ganze, um dann in weitere Einzelaspekte zu gehen. Und ich will mich auch aus der Heimatgeschichte gar nicht herausziehen. Ich denke, dass ich dort auch meinen Hut in den Ring werfen werde. Es gibt hier im Stadtarchiv schon wirklich tolle Quellen.