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In Warstein und Rüthen: Bereits 330 Kirchenaustritte im ersten Halbjahr 2022

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Von: Alexander Lange

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Die Zahl der Kirchenaustritte in Warstein und Rüthen steigt weiter.
Die Zahl der Kirchenaustritte in Warstein und Rüthen steigt weiter. © Alexander Lange

Die katholischen und evangelischen Kirchen verlieren weiter an Mitgliedern. Ein Trend, der auch in Warstein und Rüthen deutlich wird. Teilweise sind die Amtsgerichte, wo man aus der Kirche austritt, sogar überlastet. Alle Zahlen im Überblick.

Warstein/Rüthen – Den Kirchen gehen die Mitglieder aus. Ein deutschlandweiter Trend, der seit Jahren aber auch in Warstein seine Spuren hinterlässt. Und das auf katholischer wie evangelischer Seite. Die Gründe dafür sind kein Geheimnis: Missbrauchs- oder Finanzskandale, der fehlende Bezug zur Kirche oder einfach die Möglichkeit, Geld zu sparen. Vor wenigen Wochen erklärte Pfarrer Uwe Müller anlässlich des 175-jährigen evangelischen Gemeindejubiläums noch, dass die Zahl der Austritte auf evangelischer Seite auch immer steige, wenn es auf katholischer Seite Skandale gibt. Viele Leute würden da nicht mehr unterscheiden, erklärte er: „Wir schreiben die Leute an, wenn sie austreten, und fragen, warum sie das tun. Und sie nennen dann öfter die Missbrauchsfälle. Die Unterscheidung zwischen katholisch und evangelisch überfordert offenbar einige.“

Auch Pastor Markus Gudermann, Leiter des Pastoralen Raums Warstein, sucht den Kontakt zu denen, die der Kirche den Rücken kehren und fragt nach den Gründen. Doch auf seine Briefe kämen nur wenige Rückmeldungen. Und wenn, dann seien die Missbrauchsskandale die am häufigsten genannten Gründe. Anfang August erklärte er bei einem Vortrag vor der Belecker Kfd, dass er bis zur diesjährigen Jahresmitte 187 Austritte aus der katholischen Kirche unterzeichnet habe. „Seitdem“, so Gudermann Anfang August, „jeden Tag wieder einen.“ Es seien inzwischen auch Menschen, die, die man kenne, die sich in der Gemeinde engagiert hatten.

In 2021 insgesamt 300 Austritte in Warstein und Rüthen

Doch wie hoch sind die Zahlen in Warstein genau? Und wo liegt die Wästerstadt im Vergleich zu anderen Kommunen? Vorab sei angemerkt: Die aufgeführten Zahlen beinhalten Austritte aus der katholischen und evangelischen Kirche zusammen. Wobei die katholische Seite aufgrund ihrer Größe den deutlich größeren Part ausmacht. Zudem umfassen die Zahlen den gesamten Bezirk des jeweiligen Amtsgerichtes, bei dem man aus der Kirche austreten kann. Zum Warsteiner Amtsgericht gehört daher neben der Stadt Warstein auch die Stadt Rüthen. Insgesamt rund 38 000 Einwohner.

Mit Stand des 30. Juni traten in diesem Jahr bereits 330 Warsteiner und Rüthener aus der Kirche aus. 198 im ersten Quartal, 132 im zweiten Quartal. Zum Vergleich: In 2021 waren es im gesamten Jahr 300, in 2020 waren es 224, in 2019 204 und in 2018 waren es 153. Um noch weiter zurückzublättern: 2011 traten 79 Warsteiner und Rüthener aus katholischer oder evangelischer Kirche aus, 2012 sogar nur 67. In Brilon beispielsweise – der Amtsgerichtsbezirk hat ähnlich viele Einwohner wie der Warsteiner – entwickeln sich die Zahlen nah an den Warsteinern. In Meschede hingegen traten zwar mehr Menschen aus der Kirche aus. Da der Amtsgerichtsbezirk aber mit 50000 Einwohnern größer ist (neben Meschede gehören auch Eslohe und Bestwig dazu), ist der Austrittstrend im Vergleich zu Warstein geringer. Im gesamten Regierungsbezirk Arnsberg waren es im ersten Halbjahr 2022 übrigens insgesamt 3845 Austritte, in 2011 waren es nur 1194.

Allerdings muss bei den Zahlen ebenso angemerkt werden: Viele Städte, beispielsweise im Ruhrgebiet, hatten schon vor der Erhebung weniger Kirchenmitglieder. Weil die Gemeinden kleiner sind, sind auch die Zahlen im Vergleich geringer.

Amtsgerichte teilweise überlastet

Wer aus der Kirche austreten möchte, muss dies bei dem Amtsgericht erklären, in dessen Bezirk er wohnt. Daher sind die vorliegenden Zahlen auch nach den jeweiligen Amtsgerichten gestaffelt. Doch die hohe Anzahl der Austrittsersuche hat auch Folgen für die Amtsgerichte. Denn die kommen kaum hinterher. Viele Amtsgerichte, vor allem in Großstädten, sind überlastet, teilweise muss über Monate auf einen Termin gewartet werden. Die Wartezeit variiert stark, hängt logischerweise von der Einwohnerzahl des Bezirkes ab. Bei kleineren Amtsgerichten beträgt die Wartezeit häufig nur wenige Tage oder Wochen, teilweise ist es sogar ohne Terminbuchung möglich. Nur in Einzelfällen und großen Bezirken muss man über drei Monate warten.

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