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„Immaterielles Kulturerbe“ für alle Belecker

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Von: Reinhold Großelohmann

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Sturmtagshochamt, Festzug und ein Festabend mit Musik, Gesang, Ansprachen und ein Vortrag von Dr. Maria Harnack bildete den Höhepunkt des Sturmtags.
Sturmtagshochamt, Festzug und ein Festabend mit Musik, Gesang, Ansprachen und ein Vortrag von Dr. Maria Harnack bildete den Höhepunkt des Sturmtags. © Sprenger/großelohmann

Der Belecker Sturmtag hat die Anerkennung als „Immaterielles Kulturerbe“ der UNESCO und damit die Aufnahme ins NRW-Landesinventar erhalten. Dass dies ein Anlass sein würde, die 575. Wiederkehr der historischen Ereignisse aus der Zeit der Soester Fehde in besonder Weise zu begehen, war klar. Am Mittwoch war es so weit. Nach dem Böllern der Kanoniere am frühen Morgen folgte der abendliche Fest-Höhepunkt. Hans-Josef Becker, Erzbischof im Ruhestand und gebürtiger Belecker, zelebrierte gemeinsam mit den Pastören Markus Gudermann, Ralf-Hubert Bronstert, Michael Schmitt und Diakon Winfried Heine ein „Sturmhochamt“ in der Propsteikirche.

Belecke - „Sie alle sind der Sturmtag“, sagte Markus Gudermann den Gläubigen in der vollbesetzten Kirche zur Begrüßung . Er gehöre zur Belecker Identität. Besonders freue er sich, dass Hans-Josef Becker das Sturmhochamt mitzelebriere. Der emeretierte Erzbischof seinerseits war froh, „hier in der Heimat bei unserem Belecker Sturmtag dabei zu sein“, sagte er. „Eine solche Anerkennung verdienst Stolz“, wandte er sich an die Belecker. Und lobte das Engagement: „Ich kann nur bewundern, was hier auf die Beine gestellt wird.“ Dabei gehe es nicht nur um Folklore, sondern man müsse die Tradition „als Mahnung zu Frieden und Gewaltfreiheit verstehen“ verwies er auf die gleiche Zielrichtung der christliche Botschaft.

Ein langer Festzug mit den Fahnenabordnungen aller Vereine zog danach hinab zur Schützenhalle, wo Ortsvorsteher Heiner Maas die Feier eröffnete. Die in zweijährigem Turnus stattfindende Verleihung des Bürgermeister-Wilke-Preises stand diesmal nicht im Programm, dafür aber die Verleihung der Kulturerbe-Urkunde, die der Kultur- und Heimatverein Badulikum im Namen der gesamten Belecker Bürgerschaft beantragt hatte.

Heiner Maas verwies in seiner Begrüßung auf die Vielfalt der Formen, in denen in der Vergangenheit der Sturmtag gefeiert worden sei und auch der Orte, wo dies stattgefunden habe. Und er erinnerte sich an seine eigene Kindheit, als die Geschichte des Sturmtages ihm durch ein Hörspiel über die Lautsprecheranlage der Waldschule erklärt worden sei. „Das Gesicht des Sturmtages hat sich stets gewandelt“, sagte Maas. Und doch habe es eine Kontinuität, „dass die Belecker Bevölkerung, die Vereine und die Schulen durch ihren Zusammenhalt und ihr Zusammenwirken ein abwechselungsreiches Programm erstellen.“

Dass die Nachfolger der Feinde von einst zum Böllern kommen, hat schon Tradition. Aus Anlass des Jubiläums war nun auch eine Delegation der Soester zur Sturmtagsfeier mit der stellvertretenden Bürgermeisterin Jutta Maybaum an der Spitze gekommen. „Ich empfinde es als eine besondere Ehre, dass ich überhaupt sprechen darf, immerhin bin ich vertreterin des damaligen Angreifers“, sagte sie in einer launigen An sprache. Aus Sicherheitsgründen habe sie nicht nur Mitglieder des Kulturforums, sondern auch der Soester Bürgerschützen dabei. Aber man lebe ja heute vereint in einer friedlichen Region. Und Belecker und Soester müssten heute zusammenstehen, wo in der Ukraine Krieg herrsche und ein Volk sich verteidige. „Sie verdienen unser aller Unterstützung!“. Als Friedensgruß hatte sie ein Geschenk dabei – das Soester Rathaus als Hologramm, was sie freudig Hans-Jürgen Raulf überreichte, der durchs Programm führte und sich im Anschluss freute „alle Warsteiner Männerchöre“ auf der Bühne zu begrüßen. Der Titel „Freiheit“ von Marius Müller-Westernhagen aus den Kehlen des Belecker Männerchores Pankratius 1860 und des Warsteiner Männergesangvereins 1858 klang unter Leitung von Martin Krömer besonders stimmgewaltig. Erstmals standen beide Chöre beim Sturmtag gemeinsam im Rampenlicht. Auch der Gemischte Chor und die Biäelske Boys beteiligten sich im weiteren Verlauf. Wie auch die Spielmannszüge der Feuerwehr und des TuS Belecke sowie die Musikvereinigung Belecke als Orchester auf der Bühne, die ebenfalls bei der Feier im Einsatz waren.

Den Festvortrag hielt die Paderborner Historikerin Dr. Maria Harnack, die beim Kulturerbe-Antrag „uns zur Seite gestanden hat als Fachkompetenz“, sagte Raulf. Sie erläuterte mit Hilfe einer Präsentation das Verfahren und die Hintergründe und hob hervor, dass die Tradition damit „nicht unveränderlich eingefroren ist“, sondern sich gerade weiter entwickeln solle. „Es geht um Lebendigkeit“, sagte sie und rief dazu auf, durch Veränderungen die Zukunftsfähigkeit sicherzustellen. „Ihr Engagement ist das Wichtigste, zur Sicherung des Fortbestandes.“ Es sei „Bürgersinn, der aus dem Sturmtag spricht“.

Zum Abschluss der Festveranstaltung wurde die Urkunde symbolisch von einem Vereinsvertreter an den anderen weitergegeben, um deutlich zu machen, dass es ein Gemeinschaftswerk ist.

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