Wer beispielsweise in Sichtigvor im Lidl bei Sondermann einkauft, muss 10 Cent für die Brötchentüte zahlen – pro Einkauf, nicht pro Tüte. „Das Thema gehört zu den Maßnahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie, die wir in 2022 verfolgen“, erklärt Unternehmenssprecher Michael Kehm auf Nachfrage. Schon vor dem Ukraine-Krieg habe das Unternehmen diese Strategie beschlossen. Ziel sei es, den Alltag bei Sondermann ressourceneffizienter zu gestalten: durch das Einsparen von CO2 und von Papier. Bei den insgesamt 50 Sondermann-Filialen seien täglich mitunter tausende Tüten zusammengekommen.
Das Prinzip ist nicht ganz neu: Auch im Supermarkt sind Beutel für den Einkauf nicht umsonst. Bei einem Discounter müssen Kunden inzwischen sogar für dünne Plastikbeutel, in die Obst und Gemüse kommen, eine Gebühr bezahlen.
Im Bäckerhandwerk geht Sondermann damit jedoch Sonderwege. Meinolf Erdmann, Obermeister der Bäcker-Innung, ist kein anderes Unternehmen bekannt, das die Papiertüten nur noch gegen Bezahlung anbietet. Auch für den Bäckerinnungsverband Westfalen-Lippe gilt die Strategie eher als Novum, wie eine Nachfrage durch die Kreishandwerkerschaft ergab.
Allerdings muss der Einkauf bei Sondermann dadurch nicht gleich teurer werden: Wer für die Beutel nicht bezahlen möchte, kann seinen eigenen Beutel mitbringen.
Wer seine eigene Tasche vergessen hat, soll künftig auch bei Sondermann einen Mehrweg-Beutel erwerben können, so Kehm: „Die Umstellung beginnt im Kopf.“ Auch wenn man mit der Neuerung bei den Kunden durchaus polarisiert habe, sei die Umstellung vor allem bei der älteren Kundschaft von Sondermann auf Zustimmung gestoßen: „Früher sind sie ja auch mit der eigenen Milchkanne zum Bauern gegangen“, heißt es aus der Sondermann-Zentrale. Ähnlich ist die Stimmung in der Sichtigvorer Bäckereifiliale: Hier habe sich bislang noch kein Kunde über die Tütchen-Kosten beschwert.
Die Reduzierung von Waren sei die zweite Säule der Nachhaltigkeitsstrategie von Sondermann. „Nach 19 Uhr liegen ja oft noch reichlich Backwaren in den Regalen, die dann im Müll landen“, so Kehm. Das sei nicht nur eine Verschwendung von Lebensmitteln, sondern vor allem bei den handwerklich und mit Liebe hergestellten Backwaren ärgerlich.
Mit Auslegern für die leeren Regale will Sondermann künftig darauf hinweisen, dass das Produkt ausverkauft und erst am nächsten Tag wieder zu haben ist – damit am Ende des Tages nicht mehr so viel übrig bleibt. Um künftig noch weniger Lebensmittel wegzuwerfen, plant Sondermann weitere Maßnahmen. Eventuell kommt der Einsatz der App „Too good to go“, die Essen vor dem Abfall retten soll, infrage.
Neben der Filiale in Sichtigvor an der Möhnestraße betreibt Sondermann-Brot Filialen in Altena, Bergkamen, Bochum, Bonn, Dortmund, Drabenderhoehe, Frenkhausen, Ennepetal, Bergischer Hof, Halver, Hamm, Kierspe, Kreuztal, Langenfeld, Leverkusen, Lippstadt, Lüdenscheid, Lünen, Meinerzhagen, Mettmann, Olpe, Plettenberg, Recklinghausen, Roenkhausen, Roesrath, Schalksmuehle, Selm, Solingen, Sundern, Troisdorf, Unna, Waltrop, Werne, Witten und Wuppertal.