Die Ergebnisse, wenn man sie überhaupt so nennen dürfe, der ersten beiden Tarif-Verhandlungsrunden seien „eine Provokation“, sagte Riesner: „Das ist eine Schweinerei. Aber Ihr zeigt, dass Ihr kampfbereit seid, dass Ihr für Eure Forderung einsteht.“ Auch im ländlichen Bereich müsse ein Zeichen gesetzt werden, so Riesner: „Eigentlich ist es schon beschämend, dass man das Ritual des Streikes immer wieder durchführen muss.“
Die Arbeitnehmer säßen in ihren Elfenbeintürmen, so Riesner, und würden ihre Angestellten mit den Argumenten eines sicheren Arbeitsplatzes und dem ewigen Danke-Sagen abspeisen. Und die Energiekrise würde dadurch bewältigt, indem die Heizungen heruntergedreht werden: „Und dann kommt immer wieder die alte Leier, es sei kein Geld da. Das ist ein vorgeschobenes Argument. Die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes halten die Gesellschaft zusammen.“
Doch in Zeiten von Inflation und explodierten Energiekosten brauche es langfristige tarifliche Anpassungen, so Riesner. Da würden auch keine Bonuszahlungen helfen: „Wir wollen 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens 500 Euro.“ Und das tabellenwirksam, denn, so Riesner, werden die Preise für Sprit, Lebensmittel und Energie langfristig hoch bleiben. „Wir müssen mehr werden“, warb auch Gewerkschaftssekretärin Nicole Czyzmowski: „Denn heute ist kein Arbeitstag: Heute ist ein Streiktag.“
Dass an einem solchen Streiktag auch die reden, die mit den Gehaltsforderungen konfrontiert werden, hat dabei eher Seltenheitswert. Am Dienstag war es aber so, richtete Bürgermeister Dr. Thomas Schöne Grußworte an die Streikenden – und an die Mitarbeiter „seiner“ Stadtverwaltung, die er an diesem Streiktag natürlich „schmerzlich vermisse“. Es sei ein gutes Zeichen, dass so viele Menschen trotz des widrigen Wetters auf die Straße gehen, man lebe derzeit in „schwierigen Zeiten“, sei von Krisen und Krieg geschüttelt. Schöne hoffe, dass eine Lösung in den Verhandlungsrunden gefunden werden und appellierte: „Bleiben Sie wacker bei Ihrem Recht.“
Wenn es nach einigen Experten geht, könnte 2023 zum „Streikjahr“ werden. Schon jetzt summiert sich die Zahl derer, die für ihre Rechte und mehr Geld auf die Straße gehen. Zuletzt wurde unter anderem auch bei der Bahn, im Nahverkehr, in Kliniken und Schwimmbädern gestreikt. Dirk Riesner erklärte am Dienstag, dass auch die Gewerkschaft immer größer werde: „Spätestens seit Ende des vergangenen Jahres wächst die Zahl. Die Menschen merken, dass es keine andere Möglichkeit als den Streik gibt, um den Forderungen Ausdruck zu verleihen. Aber auch durch jeden Streik selber wächst die Mitgliederzahl.“