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Bürgerschützen und Junggesellenschützen: So feiert Warstein an Pfingsten Schützenfest

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Für das amtierende Königspaar der Bürgerschützengesellschaft, Nicola und Ina Kraft, wird am Pfingstmontag ein Nachfolger gesucht.
Für das amtierende Königspaar der Bürgerschützengesellschaft, Nicola und Ina Kraft, wird am Pfingstmontag ein Nachfolger gesucht. © Bürgerschützen

An Pfingsten feiern Junggesellen und Bürgerschützen in Warstein wieder Schützenfest. Hier gibt es den Festablauf und einen Blick in die Historie: Warum Roberto Blanco einst Gast bei den Bürgerschützen war.

Warstein – Nach einer nunmehr zweijährigen Pause, in der coronabedingt kein Schützenfest in Warstein gefeiert werden konnte, stehen in diesem Jahr die Signale für Warsteins Volksfest Nummer Eins nun endlich wieder auf grün. Einen Höhepunkt der Festtage wird die traditionelle Ehrung der Jubelkönigspaare beider Gesellschaften, der Bürgerschützen wie der Junggesellenschützen, im Rahmen des Konzertes am Pfingstsamstagabend darstellen, die nach weiteren Ehrungen mit dem Großen Zapfenstreich ihren Abschluss finden wird.

Das Jahr 1997 sah Hans-Jürgen „Bello“ Pfeiffer als neuen König der Bürgerschützen, der mit dem 323. Schuss alles klar machte und seine Frau Christa zur Königin erwählte. Obwohl es seine erste Teilnahme am Vogelschießen der Bürgerschützen war, wusste Pfeiffer recht gut, wie es gehen musste: Schon 1979 errang er bei den Junggesellen die Königswürde und regiert zusammen mit Ursula Nadirk für ein Jahr die St. Sebastianus-Schützen. Damit gehörte er – nicht nur in Schützenkreisen unter seinem Spitznamen „Bello“ fast bekannter als unter seinem „richtigen“ Namen – zu den seinerzeit noch wenigen Schützen, die in beiden Vereinen die Königswürde erreicht haben. Der Vollständigkeit halber sei hier auch noch der Titel des Brezelkönigs erwähnt, den er sich 1986 beim Schützenfestkehraus am Pfingstmittwoch sicherte.

Spannendes Rennen im Jahr 1997

Drei weitere und in Schützenkreisen bekannte Namen blieben in Pfeiffers Königsjahr 1997 bis zum Schluss ebenfalls „bei der Stange“: Heinz Albers, Elmar Steinrücke, der 2002 als Sieger aus dem Schießen hervorging sowie Werner Jesse (†), der im folgenden Jahr den letzten Schuss abgab. Auch 25 Jahre später ist der Jubelkönig, den man ohne Übertreibung als Schützenbruder mit Leib und Seele bezeichnen kann, bei den Bürgerschützen aktiv. Nach seiner Offizierslaufbahn bei den Junggesellen wird er nach seinem Eintritt bei den Bürgerschützen Offizier in der Südkompanie und dort später zweiter Hauptmann. Als Beisitzer wechselt er dann in den Vorstand und bekleidet heute das Amt des Hallenwartes. Auch und gerade in „seiner“ Südkompanie blieb das Jahr 1997 besonders im Gedächtnis: Bei einem Stiftungsfest wird der 100. Geburtstag der von Brennereibesitzer Anton Bergenthal 1897 gestifteten Fahne, im Volksmund auch als „Schnapsfahne“ bezeichnet, gefeiert.

Jubelkönigspaar: Hans-Jürgen und Christa Pfeiffer.
Jubelkönigspaar: Hans-Jürgen und Christa Pfeiffer. © Bürgerschützen

Während diese 1965 ausgemustert wurde und mittlerweile seit Jahrzehnten restauriert in einer Vitrine im großen Saal der Sauerlandhalle hängt, bleibt der ebenso alte Fähnrichsorden genau 100 Jahre im aktiven Dienst. Durch eine Stiftung des Königspaares 1993/94, Volker und Sigrid Lemke, wurde an diesem Abend ein neuer Fähnrichsorden vorgestellt und überreicht, den der damalige Fähnrich Ralf Jochim als erster tragen sollte.

Aber schon auf der Mitgliederversammlung des Vereins im Frühjahr 1997 war das Vogelschießen – oder vielmehr die Vogelstange – ein Thema. Es wird deutlich, dass die alte Vogelstange selbst durch aufwendige Sanierungsarbeiten keine längerfristige Abnahme und damit Betriebserlaubnis mehr bekommen wird. Somit wird beschlossen, eine neue circa 14 Meter hohe Stange am selben Ort zu errichten. Dies soll im Jahr 1998 geschehen, zur (Mit-)finanzierung des Projektes wird eine Umlage von 10 DM pro Schützenbrüder erhoben. Din Entschluss, der nicht bei allen auf Begeisterung trifft.

Mitinhaber der Warsteiner Brauerei wird 1982 König

Das alles ist im Jahr 1982 noch weit entfernt, als der Mitinhaber der Warsteiner Brauerei und Schützenbruder der Ostkompanie, Claus Cramer (†), mit dem 120. Schuss dem Vogelschießen am Pfingstdienstag ein Ende setzte und seine Frau Dorothe zur Mitregentin machte. Der Vogel allein reichte ihm nicht, schon vorher sicherte er sich mit Krone und Zepter die standesgemäßen Insignien. Den Apfel holt sich dagegen Pastor Axel Hoeschen (†). Ob der Vogel nun eher zufällig oder doch geplant von der Stange fiel, ist nicht überliefert, aber letzteres wäre immerhin wahrscheinlich. Schließlich gab es 1982 für Cramers auch ein Jubiläum zu feiern: 70 Jahre zuvor, 1912, saß in Gestalt von August Cramer ein Großonkel des frischgebackenen Königs auf dem Thron der Bürgerschützen.

Claus und Dorothe Cramer.
Claus und Dorothe Cramer. © Bürgerschützen

In besonderer Erinnerung dürfte den damals geladenen Gästen ihre Teilnahme am Krönungsabend des Königspaares im Jahr 1983 gewesen sein: In der prächtig dekorierten Sauerlandhalle traten Showgrößen wie die Saragossa Band oder Roberto Blanco auf. Für die Stromversorgung wurde eigens ein Starkstromkabel zur Sauerlandhalle verlegt. Im gleichen Jahr erhielt die große Halle neue Tische und Stühle, die bis heute im Gebrauch stehen.

Für die Sportschützen ging 1982 eine besonders arbeitsreiche Zeit zu Ende – mit rund 8 000 DM und 700 Stunden Eigenleistung wurde der Neubau des Schießstandes im Obergeschoß abgeschlossen und damit die Basis für eine erfolgreiche Fortsetzung der Vereinsarbeit gelegt.

Zahlreiche Ständchen auf der Deele von „Onkel Jupp“

1972 machte sich Josef Sauerwald (†), auf der Rangestraße ansässiger Landwirt, zum König und seine Gattin Mathilde (†) zur Königin der Bürgerschützengesellschaft Warstein. Damit bestieg ein Schützenbruder den Königsthron, von dem man in den kommenden Jahren und Jahrzehnten noch viel hören und sehen sollte. 1974, zwei Jahre nach dem Königsschuss, wird er zum Major der Gesellschaft gewählt und tritt die Nachfolge von Franz Busch an, der fortan das Amt des Obersten und damit den Vereinsvorsitz übernimmt.

Doch schon drei Jahre später rückt Josef Sauerwald in diese Position auf und sollte sie 17 Jahre – länger als jeder andere – auf seine ihm eigene, ganz unverwechselbare Art ausfüllen. Wohl viele ältere Schützenbrüder erinnern sich noch gerne an die zahlreichen Ständchen, die bei „Onkel Jupp“, wie er in Schützenkreisen gerne und oft bezeichnet wird, auf der Deele dargebracht werden, die Ansprachen und seine unverwechselbare Stimme.

Kein Vereinswesen und kein Schützenfest in der Zeit des Nationalsozialismus

Zahlreiche Geschichten und Anekdoten tauchen bis heute in Gesprächen immer wieder auf und sorgen für vielfältige und heitere Erinnerungen. Als er sein Amt 1994 an Hartwig Bigge übergibt, ernennt die Versammlung den „nicht immer bequemen, aber immer geradlinigen Warsteiner Bauernsohn“, wie es in der Presse anlässlich seines Todes 2006 hieß, in Würdigung seiner jahrzehntelangen Verdienste zum Ehrenoberst. Seine lebenslange Treue zum Schützenwesen zeigte sich auch darin, dass er 1952, 20 Jahre vor seinem Königsschuss, erster Hauptmann der St. Sebastianus-Junggesellenschützenbruderschaft und damit neben dem schon erwähnten Franz Busch sowie Alex Menke der einzige ist, der in beiden Warsteiner Schützenvereinen an der Spitze gestanden hat. 1972 war auch für die Junggesellenschützen ein besonderes Jahr: Die zweite Fahne (Sebastiansfahne) wird geweiht und in Dienst gestellt, bis sie 2019 durch eine Sturmböe während des Schützenfestes irreparabel beschädigt wird. Genau 50 Jahre später erfolgt – mit zweijähriger Verspätung – die Weihe der Nachfolgerin.

Wiederum 25 Jahre früher, also 1947, kann von Schützenfest noch keine Rede sein; das wird es erstmals wieder im Jahre 1950 geben; ein Vogelschießen mit eingeschlossen.

Seit 1939 war die Bürgerschützengesellschaft durch Verfügung der nationalsozialistischen Machthaber aufgelöst, wie auch der Junggesellenverein. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs richten sich die Bemühungen der Schützen zunächst auf den Wiederaufbau der durch Brandstiftung zerstörten Sauerlandhalle, was aber wegen fehlender Finanzmittel zunächst nicht möglich war. Aufgrund seiner Mitgliedschaft in einer NS-Vereinigung (Reichsbund für Leibesübungen) war das Vermögen des Vereins beschlagnahmt worden. Dennoch trafen sich schon am 25. Mai 1947, dem Pfingstsonntag, 56 Mitglieder der erst 1949 neugegründeten Bürgerschützengesellschaft Warstein, um über die ersten Aktivitäten nach Kriegsende zu beraten. Dabei sprach sich ein Großteil der Anwesenden für den Wiederaufbau aus und sagte zu, auch Arbeitsleistungen zu erbringen.

Das ist die Festabfolge für das Schützenfest in Warstein

Pfingstsamstag, 4. Juni

13.00 Uhr Antreten der Junggesellenschützen, Feuerwehr

14.00 Uhr Antreten der Bürgerschützen, Kohlmarkt

15.00 Uhr Ständchenbringen DRK-Seniorenzentrum

15.30 Uhr Abholen der Fahnen am Rathaus, anschließend Kranzniederlegung am Ehrenmal und Totenehrung

16.30 Uhr Unterhaltungsmusik mit Ehrungen, Sauerlandhalle

19.00 Uhr Großer Zapfenstreich

20.00 Uhr Festball mit der Tanzband „Chicago“

Pfingstsonntag, 5. Juni

9.00 Uhr Hochamt, anschließend Prozession

16.00 Uhr Parade auf dem Marktplatz

17.30 Uhr Vogelabwerfen Kinder, anschl. Proklamation

19.00 Uhr Kinder- und Königstanz, anschließend Festball mit der Tanzband „Chicago“

Pfingstmontag, 6. Juni

9.30 Uhr Vogelaufsetzen/Schützenfrühstück, Schützenhalle

10.30 Uhr Vogelschießen der Bürgerschützen, danach Vogelschießen der Junggesellenschützen, Königsproklamation

16.00 Uhr Abholen der Königspaare zum Festumzug mit Parade auf dem Marktplatz (ca. 17.30 Uhr)

19.30 Uhr Festball mit Königstanz, DJ Klaus Windmüller

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