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Bote bei der Stadt Warstein: Jürgen Franke geht nach 43 Dienstjahren in Ruhestand

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Von: Christian Clewing

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„Da wo die Fahne rausflattert“ hat Jürgen Franke in der Hausmeister-Wohnung im Dachgeschoss der alten Amtsstube seine Kindheit verbracht. Später wurde er selber Mitarbeiter der Verwaltung, die er nun nach mehr als 43 Dienstjahren verlässt.
„Da wo die Fahne rausflattert“ hat Jürgen Franke in der Hausmeister-Wohnung im Dachgeschoss der alten Amtsstube seine Kindheit verbracht. Später wurde er selber Mitarbeiter der Verwaltung, die er nun nach mehr als 43 Dienstjahren verlässt. © Clewing, Christian

Er ist bei vielen Warsteiner bekannt und ebenso beliebt: Jürgen Franke blickt voller Dankbarkeit auf mehr als 43 Dienstjahre bei der Stadt Warstein zurück. Am heutigen 31. März hat er seinen letzten Arbeitstag.

Warstein – „Ich bin jeden Tag gerne zur Arbeit gegangen.“ Und daher denkt Jürgen Franke auch voller Dankbarkeit an seine inzwischen mehr als 43 Dienstjahre bei der Stadt Warstein zurück – aktuell noch als Urlauber, ab dem morgigen 1. April als Ruheständler.

Das Rathaus war für Jürgen Franke, Jahrgang 1958, von Beginn an Heimat. Als Sohn des Hausmeister-Ehepaares wuchs der im Dachgeschoss des Altbaus in der Dieplohstraße auf. „53 knatschende Stufen“ waren es bis zur Wohnung. Als Kind erlebte er den Neubau des Rathauses im Zeitraum 1967 bis 1969 mit, jüngst als Fast-Pensionär und „einer der Dienstältesten“ die Erweiterung durch den Anbau. „Damals wurde in zwei Etappen gebaut“, erinnert sich Jürgen Franke, erst vom heutigen Glockenspiel bis zum Fahrstuhl, anschließend der zweite Teil bis zur Hauptstraße. Und damit wurde dann auch der Altbau abgerissen, in dem seine Wiege stand. „Ich bin im alten Rathaus geboren, wo die Fahne rausflattert“, erzählt er mit leuchtenden Augen beim Blick auf die historischen Fotos in die jüngste „Schützenpost“ der Warsteiner Bürgerschützen. Darin hatte Ortsvorsteher und Kustos Dietmar Lange die Historie der Amtsstube umfassend beleuchtet – und damit auch einen wichtigen Teil in Jürgen Frankes Leben – sowohl beruflich wie auch privat.

1977 zog er in die Rangestraße

Irgendwann wurde es aber für die Familie im Neubau zu eng, am 24. Februar 1977 zog man ins eigene Domizil in die Rangestraße, das Jürgen Franke auch heute noch mit seiner Frau Monika bewohnt.

Nach der Schule absolvierte Jürgen Franke eine Lehre bei den Bigger Werkstätten, erhielt seinen Gesellenbrief als „Gerätezusammensetzer“. Doch statt in der Industrie landete der junge Jürgen dann in der Verwaltung – ein harter Schicksalsschlag für den jungen Jürgen führte damals dazu. 1978 starb sein Vater, der Tipp mit einer Bewerbung im Rathaus führte zum 1. September 1978 zu einem Job im Rathaus. Er machte den Führerschein, übernahm Botenfahrten im ganzen Stadtgebiet, arbeitete in der Poststelle ebenso wie in der Telefonzentrale mit. „In der Industrie wäre ich untergegangen“, urteilt er mit Blick auf seine Behinderung und die Anforderungen in der freien Wirtschaft. In der Verwaltung – dort diente er unter insgesamt vier Bürgermeistern – aber konnte er sich seinen Fähigkeiten entsprechend entfalten: „Ich bin immer nett aufgenommen worden“ – nicht nur im Haus, auch außerhalb beim Herumbringen der Ortsvorsteher-Post, der Ausschussvorlagen für die Politiker oder der Urkunden und Geldgeschenke für Jubilare oder beim Einholen von Unterschriften.

Pflichtbewusster Bote

Wertvolle Post einfach in den Briefkasten werfen, das gab es für den pflichtbewussten Boten nicht, alles wurde persönlich übergeben – entweder an den Empfänger oder auch an die Lebenspartner. „Dadurch habe ich sehr viele Kontakte.“ Und dabei sagte er auch zu einer Tasse Kaffee selten nein: „Zum Glück war ich überwiegend alleine unterwegs, so konnte man auch mal ein paar Minuten sprechen und ein paar private Worte wechseln.“ Jeden Mittwoch ist er früher „durchs gesamte Stadtgebiet“ gefahren, jeweils rund 60 bis 70 Kilometer. Wie viele Kilometer insgesamt, das hat er nie nachgehalten. Aber er weiß, wie weit es von seinem ersten Domizil bis zur zweiten Heimat ist: „Genau 1 000 Meter“ – das musste er mal nachmessen, als es um eine Förderung aufgrund seiner Behinderung ging.

Nach dem ersten Schicksalsschlag fand damals Jürgen Franke sein berufliches Glück, nach dem zweiten auch sein privates: Nach dem Tod der Mutter war es der Versicherungsvertreter, der nach dem Regeln der Formalitäten schließlich zu Amor wurde und Jürgen Franke mit seiner Monika verkuppelte. 1995 war das, 1996 wurde geheiratet. „Im letzten Jahr haben wir Silberhochzeit gefeiert“ – und sind glücklich verliebt wie am ersten Tag. Gemeinsam gehen sie jeden Freitag in Belecke schwimmen. Der Sport stand seit jeher bei Jürgen Franke hoch im Kurs. Am 1. Februar 1972 wurde er in die heutige Behindertensportgemeinschaft Warstein aufgenommen, damals hieß sie noch „Versehrtensportgemeinschaft“. Er war das jüngste Mitglied und der einzige Jugendliche. „Bei Manfred Kumbartzky sollte ich schwimmen lernen, so bin ich damals da reingerutscht“. Ob Schwimmen, Sitzball, Bosseln – Jürgen Franke war immer sportlich aktiv, engagierte sich auch in organisatorischen Dingen. „Ich bin froh, dass ich damals in diese Gemeinschaft reingerutscht bin“, so der 64-Jährige.

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