Wenn die Neue Aula zum Irish Pub wird

Mehrere Jahre soll ein guter Whisky reifen. Dass ein Konzert drei Jahre „reift“, ist eher ungewöhnlich und war den Einschränkungen der Corona-Pandemie geschuldet: Anlässlich des 160. Geburtstags hatte der Belecker Männerchor Pankratius 1860 „eine Vielzahl von Veranstaltungen“ geplant, darunter alleine vier Konzerte in der Neuen Aula.
„Nicht eine einzige konnten wir durchführen“, so Vorsitzender Rolf Jesse. Zumindest ein Event holte man im Jahr des 163. Bestehens „endlich“ nach und das in einer ausverkauften Aula: Bei der Irish Folk Night präsentierten der Projektchor des Männerchores unter der Leitung von Martin Krömer sowie die Band Connemara eine bunte Mischung aus deftigen Trinkliedern und ruhigen Balladen, dazu gab es Guinness-Bier aus Dosen oder auch Whisky – lang gereift, aber nicht in Irland, sondern im benachbarten Kallenhardt.
Für die Neue Aula, von den Eheleuten Oehlenberg liebevoll in den irischen Farben grün, orange und weiß dekotiert, war es eine Premiere, die Veranstaltung ansich erlebte eine Neuauflage: Im Juni 2012 standen der Projektchor und die Band bereits gemeinsam in Belecke beim „Irish Folk meets acapella“ auf der Bühne und gestalteten das letzte Konzert vor der umfangreichen Renovierung der Kulturstätte.
Bei der Irish Folk Night, sie sollte vor drei Jahren den Auftakt bilden für die Jubiläumsveranstaltungen, stand am Samstagabend „nicht der Konzertcharakter im Vordergrund“, wie Rolf Jesse betonte: „Wir wollen Sie in ein irisches Pub hinein versetzen“, erklärte er mit Blick auf die gestellten Tischreihen und die Getränkekarte, auf der sich an solch einem Abend vom Thekenteam der Kulturinitiative auch Guinness neben den üblichen Konzert- und Kneipen-Getränken ausgeschenkt wurde. Zudem konnten im Foyer Whisky und andere hochprozentige Getränke der Sauerländer Edelbrennerei aus Kallenhardt probiert und erworben werden.
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Wie in Irland nicht nur feucht-fröhlich gefeiert, sondern auch gesungen wird, erfuhr Vorsitzender Rolf Jesse selber bei einer Hochzeit in der Verwandtschaft in Irland. Mit einer „fünf im Abi in Englisch“ war die Verständigung eher dürftig, als er aber schließlich durchblicken ließ, dass er Chorsänger ist und das Lied der Fischhändlerin Molly Malone – „das ist quasi die Nationalhymne von Dublin“ – anstimmte, sei der Bann gebrochen gewesen: „An diesem Abend war ich für die irische Verwandtschaft der netteste Deutsche.“ Somit habe sich wieder gezeigt, „Musik kennt keine Grenzen...“
Dass auch der Inhalt der (irischen) Musik keine Grenzen kennt, zeigte sich an diesem Abend auch gleich mehrfach, wie die Pub-Besucher durch die Ausführungen insbesondere von Moderator Hans-Josef Wessel, aber auch von den Musikern der Band Connemara, erfuhren. Der passionierte Irland-Fan vermittelte nicht nur umfangreiches Wissen über die Insel, sondern auch über die dargebotenen Lieder. Wie Rolf Jesse bei der deutsch-irischen Hochzeit, nutzte auch der Projektchor mit ihm in seinen Reihen die Ballade „In Dublin’s fair City“ über die Dubliner Fischhändlerin Molly Malone, die bereits in jungen Jahren starb, als Einstieg in den stimmungsvollen Abend, bei dem das Publikum von Beginn an eifrig mitklatschte und mitunter auch zum Mitsingen aufgefordert wurde. Mal melancholisch, mal fröhlich, mal ruhig, mal „mit Dampf“ wurde gesungen und musiziert. Da wechselten sich Liebeserklärungen („Only You“, „You raise me up“) ab mit einem „Loblied auf Gummistiefel“ der Marke Wellington oder Balladen über Straßenräuber und Schwarzbrenner.

Und neben den vielen bekannten und unbekannten Rhythmen und Liedern durfte ein ganz aktueller Shanty nicht fehlen: „The Wellerman“. Vor drei Jahren schnellte das Tiktok-Video des schottischen Postboten Nathan Evans „aus dem Nichts nach oben“. Warum das Lied über ein Versorgungsschiff für Walfänger, das Lebensmittel und Werkzeug bringt, auf einmal so ein Hit wurde? Hans-Josef Wessel hatte auch dafür eine Erklärung parat: „Wann ist es endlich vorbei?“, habe nicht nur die hart arbeitenden Männer bei ihrer oft monatelangen Seefahrt mit Blick auf den Landgang bewegt, sondern in den letzten drei Jahren auch die Bevölkerung mit Blick auf das Ende der Pandemieeinschränkungen. Für die Männer auf See gab es „Tea, Sugar and Rum“ als Belohnung nach der harten Zeit auf dem Schiff, für die Männer und Frauen in der Neuen Aula gab es nach der mitunter entbehrungsreichen Coronazeit neben den mitunter auch hochprozentigen Getränken aber auch jede Menge Musik und Gesang sowie endlich auch wieder Geselligkeit.