1. Soester Anzeiger
  2. Lokales
  3. Soest

Dolmetscher soll russische Propaganda verbreitet haben

Erstellt:

Von: Kathrin Bastert

Kommentare

van Wessem Kaserne Soest Flüchtlinge
für 37 Millionen Euro ist die alte Wessem-Kaserne zu einer zentralen Flüchtlings-Unterkunft hergerichtet worden © Peter Dahm

Statt zu übersetzen hat ein Dolmetscher in der ZUE offenbar russische Propaganda verbreitet. Seinen Job ist der Mann los.

Soest – In der Soester ZUE hat offenbar ein Mann seine Funktion als Dolmetscher dazu benutzt, Ukrainer über die „wahren“ Hintergründe des Krieges in ihrem Heimatland „aufzuklären“. Der Mann ist seinen Job inzwischen los.

Was war passiert? Eine Frau, die in Soest Zuflucht vor dem Konflikt gefunden hat, war zur Registrierung in die Zentrale Unterbringungseinrichtung am Hiddingser Weg gebeten worden. Dort traf sie auf den Mann, der sie auf Russisch ansprach und fragte, ob sie Hilfe beim Übersetzen brauche. Das verneinte sie, weil sie selbst gut Deutsch spricht.

Darauf soll sie der Mann in ein Gespräch verwickelt haben. Recht schnell kam er auf den russischen Angriff zu sprechen. Nach seiner Ansicht allerdings habe die Ukraine den Krieg provoziert, ohnehin sei das ganze Land mit Nazis verseucht, ließ er die Frau wissen. „Ich habe ihm gesagt, dass das Lügen sind“, habe sie sich gegen die Aussagen gewehrt. Der Mann habe aber weitergemacht, behauptet, in ukrainischen Schulen sei es verboten, Russisch zu sprechen. „Auch das ist eine Lüge“, empört sich die Frau, „er hat all das Zeug erzählt, das sie im russischen Fernsehen bringen.“ Sie habe ihm zwar einiges entgegensetzen können, doch die Sache habe ihr sehr zugesetzt. (Anmerkung der Redaktion: Russisch ist in der Ukraine seit 1991 keine Amtssprache mehr. Ein neues Gesetz ist nach einer Übergangsphase von drei Jahren zum 1. Januar 2022 in Kraft getreten. Danach sind Staatsbedienstete verpflichtet, Bürger auf Ukrainisch anzusprechen, auch in ukrainischen Schulen soll ab Klasse 5 auf Ukrainisch unterrichtet werden. Untereinander Russisch zu sprechen ist nicht verboten. Das Gesetz ist in der Ukraine umstritten. Etwa 30 Prozent der Ukrainer geben als ihre Muttersprache Russisch an.)

Der Vorfall fand seinen Weg bis zur Bezirksregierung in Arnsberg, die die ZUE in Soest unterhält. „Ich kann das nur so bestätigen“, erklärt auf Nachfrage Sprecher Christoph Söbbeler, „das hat sich leider Gottes so ereignet.“ Die zuständige Abteilung habe recherchiert, den Mann identifiziert, „und es wurde sofort dafür Sorge getragen, dass er von dieser Tätigkeit abgezogen ist. So etwas geht überhaupt nicht, das kann man nicht tolerieren.“ Natürlich bestehe die Gefahr, dass so etwas passiere, sagt Söbbeler, „es wird versucht, darauf zu achten, dass das Personal an diesen Stellen aus Leuten besteht, die korrekt arbeiten und sich nicht in unsäglicher Weise politisch äußern. Doch wenn man ehrlich ist, kann man das nicht hundertprozentig verhindern.“ Umso wichtiger sei es, dass sich Betroffene melden, wenn ihnen ähnliches widerfährt. „Wir wollen, dass die Menschen hier gut und zugewandt betreut werden.“

Auch interessant

Kommentare