Zu wenig psychiatrische Ärzte

Wer einen Termin beim Facharzt braucht, muss sich häufig lange gedulden. Bis zu sechs Monate Wartezeit gibt es vor allem auch für Patienten, die einen Termin in einer psychiatrischen Praxis benötigen. Und dieser eigentlich unhaltbare Zustand war jetzt Thema im Kreisausschuss für Gesundheit, Demografie und Daseinsvorsorge. Die vorhandenen psychiatrischen Praxen werden demnach mit Neuaufnahmen „überrannt“.
Kreis Soest – Daran dürfte sich so schnell wohl nichts ändern. Der Sachstandsbericht der Kommunalen Gesundheitskonferenz (KGK) im Kreis Soest formulierte zwar den Wunsch nach einer Sonderbedarfszulassung im Kreis Soest. Diesen Schritt wollen der Ausschuss und die KGK sehr wohl unterstützen. Das betreffende Verfahren dürfte allerdings eine Weile dauern.
Dabei steigen die Fallzahlen. Laut dem Sachstandsbericht werden psychische Erkrankungen bundesweit immer häufiger diagnostiziert. Dieser Trend zeige sich auch im Kreis Soest, wobei hier noch regionale Besonderheiten hinzu kommen. Denn im Kreis Soest gebe es überdurchschnittlich viele Plätze in der stationären Eingliederungshilfe und Altenpflege. Wegen dieses breiten Angebots ziehen Menschen aus anderen Regionen in den Kreis Soest, der als Gesundheitsregion gilt. Für eine optimale Pflege und Betreuung in diesen Einrichtungen sei jedoch auch eine ambulante psychiatrische Behandlung erforderlich.
Reagiert hat der Kreis Soest mit der im September 2022 eingerichteten „Fachstelle seelische Gesundheit“, die sich einerseits um Präventionsmöglichkeiten kümmert und die andererseits zum Thema „Seelische Gesundheit“ Aufklärungsarbeit leistet. „Voll irre, oder total normal?“, lautete zum Beispiel im vorigen Jahr das Thema einer Aktionswoche. Regelmäßige Präventionsangebote in Schulen oder die Öffentlichkeitsarbeit vor Ort sind wichtige Instrumente der Fachstelle.
Lange Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz beim Psychiater oder Psychotherapeuten kritisierten in der Sitzung aus der Sicht der Betroffenen die Vertreter von Phönix. Der Verein für seelische Gesundheit bietet zwar eine wichtige Anlaufstelle für Betroffene, Selbsthilfe sei aber kein Ersatz für Behandlung.
Damit erreichte die Erörterung das Kernproblem der langen Wartezeiten. Verschärft wird dieser Umstand gemäß dem Bericht eines niedergelassenen Nervenarztes aus Soest dadurch, dass drei nervenärztliche Kassensitze von Neurologen übernommen worden sind. Somit gebe es nur noch drei psychiatrische Praxen im Kreis, zwei davon im westlichen Kreisgebiet. Wegen dieser Verschlechterung der ambulanten psychiatrischen Versorgung würden die Praxen mit Neuaufnahmen „überrannt“. Dies führe zu den schon angeführten langen Wartezeiten von bis zu sechs Monaten.
Zumindest zu einem Teil soll diese Entwicklung durch die Schaffung stationärer und teilstationärer Angebote aufgefangen werden. Laut dem KGK-Bericht geht es um 16 teilstationäre Plätze in Soest, fünf sind es in Lippstadt. Hinzu kommt der Aufbau weiterer Behandlungsmöglichkeiten. Angeführt wurde ein Neubau am Klinikum Stadt Soest, der vielleicht bis 2028 realisiert werden kann, um dort weitere Tagesklinikplätze und eine Institutsambulanz einzurichten.