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Zelltraining gegen Post-Covid: Soester Arzt nutzt die Effekte des Höhentrainings

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Von: Kathrin Bastert

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Das Prinzip des Hypoxie-Trainings orientiert sich an dem, was Leistungssportler schon seit Jahrzehnten zur Vorbereitung in bergige Gegenden der Welt ziehen lässt.
Das Prinzip des Hypoxie-Trainings orientiert sich an dem, was Leistungssportler schon seit Jahrzehnten zur Vorbereitung in bergige Gegenden der Welt ziehen lässt. (Symbolfoto) © Soeren Stache

Es klingt fast ein bisschen zu gut. Einfach hinlegen, entspannen, eine Atemmaske über Mund und Nase ziehen – und gesund werden? Der Soester Mediziner Denis Simunec jedenfalls sagt, dass das geht – mit Höhentraining.

Soest – Das Prinzip des Hypoxie-Trainings orientiert sich an dem, was Leistungssportler schon seit Jahrzehnten zur Vorbereitung in bergige Gegenden der Welt ziehen lässt. Je höher ein Trainingsort liegt, desto „dünner“ ist die Luft, der Sauerstoffgehalt sinkt also. Mediziner nennen das „Hypoxie“, andere nennen es „Höhentraining“.

Tatsache ist: Ein geringer Sauerstoffgehalt sorgt für eine vermehrte Produktion roter Blutkörperchen, um zu gewährleisten, dass der Sauerstofftransport ausreichend bleibt. Mehr rote Blutkörperchen nehmen auch bei normalem Sauerstoffgehalt mehr auf – das Ergebnis ist eine gesteigerte Leistungsfähigkeit. Heute geht man davon aus, dass das Höhentraining auch auf die Mitochondrien, sie sind die Kraftwerke unserer Zellen, wirkt.

Höhentraining gegen Post-Covid: Der Mediziner hat lange gesucht

Simunec: „Mitochondrien haben eine eigene DNA. Wenn ihr Quellcode defekt ist und sich die Zellen samt Mitochondrien teilen, arbeiten mehr und mehr Zellen mit einem kaputten Kraftwerk.“ Simunec hat lange gesucht und das Hypoxie-Training gefunden. Ausgangspunkt seiner Suche war die „Fatigue“ eines engen Angehörigen nach einer Covid-Schutzimpfung. Man spricht heute auch vom Post-Vac-Syndrom: Manche Menschen entwickeln nach der Impfung Symptome wie tiefe Erschöpfungszustände. Ähnliches beschreibt die Medizin bei Post-Covid-Patienten.

Soester Mediziner Denis Simunec
Soester Mediziner Denis Simunec. © Privat

Denis Simunec sagt: „Die Intervall-Hypoxie-Therapie kann helfen.“ In seiner Praxis-Klinik auf dem Gelände des Klosters Paradiese wendet er die Methode an. Das Verfahren sei „gut erforscht, sicher und effizient“, sagt Simunec. Der Berliner Arzt Dr. Egor Egorov, einer der führenden Experten auf diesem Gebiet, geht davon aus, dass hinter vielen Erkrankungen ein gestörter Energiestoffwechsel steckt.

Höhentraining gegen Post-Covid: „Es braucht eine Medizin, die auf alle Zellen im Körper wirkt“

Und weil 90 Prozent der Energiegewinnung in den Mitochondrien stattfindet, sind sie der Angriffspunkt: „Es braucht eine Medizin, die auf alle Zellen im Körper wirkt – ein Zelltraining.“ Und Intervall-Hypoxie-Training sei so ein sehr effizientes Zelltraining für den Körper, erklärt Denis Simunec. Ein intervallartiges Absenken und Erhöhen der Sauerstoffkonzentration mache nämlich genau das: Zellen ertüchtigen. Während der Behandlung atmet der Patient über eine Maske abwechselnd Luft mit hoher und niedriger Sauerstoffsättigung ein. Während des Trainings werden die Vitalwerte gecheckt – „das macht dieses Training sehr sicher.“

„Wichtig ist mir auch, die Beschwerden ganzheitlich anzugehen. Dazu gehört vorab ein Mitochondrientest, um mögliche Defekte in den Zellkraftwerken zu identifizieren. Idealerweise untersuchen wir auch den Darm. Ein neuartiger Test kann über das Blut Aufschluss über die Besiedlung des Dünndarms mit Bakterien und Pilzen geben. Eine weitere Ergänzung kann die orthomolekulare Infusionstherapie sein.“

Höhentraining gegen Post-Covid: Bildung neuer Blutgefäße und glatte Gefäßwände

Wie eine Veränderung der Sauerstoffkonzentration auf die Zelle wirkt, das haben Wissenschaftler untersucht und dafür 2019 den Medizin-Nobelpreis erhalten. Sie identifizierten den Hypoxie-induzierten Faktor, „HIF-1-alpha“, der die Versorgung der Zelle mit Sauerstoff reguliert. Weitere positive Wirkungen auf die Zellen sind beschrieben, so die Bildung neuer Blutgefäße und glatte Gefäßwände.

Simunecs eigene kleine Feldstudie habe Erfolg gezeigt, sagt er: Der Zustand seines Verwandten habe sich nach zwei Dutzend Behandlungen von „ungenügend“ zu „gut bis sehr gut“ entwickelt. Eine weitere Patientin mache das Höhentraining, um ihre Erschöpfungszustände nach der Chemotherapie zu behandeln. Auch hier sehe er enorme Entwicklungen, die Frau fühle sich viel besser.

Höhentraining gegen Post-Covid: Die Kosten

40 Minuten dauert eine Behandlung, Selbstzahlern wird sie mit 88 Euro in Rechnung gestellt. Privatversicherte können auf die Erstattung der Kosten hoffen. 15 bis 30 Sitzungen sollte das Hypoxie-Training umfassen. „In den letzten 40 Jahren sind viele Studien, auch an Menschen, zum Teil nach ‘Gold-Standard’ der Medizin – doppelblind und Placebo-kontrolliert – mit positiven Ergebnissen durchgeführt worden. Trotzdem bleibt diese Therapie eine Selbstzahler-Leistung und wird von den Kassen noch nicht übernommen“, sagt Denis Simunec. Er selbst halte die Effekte des Hypoxie-Trainings in einem wissenschaftlich anerkannten Protokoll fest.

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