Ganz dunkel habe sie sich erinnern können, dass der Vater mal erzählt habe von seinem Fund. Der war ihm in die Hände gefallen, als er Ende der 80er Jahre einen Teich zur Bewässerung seines Gartengrundstücks am Hammer Weg anlegen wollte. „Ich habe mich dann bei Nachbarn umgehört. Einer wusste noch, dass er meinen Vater gefragt hatte, was er denn damit wolle. ‘Aufbewahren für schlechte Zeiten’, habe der geantwortet, notfalls lasse sich daraus vielleicht noch eine Suppe kochen.“
Die Soester Stadtarchäologin Julia Ricken ist froh, dass es nichts wurde mit der historischen Knochenbrühe. Dass Simone Grundmann auf den Rat einer Freundin hörte und die Gebeine zu ihr brachte statt auf jene, die der Tochter rieten, sie in die Tonne zu werfen. Und dass sich nicht ihr erster Verdacht bestätigte, wonach vielleicht ein Wanderzirkus vor 100 Jahren einen Elefanten zurückgelassen haben könnte. Stattdessen attestierten ein Archäozoologe und ein Paläontologe die – mindestens aus Soester Sicht – kleine Sensation, dass einst gleich drei prähistorische Urviecher auf Soester Boden wandelten. Und noch ein viertes Tier spielte eine Rolle: An dem Gelenkknochen des – übrigens subadulten, also fast erwachsenen – Mammuts finden sich Bissspuren, die auf eine Höhlenhyäne hindeuten. Wilde Zeiten waren das also in Soest, das seinerzeit einer Tundra geglichen haben muss.
Dass gleich vier Knochen unterschiedlicher Tiere an einer mutmaßlich kleinen Fundstelle zutage kamen, dass sei nicht so ungewöhnlich, erklärt Julia Ricken. Knochen kämen in so genannten Kiesen vor, durch glaziale Verschiebungen in der Eiszeit überlagerten sich die Schichten, sodass sie eben an gleicher Stelle landeten. Der Paläontologe habe gestaunt, dass die Knochen auf Soester Stadtgebiet gefunden wurden, „dass der Soestbach in der Nähe fließt, macht es plausibel“. Spannend wäre es zu wissen, was sich rund um die Fundstelle noch alles finden ließe. Ob es ihr nicht in den Fingern jucke? „Mir juckt es hier in Soest ständig in den Fingern“, sagt Julia Ricken, aber die Stadtarchäologie betreibe eben keine „Lustgrabungen“. Und: „Archäologie zerstört auch. Oft ist es sinnvoller, zu versiegeln. Wer weiß, welche Möglichkeiten uns in 50 Jahren zur Verfügung stehen werden.“
Franz-Josef Grundmann hätte seine Freude an dem Wirbel, den seine Ausgrabungen mehr als drei Jahrzehnte später in Soest verursachen, da ist seine Tochter sicher. Sie selbst hätte nie gedacht, dass der Inhalt der ollen Kiste auf dem Dachboden 15.000 Jahre alt sein könnte.