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Neue Windkraftanlagen für Müllingsen: Bürger fühlen sich außen vor

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Von: Kathrin Bastert

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Windkraft
200 Meter hoch sollen die beiden neuen Anlagen bei Müllingsen werden. Neben der Höhe sind Anwohner auch wegen des Schlagschattens besorgt. © Marcus Brandt/dpa/Symbolbild

Nicht zum ersten Mal kam Müllingsen am Dienstag in der Schützenhalle zusammen, um über Windräder zu sprechen.

Soest Diesmal allerdings war die Bürgerversammlung bereits Teil des Bebauungsplanverfahrens, das der Stadtentwicklungsausschuss der Stadt mit seinem Beschluss auf den Weg gebracht hat.Damit, und das stieß manchem Anwohner der gut besuchten Veranstaltung sauer auf, ist eine gewisse Vorentscheidung schon gefallen. Nämlich die, für den Ersatz der bisher vier je 100 Meter hohen Windkraftanlagen auf Müllingser Gebiet zwei neue zu planen, die jeweils 200 Meter Gesamthöhe haben sollen. Das ist 30 Meter niedriger als Investor Michael Flocke ursprünglich für den Standort beantragt hat. Aber eben immer noch 70 Meter höher, als die Müllingser zähneknirschend hätten akzeptieren können, wie Beate Röttger von der Bürgerinitiative erinnerte. Man fühle sich eben nicht mitgenommen, obwohl doch die Bürgerbeteiligung in dem Prozess eine so große Rolle hätte spielen sollen.

Stadtbaurat Matthias Abel hatte zunächst im Detail erläutert, welche Voraussetzungen der Bebauungsplan für das Plangebiet schaffen würde. Er bemühte sich sehr, darzustellen, in welcher Zwickmühle sich die Planer im Rathaus sehen. So sei davon auszugehen, und eine entsprechende Rechtsprechung aus 2021 stütze diese Auffassung, dass eine Höhenbegrenzung auf 130 Meter juristisch nicht haltbar sei. Auch rechne man damit, dass bisherige Einschränkungen für die Genehmigung von Windkraftanlagen – der 1000-Meter-Abstand genauso wie bisherige Standards des Vogelschutzes – alsbald aufweichen werden.

Windenergie in Müllingsen: Verbindliche Regelungen jetzt treffen

„Wenn wir jetzt keine verbindliche Regelung für diesen Standort finden, dann könnte die Entwicklung auch dahin gehen, dass wir gar keine Begrenzung bekommen.“ Nach Abwägen aller Faktoren habe die Verwaltung dem Stea vorgeschlagen, die Variante der 200-Meter-Anlagen weiterzuverfolgen. Erst am Mittwochabend verlängerte der Rat der Stadt Soest die Veränderungssperre für das Müllingser Plangebiet, mit dem die Poltik dem Bau der 230-Meter-Anlagen zunächst erfolgreich einen Riegel vorgeschoben hatte. So kann zunächst das B-Planverfahren abgeschlossen werden oder, sollten sich die Vorgaben entsprechend ändern, ein städtebaulicher Vertrag geschlossen werden.

Neben der Höhe ist der rotierende Schlagschatten eine große Sorge der nahen Anwohner. Investor Flocke selbst beantwortete in der Versammlung Fragen dazu, und erläuterte, wie ein Ausschalten des Schattens funktioniere: „Sie müssen sich die Häuser wie eine Wand vorstellen. Wenn der Schatten auf die Wand trifft, schaltet sich das Windrad ab und erst wieder ein, wenn es am Ende der Wand angekommen ist.“ Nur bei Genehmigung der 200-Meter-Anlagen würde Flocke den Schlagschatten komplett ausschalten, bei anderen Varianten müssten Nachbarn mit bis zu 30 Minuten täglich, maximal 30 Stunden im Jahr leben. Verärgert reagierte der Investor auf einen Wortbeitrag von Volker Tschischke, Vertreter des Bürgerinitiativen-Verbands „Vernunftkraft NRW“, der in Zweifel zog, dass Anlagen mit einer Gesamthöhe von 100 Metern unwirtschaftlich seien und der eine Mikroplastikbelastung von „bis zu 60 Kilo im Jahr je Anlage“ ins Feld führte. Flocke forderte ihn daraufhin auf, „sachlich und bei der Wahrheit zu bleiben“.

Beate Röttger erwischte die Verwaltung und auch Gutachter Till Fröhlich offenkundig auf dem falschen Fuß, als sie einen Einwand des ABU zum Vorkommen des Rotmilan im ans Planungsgebiet angrenzenden Vogelschutzgebiet zitierte. Ein entsprechendes Schreiben aus Mai ‘21 hatte in den B-Planentwurf keinen Eingang gefunden, dort heißt es nach Daten aus 2017, eine Brut des Vogels sei im Untersuchungsgebiet nicht festgestellt worden.

Bedenken und Einwände gegen den Bebauungsplanentwurf können noch bis 1. Juni eingebracht werden. Der Entwurf ist unter www.soest.de/wohnen-bauen/stadtplanung/bauleitplaene-in-aufstellung abrufbar und liegt bis 1. Juni im Foyer des Rathauses II, Windmühlenweg 21, zur Einsichtnahme aus.

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