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Windkraft auch für Wärme nutzen: „Zugang zum Wärmemarkt würde Gasproblem lösen“

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Von: Kathrin Bastert

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Photovoltaik-Anlagen auf einer Freifläche mit Windkrafträdern im Hintergrund.
Photovoltaik-Anlagen auf einer Freifläche mit Windkrafträdern im Hintergrund. © Daniel Bockwoldt/dpa

Wenn man die Windkraft auch für Wärme nutzen würde, wäre das Gasproblem gelöst, sagt ein Investor mehrerer Windräder. Wir erklären, wie er das meint.

Soest - Wenn die Gaskrise eines zeigt, dann dies: Ohne Erneuerbare Energien wird es nicht gehen. In Soest stehen Investoren mit ihren Plänen für weitere Windkraftanlagen in den Startlöchern, das Interesse an Photovoltaik-Systemen für das eigene Dach (oder auch nur für den Balkon) ist groß.

Windkraft auch für Wärme nutzen: „Zugang zum Wärmemarkt würde Gasproblem lösen“

In Soest ist noch viel Luft nach oben, das zeigt ein Blick in den Energieatlas NRW. Demnach lag der Anteil der Erneuerbaren am verbrauchten Strom im Jahr 2021 bei gerade mal 9,7 Prozent, das entspricht 34 der in Summe 354 Gigawattstunden, die die Soester von Januar bis Dezember verbraucht haben.

An der Windkraft, daran lässt die Stadt in ihrem Masterplan Klima 2030 keinen Zweifel, führt kein Weg vorbei. Allein der Windpark in Müllingsen, wo Investor Michael Flocke vier kleine Windenergieanlagen durch zwei große ersetzen will, soll bald – rechnerisch – genug Strom für bis zu 6 700 Haushalte liefern. Entlang der A44 und nahe Ampen, Epsingsen, Röllingsen, plant der Enser Windkraftunternehmer Andreas Düser vier Anlagen gleicher Größe.

Nun wird der Strom nicht nur in Privathaushalten gebraucht. Auch Gewerbe und Industrie nutzen die durch Windkraft erzeugte Energie. Ganz konkret am Beispiel Müllingsen: Als Flocke vor 20 Jahren den Windpark baute, erhielt er dank einer Stromkaufvereinbarung direkten Anschluss an das Netz der Soester Stadtwerke. Über den Einspeisepunkt wird das Industriegebiet Soest-Südost mit dem Strom versorgt, der vor der Haustür erzeugt wird.

Die Nachfrage steige, sagt Flocke, und komme vermehrt aus Industriebetrieben mit einem erhöhten Wärmebedarf. In Meerhof, wo er einen ungleich größeren Windpark betreibt, mache sich die glasverarbeitende Industrie den dort produzierten Strom längst zunutze. Flocke ist sicher: „Bekäme die Windkraft Zugang zum Wärmemarkt, dann wäre das Gasproblem gelöst. In einem Nahwärmenetz gäbe es eine langfristige Festpreisgarantie.“ Profitieren könnten Anlieger auch beim Strompreis, sagt Flocke und führt wieder das Beispiel Meerhof an. Dort gebe es keine Konflikte mit Bürgern: „Sie haben Beteiligungen am Windpark gezeichnet. Es gibt einen Regionalstromtarif, der deutlich günstiger ist. Die Leute sind zufrieden.“

Windkraft auch für Wärme nutzen: Werden Beteiligungsmodelle zum Zünglein an der Waage?

Möglich, dass Beteiligungsmodelle zum Zünglein an der Waage werden, wenn erst lokale Strom- und Gasanbieter ihre Preise anheben. Das glaubt auch Andreas Düser, der hofft, dass ein Umdenken einsetzt. „Das Verständnis für die Notwendigkeit Erneuerbarerer Energien ist groß“, sagt er, „aber noch immer herrscht eben der Anspruch: ,Nicht vor meiner Haustür’.“ Windräder haben seit jeher erbitterte Gegner, das ist in den Soester Ortsteilen nicht anders als überall im Land. Klar ist aber, dass staatlicherseits längst angekündigt ist, mehr solcher Anlagen möglich zu machen, und das wird den Widerstand noch schwerer machen.

Wenn erst, – und damit sei zu rechnen, sagt Investor Düser –, der Gesetzgeber die Windenergie zu einem „überragenden öffentlichen Interesse“ definiere, bedeute das eben: „Wir brauchen den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Punkt.“

Lange sei nicht wahrgenommen worden, dass Erneuerbare Energien etwas mit Sicherheit zu tun haben. Das aber habe sich mit der Entwicklung um die Ukraine und um russisches Gas manifestiert. „Die Abhängigkeit hat uns erpressbar gemacht. Wind und Sonne schickt der Himmel.“ Allerdings: Bisher wird der so produzierte Strom in der Regel eingespeist – Düsers Enser Windpark hängt an einer 380-KV-Trasse, die Richtung Hamm und dann ins Ruhrgebiet führt.

Ihn zu speichern wird die große Herausforderung sein. Das wissen auch die Stadtwerke: „Speicher stehen bisher bei kleineren privaten PV-Anlagen zur Verfügung. Bei WKA wird es mittel- und langfristig ohne Speicher nicht mehr gehen. Die Stadtwerke haben daher das Thema Speicherkapazitäten im Fokus“, sagt Sprecher Thomas Feine auf Nachfrage.

Auf den Ausbau der Stromproduktion durch Sonne sei man in Soest gut vorbereitet, versichert er. „Darüber hinaus wird das Netz nach Bedarf weiter ausgebaut werden.“

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