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Retter aus der Luft: Wenn der Notarzt mit dem Hubschrauber kommt

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Von: Daniel Schröder

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Rettungshubschrauber im Anflug
Rettungshubschrauber können aus unterschiedlichen Gründen zu Unfällen alarmiert werden.  © Schröder

Wenn nach Verkehrsunfällen ein Rettungshubschrauber am Unfallort landet, rechnet man oft mit dem Schlimmsten. Doch nicht immer wird solch ein Hubschrauber für den Patienten-Transport in eine Spezialklinik angefordert. Manchmal ist der Grund viel banaler. Am Freitag wurde im Zuge eines Verkehrsunfalls in Welver ein Rettungshubschrauber angefordert, um überhaupt einen Notarzt vor Ort zu haben.

Kreis Soest – Eine 18-Jährige hatte auf nasser Fahrbahn in einer Kurve die Kontrolle über ihren Kleinwagen verloren. Der Wagen prallte frontal gegen einen Baum. Die junge Fahrerin und ihr ebenfalls 18-jähriger Beifahrer wurden bei dem Unfall schwer verletzt. Im Normalfall würden bei solch einem Lagebild zwei Rettungswagen und ein Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) ausrücken.

Doch in diesem Fall kam statt des NEF ein Rettungshubschrauber, denn: Ein „lokaler“ Notarzt stand nicht zur Verfügung. Der Notarzt von „Christoph Dortmund“ übernahm die medizinische Verantwortung, die beiden 18-Jährigen kamen per Rettungswagen ins Krankenhaus, die Hubschrauber-Besatzung flog zurück nach Dortmund.

Dass ein Rettungshubschrauber als Notarztzubringer genutzt wird, sei im deutschen Rettungsdienst „nicht unüblich“, erklärte Kreis-Sprecher Wilhelm Müschenborn. Wie häufig dieses Vorgehen im Kreis Soest in den vergangenen Jahren angewandt wurde, konnte der Kreis auf die Schnelle nicht ermitteln.

In anderen Regionen Deutschlands sind vor allem ländliche Gebiete „Notarzt-unterversorgt“, sodass die Notfallmediziner regelmäßig per Hubschrauber kommen, damit Patienten in einer angemessenen Zeit versorgt werden können. Im Kreis Soest seien die sieben Notarzt-Standorte in Erwitte, Geseke, Lippstadt, Soest, Warstein, Werl und Wickede-Wimbern so stationiert, dass das gesamte Kreisgebiet rund um die Uhr „über eine ausreichende Gebietsabdeckung“ verfüge, so Wilhelm Müschenborn. In Randgebieten sind manchmal zudem Notärzte aus der Umgebung – beispielsweise aus Hamm, Beckum, Ahlen, Meschede, Arnsberg oder Neheim im Einsatz.

Was kostet eigentlich so ein Notarzt-Einsatz?

Laut Gebührensatzung des Kreises Soest liegt die Notarzteinsatz-Pauschale bei 610 Euro, die Pauschale für ein Notarzteinsatzfahrzeug beträgt 577 Euro. Der reine Notarzt-Einsatz im Kreis Soest kostet demnach 1187 Euro. Hinzu kommt in der Regel zudem die Pauschale für mindestens einen Rettungswagen (RTW) – diese beträgt 858 Euro, sodass ein Einsatz mit Notarzt und RTW bei 2045 Euro liegt. Rettungshubschrauber werden laut Angaben von AOK-Sprecher Jens Kuschel in der Regel nach Flugminuten vergütet und „sind höchst unterschiedlich“ – je nach Hubschraubermodell und Kosten für Hanger, Landeplatz und Co. Sie tendieren laut des Sprechers zwischen 50 und 150 Euro pro Flugminute. Ein Einsatz für die Notarzt-Zubringung liege demnach zwischen 1500 und 5000 Euro. Der Einsatz eines Rettungshubschraubers wird vom Betreiber – beispielsweise der DRF Luftrettung oder der ADAC Luftrettung – direkt mit der Krankenversicherung des Verunfallten abgerechnet.

Im konkreten Fall am Freitagabend standen diese „lokalen Lösungen“ jedoch nicht kurzfristig zur Verfügung, sodass die Unterstützung aus Dortmund kommen musste. „Anzumerken ist, dass die bodengebundenen Rettungsmittel den flächendeckenden Bedarf vollständig auffangen müssen und es sich bei der Luftrettung um ergänzende Rettungsmittel handelt. Das ist schon deshalb wichtig, da zum Beispiel bei Nacht, bei schlechtem Wetter oder nicht vorhandener Landestelle in der Regel nicht geflogen werden kann“, erklärte AOK-Sprecher Jens Kuschel.

Jens Kuschel unterstrich: „Ein Notarztmangel ist bisher kein Grund für die Zubringung per Helikopter gewesen. Es ist in Einzelfällen durchaus üblich, dass zur zeitnahen Zubringung des Notarztes ein Helikopter eingesetzt wird.“ Das bestätigte Heiko Haffmanns, Sprecher des NRW-Gesundheitsministeriums gegenüber unserer Redaktion: „Dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen liegen derzeit keine Erkenntnisse vor, die ein Defizit in der notärztlichen Versorgung vermuten lassen.“

Eine gleichzeitige Alarmierung von Hubschrauber und bodengebundenem Notarzt sei „im Ausnahmefall in Abhängigkeit von einsatztaktischen und medizinischen Begleitumständen (z.B. Meldung mehrerer Notfallpatienten) gerechtfertigt.“ Der AOK-Sprecher: „Bei kritischen Unfällen ist Zeit lebensnotwendig. Sofern der Helikopter schneller ist, kann auch dieser Vorteil im Sinne des Unfallopfers nötig werden.“

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