„Meine Großeltern haben hier gebaut“, kommt für ihn daher auch nicht in Frage, es den Rotkehlchen und anderen kleinen Vögeln gleichzutun und das Weite zu suchen. Wenngleich der Ärger und Frust über das Gekrächze und die unappetitlichen Hinterlassenschaften der Krähen inzwischen Resignation und einer Portion Fatalismus gewichen sind.
Insbesondere die jüngste Entscheidung, die Vergrämungsaktion nach dem Fund eines Eis an einem anderen Standort abzubrechen, lässt den Soester daran zweifeln, dass die Gesundheit der Anwohner Vorrang eingeräumt wird. „Früher wurden nach dem Fund eines Eis andere Nester noch weggeräumt“, erinnert sich Meier, der vor drei Jahrzehnten schon den Kampf für ein Leben ohne Gekrächze und Kot aufgenommen hat.
„Ich habe Briefe an die Stadt und den Kreis geschrieben, habe die zuständigen Stellen in Düsseldorf, Berlin und Brüssel kontaktiert“, skizziert er, was er in einem dicken Leitz-Ordner gesammelt hat. Anfangs war es noch erträglich, als sich Anfang der 90er-Jahre die ersten Krähen im Clarenbachpark angesiedelt hatten. „Da hatten wir vielleicht 15 bis 20 Nester“, schildert Meier. Im Laufe der Jahre aber wurden es immer mehr.
„Wir können uns seither in der Brutzeit bis in den Sommer hinein kaum auf unserem Balkon aufhalten“, erzählt der Soester. Immer wieder landete der Kot der Krähen auf Hemd und Bluse, auf Tischen und Stühlen, sogar im Kaffee oder im Bier. „Wenn ich meinen Wagen länger als eine Viertelstunde abstelle, fahre ich ihn sofort in die Garage“, wird auch der Lack der Autos arg in Mitleidenschaft gezogen.
Zudem ist in der Brutzeit an Schlaf ab dem Morgengrauen nicht zu denken. „Wir haben die Schlafzimmer nach vorn“, berichtet Karl-Josef Meier von dem Lärm, den die Krähen verursachen, sobald die ersten Sonnenstrahlen die Dunkelheit der Nacht vertreiben. Er hat all diese Probleme über Jahrzehnte zum Thema gemacht, hat Eingaben gemacht, Petitionen veranlasst, Resolutionen der Lokalpolitik wohlwollend verfolgt.
Doch alles endete wie das Hornberger Schießen, auch die bisherigen Versuche, der schwarzen Vögel Herr zu werden, schlugen fehl. Nach der Vergrämungsaktion 2013 hat Meier aufgegeben. „Die Nester wurde entfernt, zwei Wochen später hatten die Krähen neue Nester gebaut“, hat er beobachtet.
Und sieht jetzt, dass die Zahl der Krähen immer größer wird. „Zuletzt wurden über 360 Nester gezählt. Nimmt man zwei Krähen pro Nest und den Nachwuchs dazu, sind es im Frühsommer an die 2000 Krähen, die hier leben“, rechnet Meier vor. „Da sind Hitchcocks Vögel nichts dagegen.“
Dabei hat sich das Verhalten der Tiere in jüngster Zeit seinen Beobachtungen zufolge verändert. „Sie sind jetzt ganzjährig hier. Früher war es zwischen August und November relativ ruhig. Doch inzwischen nutzen die Krähen den Clarenbachpark das ganze Jahr über als Schlafplatz“, schildert der Soester die weiter zunehmende Plage.
Da ist für ihn ein schwacher Trost, wenn Vorschläge gemacht werden, wie sie jüngst vom Nabu unterbreitet worden waren. Der Rentner hat er nur ein gequältes Lächeln übrig, wenn er hört, dass Anwohner einen langen Atem bräuchten, weil es 30 Jahre dauern könnte, ehe Alternativflächen für eine Brutkolonie geschaffen wären. Kein Wunder, wenn man schon auf die 80 zugeht.