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Vögel im Garten auch im Winter füttern? Situation hat sich geändert

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Von: Klaus Fischer

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Kälte und Schnee machen auch vor den Vögeln im Garten nicht halt. Sollte man die Tiere auch im Winter füttern? Es gibt neue Erkenntnisse.

Soest - Der viele Schnee Anfang der Woche hat so manchen Gartenfreund überrascht. Kalt erwischt dadurch wurden aber auch die Vögel in unseren grünen Paradiesen. Denn der Schnee überdeckt in kurzer Zeit deren natürliche Futterquellen in dieser Jahreszeit. Das sind besonders die Samenstände abgeblühter Gewächse und natürlich die vielen „Lebensmittel“, die die gefiederten Freunde auf dem Boden finden.

TiereVögel
KlasseWirbeltiere
Anzahl der Arten10.758

Vögel im Garten: Digitales Futterhäuschen als landesweites Projekt

Ich kann das deswegen so genau sagen, weil in meinem Garten seit diesem Jahr ein digitales Futterhäuschen hängt. In seinem Innern beherbergt es nicht nur einen Speicher für Vogelfutter, sondern auch einen vollwertigen Computer, an den eine Kamera, eine Waage, mehrere Sensoren für Umweltdaten sowie eine Verbindung mit dem Internet angeschlossen sind.

Dieses Häuschen ist Teil eines landesweiten Projekts der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Drei Masterstudenten am Geoinformatik-Institut haben die Häuschen entwickelt in Kooperation mit dem Nabu und anderen Institutionen.

Die Sitzstange vor der Futterlade besteht aus einer Waage, die das Gewicht des Vogels misst und gleichzeitig die Kamera einschaltet, die den Vogel aufnimmt. Mit Hilfe eines speziellen Programms im Internet wird dann die Vogelart ermittelt, nebenbei werden auch noch die Lufttemperatur und die Luftfeuchtigkeit gemessen und der Vogelgesang aufgenommen. Auf einer Seite im Internet kann man dann nachschauen, was an jedem einzelnen Häuschen los ist und welche Vogelarten sich dort einstellen.

Kälte im Winter: Weniger Vögel im Garten als im Sommer

Naturgemäß hat sich die Zahl der Vogelbesuche in dieser Jahreszeit deutlich verringert gegenüber dem Sommer, da die meisten Vögel längst Richtung Süden ins Winterquartier geflogen und nur noch standorttreue Vögel hier geblieben sind zum Überwintern. In den Tagen vor dem Schneefall gab es am Tag im Schnitt 50 Vogelbesuche. Als am Montag dann der Schnee fiel, schnellte die Zahl auf 250 hoch – klar, weil die natürlichen Futterquellen in kurzer Zeit zum großen Teil vom Schnee verdeckt waren, der immerhin fast zehn Zentimeter hoch lag.

Ich habe dieses Phänomen zum Anlass und meine „alten“ Futterhäuschen wieder in Betrieb genommen, die ich den gesamten Sommer hindurch wegen des neuen digitalen Häuschens nicht befüllt habe. Sie wurden sofort gut angenommen. Allerdings sank dadurch wiederum die Zahl der Besuche am digitalen Häuschen auf etwa 20 pro Tag.

Vogelfütterung im Winter enorm wichtig - Saatkrähen für „Plünderung“ der Felder verantwortlich

Mir zeigt das aber auch, wie wichtig die Vogelfütterung ist. Nicht nur in „aufgeräumten“ Gärten, von denen es leider immer mehr gibt, sondern auch in unserer agrarisch stark genutzten Börde ist die Zahl der natürlichen Futterquellen immer weiter zurück gegangen. Vor allem auf den Feldern, wo derzeit das Wintergetreide aufgelaufen ist, ist für Vögel kaum noch etwas zu holen – sieht man mal vom „Problemfall Saatkrähen“ ab, die von Bauern für die „Plünderung“ von Feldern verantwortlich gemacht werden.

Inzwischen bin ich auch dazu über gegangen, ganzjährig den Vögeln Futter anzubieten. Früher wurde das nicht empfohlen, heute unterstützen das aber auch Naturschutzverbände wie der Nabu mit der Begründung, dass das natürliche Futterangebot immer weiter zurück gegangen ist.

Ich werde in den nächsten Tagen auch noch Drahtkörbe mit Meisenknödeln aufhängen. Man sollte übrigens nur solche Meisenknödel kaufen, die kein Plastiknetz drumherum haben, weil das zu Verletzungen der Tiere führen kann und auch nicht besonders umweltfreundlich ist. Passende Drahtkörbe zum Aufhängen kann man kaufen oder mit etwas Geschick selber aus Draht basteln – wie man auch Meisenknödel selber aus Körnern und ausgelassenem Talg formen kann.

Landesweit gibt es seit Mai rund 50 dieser digitalen Vogelstationen. Sie haben interessante Messergebnisse geliefert. Die Station mit der höchsten Fütterungsquote steht in einer Neubausiedlung im Ruhrgebiet. Mehr als 700 Besuche hat sie in Spitzenzeiten im Sommer pro Tag gezählt, also fast einen Besuch pro Minute.

Sie steht in einem weitgehend naturbelassenen Garten, der von einer Hecke umgeben ist, mehrere Bäume besitzt sowie Rabatten mit Blumen und Büschen. Ringsherum gibt es jedoch fast nur die heute so beliebten „pflegeleichten“ Gärten mit einer Schotterwüste vor dem Haus, Zäunen aus Steinen (Gabionen) oder Plastik, Rollrasen mit Mähroboter und mit allenfalls ein, zwei kleinen Blumenbeeten.

Wenige Futterstellen in Gärten: Zahl der Vögel rückläufig

Spielgeräte für die Kinder gehören selbstverständlich auch dazu, aber keine Futterstellen für Vögel. Die gibt es verständlicherweise in diesen Gärten nicht. Alle Vögel in diesen Gebieten stürzen sich deshalb auf das eine Häuschen.

Man muss sich nicht wundern, dass die Zahl der Vögel hier seit Jahren rückläufig ist. Wer etwas für die gefiederten Freunde tun möchte, der sollte seinen Garten möglichst insekten- und vogelfreundlich naturnah gestalten. Dazu gehören Bäume, Büsche, Hecken, Totholz, auch Ecken mit Wildwuchs. Und man sollte im Herbst das Verwelkte nicht komplett abräumen, sondern bis zum Frühjahr stehen lassen.

Dass das angesichts der heute üblichen kleinen Grundstücke und der knappen Zeitressourcen eine Herausforderung ist, ist mir klar. Aber man sollte es zumindest versuchen, so viel wie möglich davon umzusetzen. Die Vogelwelt dankt es.

Auch manche Pflanzen werden vom Frost im wahrsten Sinne des Wortes kalt erwischt. Aber manchmal ist der Frost bezüglich Pflanzen auch des Gärtners Freund. Grünkohl und Schlehen sind zwei leckere Beispiele.

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