E-Bike-Fahrer trifft es immer öfter: Polizei beobachtet Trend mit großer Sorge

Im Kreis Soest beobachtet die Polizei eine ganz bestimmte Unfall-Entwicklung mit großer Sorge.
Kreis Soest – Angesichts der Unfallzahlen aus 2022 blickt die Polizei in einer Hinsicht besonders besorgt in die Zukunft: Zwar lag die Zahl der Unfälle im Vergleich zu 2019, dem letzten wirklich vergleichbaren „Vor-Corona-Jahr“, auf gleichem Niveau. Doch stieg die Fallzahl der Unfälle mit E-Bikes bzw. Pedelecs seit 2019 um 180 Prozent!
E-Bike-Unfälle 2022 im Kreis Soest
„Das ist besorgniserregend“, sagt Polizeirat Andreas Kuhn, Leiter der Verkehrsdirektion, angesichts von 151 E-Bike-Unfällen, die es 2022 zu verzeichnen gab. Polizeidirektor Thomas Link nennt die Entwicklung „extrem dramatisch“. Zum Vergleich: 2019, als – im Gegensatz zu den Corona-Jahren – vergleichbar viel auf den Straßen im Kreis Soest los war, gab es nur 54 Unfälle mit E-Bikes. Verwickelt in diese Unfälle waren 2022 übrigens überwiegend Erwachsene (zwischen 25 und 64 Jahre), gefolgt von Senioren (65 Jahre und älter).
Zwei E-Bike-Unfälle endeten tödlich – einer in Lippetal, bei dem ein 60-Jähriger auf seinem E-Bike mit einem Lkw kollidierte, ein anderer im Warsteiner Wald bei Niederbergheim, bei dem ein 58-jähriger Mann stürzte, weil das Vorderrad seines E-Bikes sich mit einer ausgehärteten Reifen-Furche im Waldboden verkantet hatte.
Unfälle: E-Bike-Fahrer sind besonders gefährdet
Thomas Link macht die Gefährdung von E-Bike-Fahrern deutlich: „Sie haben keine Knautschzone, tragen keine Schutzkleidung wie Motorradfahrer.“ Andreas Kuhn ergänzt: „Die Fahrdynamik und die Fahrphysik sind anders, Geschwindigkeiten werden falsch eingeschätzt – sowohl von den Fahrern, als auch von Autofahrern.“
Durch Schwerpunkt-Einsätze will die Polizei diese Gefahren auch 2023 in den Fokus rücken – „um die Radfahrer zu schützen“, unterstreicht Kuhn. Viele der E-Bike-Fahrer, die von den Beamten auf ihr Fehlverhalten hingewiesen wurden, hätten sich laut Kuhn häufig mit wenig Einsicht gezeigt. Zusammen mit der Verkehrswacht soll es auch in diesem Jahr E-Bike-Trainings geben.
Unfälle im Kreis Soest: Die Gesamtzahlen
Insgesamt krachte es auf den Straßen im Kreis im vergangenen Jahr 9445 Mal. 2021 hatte es – wegen des Corona-eingeschränkten Lebens – nur knapp über 8000 Unfälle gegeben, 2019 waren es 9485. Ins Verhältnis gesetzt gab es in Lippstadt die meisten Unfälle, die zweitmeisten in Soest, gefolgt von Werl und Warstein. Das Risiko, Unfallopfer zu werden, ist laut dieser Zahlen in Wickede am geringsten.
Unfälle im Kreis Soest: Die Folgen
Drei Menschen kamen bei den Unfällen ums Leben – neben den beiden E-Bike-Fahrern kam auch für einen 36-jährigen Motorradfahrer bei einem Sturz in Warstein jede Hilfe zu spät. Trotz dieses Tiefstandes unterstreicht Thomas Link, dass die Polizei nicht von „erfreulichen Zahlen“ sprechen könne, denn: „Jeder Todesfall ist tragisch für die Familienangehörigen. Mit der Abnahme dieser Zahl können wir nur dann glänzen, wenn sie auf Null zurückgeht.“ Doch manches Unglück lasse sich selbst durch die besten Maßnahmen nicht verhindern.
Bei 240 Unfällen wurden darüber hinaus Menschen schwer, und bei 792 leicht verletzt. Bei den Unfällen mit Verletzten gab es eine Steigerung um etwa neun Prozent, „die wir beobachten werden“, sagt Andreas Kuhn.

Insgesamt gab es übrigens vier weitere Vorfälle mit tödlichem Ausgang auf den Straßen im Kreis Soest, aber: In der Statistik finden sich am Ende nur die, deren Umstände tatsächlich auf einen Unfall zurückzuführen sind. Ergeben die Ermittlungen, dass es sich beispielsweise um einen internistischen Notfall oder einen Suizid handelte, landet ein Ereignis nicht in der Übersicht. Denn: In diesen Fällen hat die Polizei keine Handhabe, um mit Maßnahmen gegenzusteuern.
Unfälle im Kreis Soest: Die Ursachen
Die Unfälle des vergangenen Jahres hatten laut Polizei vielfältige Ursachen. Hauptsächlich trafen die Beamten auf Vorfahrts-, Abbiege- und Abstandsfehler. Auch zu hohe Geschwindigkeiten und Alkohol spielten oftmals eine Rolle.
Verunglückte Kinder - auf Schulwegen passiert nur selten etwas
Von 114 (2019) auf 119 (2022) leicht gestiegen ist die Anzahl verunglückter Kinder – als Fußgänger, Radfahrer oder Mitfahrer im Auto. Kuhn kann jedoch eine erfreuliche Erkenntnis präsentieren: „Schulweg-Unfälle spielen im Kreis Soest keine große Rolle.“ Demnach gab es im vergangenen Jahr sechs von ihnen. Auch in diesem Bereich will die Polizei mit Präventivmaßnahmen für Sicherheit sorgen: Die „Toter-Winkel-Aktion“ wird 2023 beispielsweise auch in Werl stattfinden. Ebenfalls geplant: Schulweg-Überwachungen, Fahrrad-Prüfungen, Verkehrserziehung.
Senioren - 46 Mal verunglückten sie als Autofahrer
177 Senioren verunglückten auf den Straßen – 46 als Autofahrer, 40 auf dem E-Bike, 37 auf dem herkömmlichen Fahrrad. Selbst im Vergleich zu 2021 treibt diese Gesamtzahl eine sinkende Tendenz voran.
Unfälle im Kreis Soest: Ein Wunsch der Polizei
Andreas Kuhn betont, dass er sich von Fahrern eine „faire Verkehrsteilnahme“ wünscht. „An Punkten, wo erwartbar ist, dass Fahrer in Konkurrenz stehen, sollte man besonders umsichtig und defensiv fahren und mit Fehlern anderer rechnen.“ Es helfe, sagt Kuhn, sich als Fahrer regelmäßig selbst zu sagen: „Ich muss davon ausgehen, dass ich übersehen werde.“