Umsätze im zweistelligen Millionenbereich auf dem Soester Weihnachtsmarkt

Soest – Glühwein und Flammkuchen schmecken, die elektrischen Sterne über den Buden funkeln, es gibt hübschen Glasschmuck und viele andere Mitbringsel für das Geschenk unterm Christbaum, die Stimmung beim Bummel in der Gruppe ist prächtig. Der Soester Weihnachtsmarkt kommt gut an.
Doch was da auf den ersten und zweiten Blick einfach nur heimelig wirkt, hat einen harten Kern. Für viele ist es ein handfestes Geschäft, von dem die Anbieter leben. Mittlerweile werden auf dem Soester Weihnachtsmarkt Umsätze im zweistelligen Millionenbereich erzielt.
Die Frage nach genauen Beträgen schmunzelt Daniel Klatecki ebenso weg wie seine Kollegen, die wir nach ihren Geschäften und Erlösen befragt haben. Nur so viel: „Es ist machbar!“ Anders herum: Wenn sich der Verkauf seiner Mützen, Schals und Handschuhe nicht lohnen würde, stünde er nicht hier. Und das seit 25 Jahren.
Mehr noch: Schon sein Vater und sein Großvater waren Markthändler. Wie sehr sich das Geschäft in den vier Soester Wochen lohnt, belegt auch Klateckis Hütte: groß, geräumig, selber gezimmert. Angefangen hatte er in Soest mit einer kleinen, gemieteten Butze.
Zu Hause im polnischen Masuren betreibt Iwona Wiorenk mit ihrer Familie gleich drei Geschäfte: einen Juwelierladen, ein Restaurant und eine Zimmervermietung. Im Dezember aber konzentriert sich sie auf ihren Stand mit dem Bernsteinschmuck in Soest. Eine Tante aus Ampen hatte sie vor 15 Jahren hierher gelockt. Natürlich gehe die Rechnung nach Abzug für die Fahrt- und Hotelkosten in Soest auf, aber Wiorenk versichert: „Ich würde in diesen vier Wochen in Polen etwas mehr verdienen.“ Sie gehört also zu den Anbietern, für die Hobby und Stimmung in Soest mindestens so zählen wie Ertrag.
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Wenn Michael Lütge-Hedtmann, seine Frau und seine beiden Mitarbeiter noch Hotelkosten tragen müssten, ginge die Rechnung nicht auf. „Wir haben zwei Wohnwagen auf dem Plange-Platz“, sagt der Schausteller, der das nostalgische Pony-Fahrgeschäft auf dem Markt betreibt. Seine Frau managt den Crepes-Stand gegenüber, die Nachfrage nach Tickets für eine oder mehrere Runden auf dem Pferde-Rondell während unserer Umfrage am Nachmittag ist bestens. Beim Besuch im warmen Kassenhäuschen kriegt Lütge-Hedtmann alles unter einen Hut: Fragen beantworten, ein paar freundliche Worte an die Besucher richten, Geld wechseln, Chips reichen.
„Soest ist unser Wintergeschäft“, schildert der Schausteller aus Bergheim, der den Rest des Jahres von Kirmes zu Kirmes zieht. „Von dem, was in die Kasse kommt, können wir leben“, sagt Lütge-Hedtmann. Doch schon bei mittleren Investitionen müsse er sehr vorsichtig sein. Kredite aufzunehmen und sich über Gebühr zu verschulden, wäre hochriskant. Der Bergheimer erinnert an Terrorwarnungen und Anschläge; von heute auf morgen und ohne Entschädigungen seien ganze Feste und Weihnachtsmärkte abgesagt worden.
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Stichwort Gastronomie. Hier fließt deutlich mehr Geld als bei den Spezialisten, die Handgearbeitetes oder Ausgefallenes bieten. Die Wirtschaftsförderung nimmt deshalb unterschiedliche Standmieten.
Daniel Ahlers, der einst mit seiner Börde-Backstube und seiner B-Lounge für Essen, Trinken und Kurzweil in Soest sorgte und heute auf den niederländischen Antillen lebt, kehrt Jahr für Jahr nicht zuletzt wegen des Weihnachtsmarkts nach Soest und zu seinen geschäftlichen Wurzeln zurück. Er hat die große Restaurations-Hütte auf dem Vreithof aufgebaut und gleich nebenan noch die zwei Bahnen fürs Eisstockschießen.
In Kombination funktioniert beides prächtig, sagt Ahlers, die Eisbahn ohne Eis habe er vor fünf Jahren eigens für das Soester Event bauen lassen; Wie erklecklich genau Eis und Heiß sind, möchte aber auch er nicht in der Zeitung lesen: „Über Geld und Frauen spricht man nicht.“ Und weil die Soester und ihre Gäste aus nah und fern Gewohnheitstiere sind, die jedes Jahr aufs Neue zum Weihnachtsmarkt strömen, geht ein Teil der guten Einnahmen sicherlich auf das Konto der Stammkunden.
Auch die allermeisten Anbieter sind Wiederholungstäter. „Es läuft auch deshalb so gut, weil uns die Leute kennen“, schildert Harald Reif, der „Gewürz-Harry“, seit 14 Jahren mit von der Partie. Er hat früher bei einem Leuchtenhersteller im Sauerland gearbeitet, dann aber Blut geleckt mit dem Geschäft auf Rädern. „So ein Geschäft muss man leben und lieben“, sagt er – und reicht seiner Kundschaft neben den Gewürzen aus fernen Ländern noch ein paar Tipps für die richtige Zubereitung der Gerichte über die Theke. Aus eigener Erfahrung als Hobby-Koch und gern auch detailliert.
Bei der Frage nach seinen Zahlen aber muss ein einziger Satz reichen: „Ich kann nicht über negative Umsätze klagen.“