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Tuberkulose: Ukrainische Flüchtlinge werden mobil geröntgt

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Von: Kathrin Bastert

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Tuberkulose - Thorax-Röntgenaufnahme
Wer aus der Ukraine nach Deutschland kommt, muss sich einer Thorax-Röntgenuntersuchung unterziehen. In der Ukraine ist die Tuberkulose-Inzidenz um ein Vielfaches höher als in Deutschland. (Symbolbild) © Silas Stein/dpa

Weil die Tuberkulose-Inzidenz in der Ukraine deutlich höher ist als in Deutschland, müssen Menschen, die aus der Ukraine nach Deutschland kommen, einen Nachweis erbringen, dass sie keine Anzeichen der gefährlichen Lungenkrankheit haben.

Soest – Tuberkulose ist im Kreis Soest seit vielen Jahren nur eine Randerscheinung. In den vergangenen 20 Jahren sind jährlich im Mittel rund 20 Fälle aufgetreten, Ausreißer sind die Jahre 2001 und 2002 mit 31 und 49 Fällen im Kreisgebiet. Zuletzt entsprachen die Meldungen im Jahr 2019 dem Durchschnittswert, seitdem sind die Zahlen stark rückläufig – vermutlich auch aufgrund der Corona-Pandemie, sagt Birgit Kalle, Sprecherin des Kreises Soest. Fälle sind möglicherweise untererfasst. Seit Jahresbeginn sind bislang vier Fälle bekannt geworden.

In der Ukraine ist Tuberkulose deutlich weiter verbreitet, die Inzidenz, also Erkrankungen je 100 000 Einwohner, liegt deutlich höher als in Deutschland, nämlich bei 73 gegenüber 4,7 Erkrankungen im Jahr. Weil das so ist, müssen unkrainische Flüchtlinge zur Untersuchung. In der Soester ZUE, die für viele Ukrainer die erste Anlaufstelle ist, ehe sie in Kommunen in NRW weitervermittelt werden, gibt es nun seit Wochenbeginn eine mobile Röntgeneinheit. Wöchentlich mehr als 750 Personen können an den Geräten der „Meine Radiologie und blikk Holding“ (MRBH) durchleuchtet werden. Primäres Ziel des Thorax-Röntgens: Die frühzeitige Entdeckung potenziell infektiöser Lungentuberkulosen (Tbc). „Die Untersuchungen dienen sowohl dem Schutz der Flüchtlinge selbst sowie enger Kontaktpersonen und erlauben eine frühzeitige Therapie der Erkrankten“, heißt es in einer Mitteilung des Radiologieverbunds. Bisher hat die Bezirksregierung Arnsberg die ZUE-Bewohner durch die Erstaufnahmeeinrichtung in Unna-Massen geschleust, erläutert Sprecher Christoph Söbbeler. Dort übernimmt die MRBH bereits seit vielen Jahren entsprechende Untersuchungen. Innerhalb kürzester Zeit habe man eine maßgeschneiderte Lösung für Soest anbieten können, sagt Marc Sülzbrück, Business Development Manager der MRBH- Gruppe.

Der Bezirksregierung sei daran gelegen, so wenig Transporte wie möglich organisieren zu müssen, ergänzt Christoph Söbbeler. Gegenwärtig versuche man zu koordinieren, dass auch die Flüchtlinge, die nicht in der ZUE untergebracht sind, dort die Untersuchungsmöglichkeiten nutzen können. Innerhalb weniger Wochen hat MRBH die Logistik auf die Beine gestellt. Sie stellt die gesamte Hardware und das Personal, inklusive Dolmetschern. Die mobile Röntgeneinheit ist in einem 25 Tonnen schweren Trailer untergebracht. Darin befinden sich Rezeption, Wartebereich, Umkleidekabinen, der abgeschirmte Untersuchungsbereich und ein Arztzimmer. In den nächsten Wochen soll die Infrastruktur um Modulgebäude weiterentwickelt werden, in denen weitere Röntgengeräte untergebracht sind.

Ukrainer über 15 brauchen laut Infektionsschutzgesetz ein ärztliches Zeugnis darüber, dass keine Anhaltspunkte einer ansteckenden Tbc vorliegen. Nur zwei Prozent der Tuberkulose-Erkrankungen treten bei Jüngeren auf. In der Ukraine sind etwa 80 Prozent der Neugeborenen gegen Tuberkulose geimpft. Wer infiziert ist, muss sich einer lungenfachärztlichen Untersuchung unterziehen, beschreibt Kreissprecherin Kalle. „Die Therapiedauer beträgt bei Erwachsenen im Regelfall sechs Monate.“ Bisher seien bei den vorgeschriebenen Untersuchungen keine Tbc-Fälle aufgefallen, sagt Christoph Söbbeler.

Krisenstab tagt wöchentlich

Dynamische Lage. Derzeit kommen deutlich weniger Flüchtlinge aus der Ukraine in Soest an als zu Beginn des Krieges. Um dennoch auf alle Unwägbarkeiten vorbereitet zu sein, tagt der Krisenstab des Kreises wöchentlich.

Registrierte Ukraine-Flüchtlinge im Kreis Soest (ohne Lippstadt): 2140, weitere 343 sind angemeldet, aber noch zu registrieren. Dabei handelt es sich ausschließlich um Ukrainer, die sich freiwillig gemeldet haben, weil sie einen Aufenthaltsstatus und Unterstützung benötigen. Nicht erfasst sind all jene, die hier privat untergekommen sind.

Dolmetscher. Der Kreis kann auf insgesamt 57 Dolmetscher zurückgreifen, davon 16, die eigens Ukrainisch sprechen. Diese seien bei den Beratungsgesprächen auch zwingend erforderlich gewesen, so die Kreisverwaltung.

Pflegebedürftige. Für Flüchtlinge mit besonderem pflegerischen Bedarf gibt es im Kreis derzeit 10 Pflegeplätze und ebenso viele in der Tagespflege.

Haustiere. Insgesamt 88 Hunde und Katzen wurden registriert, die meisten davon waren bereits geimpft, die anderen sind es nun. Sie dürfen nicht in der ZUE unterkommen, werden von Pflegern betreut. gök

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